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Wie Kommunen Steuern im Schlaf einnehmen

Wer in manchen Kommunen Baden-Württembergs in einem Hotelzimmer übernachtet, wird zusätzlich zur Kasse gebenten: Die Steuer schlägt zu.
IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON)Wo gibt es eine Bettensteuer in Baden-Württemberg?
Manche nennen sie Übernachtungs- oder Beherbergungssteuer, andernorts heißt es Bettensteuer oder City Tax. Doch egal wie die Steuer genannt wird, sie verspricht gutes Geld auf dem kommunalen Konto. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga nennt als Beispiele für Städte, die im Südwesten die Steuer erheben Albstadt, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim und Neckargemünd. Doch es gibt noch weitere Kommunen, etwa Ringsheim im Ortenaukreis oder Rheinhausen (Kreis Emmendingen). Außerdem planen verschiedene Kommunen die Einführung der Bettensteuer, laut Dehoga etwa Baden-Baden, Esslingen, Metzingen, Ravensburg, Tübingen oder Ulm. Stuttgart will aufgrund der Finanzmisere nun auch zu dem Mittel greifen, sagt OB Frank Nopper (CDU) im Staatsanzeiger-Interview . Meßstetten (Zollernalbkreis) will die Steuer ab 2027 einführen.
Wie funktioniert eine Bettensteuer?
Das ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Laut dem Bund der Steuerzahler gibt es Modelle, bei denen ein prozentualer Aufschlag auf die Hotelrechnung erhoben wird. In Weimar differenziere die Stadt nach der Größe des Übernachtungsbetriebs. Andere Städte nehmen einen festen Betrag, Ludwigsburg zum Beispiel plant ab Juli 2026, zwei Euro pro erwachsenen Übernachtungsgast zu nehmen. Die Steuer verursache laut Städtetag obendrein geringen Verwaltungsaufwand. Schuldner der Steuer ist der Beherbergungsgast. Die Hoteliers oder Pensionswirte haben die Aufgabe, die Beherbergungssteuer vom Gast einzuziehen und an die jeweilige Stadt weiterzureichen. Das sei eine Aufgabe, die von den Hoteliers geleistet werden könne, urteilte das Bundesverfassungsgericht 2022.
Was ist der Hauptgrund für die Erhebung?
Die Stadt Ludwigsburg sagt ganz klar: Es geht um die Verbesserung der Finanzen. „Angesichts der deutlich gestiegenen Ausgaben und dauerhaft hohen Pflichtaufgaben benötigt die Stadt verlässlichere und breiter aufgestellte Finanzierungsquellen, um handlungsfähig zu bleiben“, heißt es aus der ehemaligen Residenzstadt.
Um welche Beträge geht eigentlich?
Je nachdem, ob eine Kommune ein beliebtes Übernachtungsziel darstellt, können das attraktive Beiträge sein. Konstanz erhebt 5,6 Prozent auf jedes Übernachtungsentgelt mit Mehrwertsteuer und spricht von 4,2 Millionen für 2024 und fünf Millionen 2025 an Einnahmen. Freiburg ist mit einem Fünf-Prozent-Aufschlag auf die Netto-Zeche etwas günstiger, bekommt aber um die sechs Millionen Euro pro Jahr. Mannheim erhebt seit März 2023 die Steuer, die von derzeit 3,5 auf 5 Prozent bis 2027 steigen soll. Die Quadratestadt hat im ersten Jahr 2,9 Millionen erzielt, im laufenden Jahr werden es wohl 3,5 Millionen Euro. Karlsruhe erhebt seit Juli 3,50 Euro je Gast. Das wird sich ab 2026 auf 4 und ab 2028 auf 4,50 Euro erhöhen. Für 2026 rechnet die Kämmerei mit Einnahmen von 6,2 Millionen Euro.
Wie sieht es mit der Rechtmäßigkeit aus?
Gegen kommunale Bettensteuern wurde bis zur letzten Instanz geklagt, darunter gegen die Freiburger Variante. 2022 hat das Bundesverfassungsgericht festgelegt, dass der Obolus auch für Übernachtungen im geschäftlichen und nicht nur im touristischen Bereich erhoben werden kann. Demnach dürfen Kommunen den Gegenstand der Besteuerung auf die Touristen beschränken, müssen das aber nicht. Den Gleichheitsgrundsatz verletze das nicht. Diese Selbstbeschränkung hat zum Beispiel die Gemeinde Ringsheim im Ortenaukreis gemacht. Sie verlangt vier Prozent von touristischen Übernachtungsgästen und lässt Geschäftsreisende steuerfrei schlafen. Auch sonst hatte das Karlsruher Gericht keine Beanstandungen. So sei die Steuer von der durch den Bund erhobenen Umsatzsteuer abgegrenzt und dürfe daher erhoben werden.
Hat die Bettensteuer noch andere Folgen außer dem Geldsegen für die Kämmerei?
Der Gastro-Interessenverband Dehoga erwartet durch die Einführung der Beherbergungssteuer negative Auswirkungen auf die Übernachtungszahlen, wo der Geschäftsreise- und Tagungsanteil am Übernachtungsvolumen groß und Reisende und Veranstalter stattdessen Orte wählen, wo Übernachten kommunalsteuerfrei ist. Das Bundesverfassungsgericht sieht hingegen keine Lenkungswirkung der Steuer. Andernfalls hätte es die Steuer verworfen. Ludwigsburg rechnet auch nicht damit, dass die Steuer die Gäste vertreibt, entscheidend seien moderate Steuersätze.
Worin unterscheiden sich Bettensteuer und Kurtaxe?
Während die Bettensteuer nicht zweckgebunden verwendet werden muss und in den allgemeinen Haushalt fließt, ist die Kurtaxe eine eigene Kategorie der staatlichen Geldbeschaffung, erklärt der Städtetag Baden-Württemberg. Die Kurtaxe können nur Kommunen erheben, die einen besonderen Bezug zum Tourismus haben, etwa Kur- oder Erholungsorte. Die Einnahmen fließen wie für eine Gebühr üblich einem bestimmten Zweck zu, in diesem Fall für den Erhalt der touristischen Infrastruktur – von der Kurkapelle bis hin zum Fremdenverkehrsbüro.
Bayerns Steuerverbot
Das Nachbarland Bayern hat seinen Kommunen die Übernachtungssteuer mit einer Änderung des kommunalen Abgabengesetzes verboten. Dagegen hatten München und zwei weitere Kommunen beim Landesverfassungsgerichtshof geklagt – vergeblich. Der Ausschluss der Bettensteuer verletze nicht die kommunale Finanzhoheit als Ausprägung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, entschieden die Münchener Richter Mitte November.