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Pforzheims OB Peter Boch steht wegen Nebentätigkeit in der Kritik

Oberbürgermeister Peter Boch berät im Nebenjob mit seiner Consulting-Firma Führungspersonen.
dpa/Uli Deck)Pforzheim. Nicht wenige Bürgermeister bieten ihre berufliche Erfahrung in Form von Beratungen an. Manche werden Coaches, andere schreiben Bücher oder halten Vorträge. Die meisten allerdings erst nach ihrer aktiven Zeit. Pforzheims Oberbürgermeister hat nun zu Beginn seiner zweiten Amtsperiode in der 135.000 Einwohner-Stadt ein zweites Standbein aufgebaut. Er gründete das Beratungsunternehmen „Peter Boch Consulting“ und bietet als zertifizierter Coach Führungskurse an. Auf der Homepage von Peter Boch Consulting wirbt er unter anderem für seine „Masterclasses“: „Menschen überzeugen“, „Führen mit Wirkung“ und „Souverän vor der Kamera“: Kostenpunkt 129 Euro. Und er kündigt ein Buch an: „Führung. Macht. Einsam“.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat Bochs Nebentätigkeit genehmigt, berichten Medien einhellig. Als das neue Betätigungsfeld vergangene Woche publik wurde, sorgte das in der Öffentlichkeit und Teilen des Gemeinderats für Kritik: „Wir finden es fragwürdig, dass ein Oberbürgermeister einer Großstadt nebenher eine Firma gründet in einem Bereich, der zum Teil Aufgabe der Stadtverwaltung selbst ist“, teilten die Stadträte der Fraktionsgemeinschaft „Grüne, Linke und Wir in Pforzheim“ mit.
Offensichtlich sei Boch nicht ausreichend ausgelastet. Das verwundere, denn es gebe viele wichtige Aufgaben, für die die Bürger der Stadt einen handlungsfähigen Oberbürgermeister gewählt haben, so die Räte.
Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen
Nebentätigkeiten von Bürgermeistern sind üblich und meist unproblematisch – solange sie klar vom Hauptamt getrennt bleiben und keine Interessenkonflikte erzeugen, erklärt Jürgen Louis , Leiter der Regionalgruppe von Transparency International und Bürgermeister in Rheinhausen (Kreis Emmendingen). Kritisch wird es, wenn Nebenjobs inhaltlich nahe am Amt liegen. „Je näher die von einem Beamten ausgeübte entgeltliche Nebentätigkeit inhaltlich an seinem Hauptamt ist, desto größer ist die zu befürchtende Interessenkollision“, betont Louis, promovierter Jurist und wie Boch Christdemokrat. Beispielsweise sollte ein Polizeibeamter nicht nebenberuflich im Sicherheitsgewerbe tätig sein.
Genau hier touchieren die Standards der Compliance-Wächter das Vo rgehen Bochs: Denn seine Consulting-Homepage verweist ausdrücklich auf sein Amt als „amtierender Oberbürgermeister“ – und verbinde damit private Angebote mit dem Wahlamt.
Transparency International definiert Korruption als Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil. Im Falle von Peter Boch sei die hier betonte Verknüpfung zwischen den privatwirtschaftlichen Consulting-Angeboten und dem Wahlamt kritisch zu sehen, erklärt Louis.
Hier sollte bereits jeder böse Schein einer möglichen Interessenkollision zwischen der Amtsausübung als Oberbürgermeister und der nebenberuflichen Übernahme von Coachings vermieden werden; nach Ende des Amts ist dies unproblematisch, so Louis weiter.
Für Nebentätigkeiten gibt es klare Regeln
Grundsätzlich unterliegen Nebentätigkeiten von Bürgermeistern und Oberbürgermeistern klaren gesetzlichen Vorgaben. Diese müssen angezeigt werden, und in den meisten Fällen ist vorab eine Genehmigung erforderlich. Zuständig dafür ist die jeweilige Rechtsaufsichtsbehörde.
Eine Erlaubnis darf nicht erteilt werden, wenn dienstliche Interessen berührt sein könnten, etwa durch mögliche Interessenkonflikte, Beeinträchtigung der Unparteilichkeit, negative Auswirkungen auf das Ansehen des Amtes oder eine zu hohe zeitliche Belastung. Als Orientierungswert gilt hierfür laut Städtetag, dass die zusätzliche Arbeit nicht mehr als ein Fünftel der regulären Wochenarbeitszeit beanspruchen darf.
Finanziell gelten ebenfalls Grenzen: Für bestimmte Tätigkeiten besteht eine Ablieferungspflicht an die Kommune. Grundsätzlich sollen Nebentätigkeiten nur in der Freizeit ausgeübt werden – schließlich müssen Oberbürgermeister jährlich eine Erklärung abgeben, die Art, Umfang und Vergütung des Nebenerwerbs offenlegt. Eine Veröffentlichungspflicht, wie im Nachbarland Rheinland-Pfalz, gibt es hierzulande jedoch nicht.
Erklärung über Art, Umfang und Vergütung
Eine typische Nebentätigkeit von Bürgermeistern kreisangehöriger Kommunen ist das Mandat in den Kreistagen. Im Fall größerer Städte kommen häufig Aufgaben in städtischen Gesellschaften wie Stadtwerken hinzu, bei denen der Bürgermeister die Interessen der Stadt vertritt.
Viele Bürgermeister sind zudem als Lehrbeauftragte an den Hochschulen für öffentliche Verwaltung tätig oder sitzen im Verwaltungsrat einer Sparkasse. „Diese Ämter sind zumeist unproblematisch, da sie keine unmittelbaren Interessenkollisionen mit dem Hauptamt begründen“, erklärt Louis.