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Zeppelin Museum

Die „Vanitas“ zieht um – vom Bodensee nach Bayern

Nur etwa 40 von 4000 Exponaten der größten Kunstsammlung am Bodensee können aktuell im Zeppelin Museum gezeigt werden, weil Ausstellungsfläche fehlt. Trotz vieler Schätze im Depot steht das bereits vor fünf Jahren beschlossene Kunstmuseum auf dem Abstellgleis.

Im Auge des Betrachters: Die „Vanitas“ von Otto Dix, eines der wichtigsten Werke der Kunstsammlung im Zeppelin Museum.

Katy Cuko)

Friedrichshafen. Dieser Akt ist berühmt. Vorn die junge Frau mit makelloser Haut und einem aufreizenden Lächeln. Im Hintergrund schemenhaft eine alte Frau, deren Kopf eher einem Totenschädel ähnelt. Das Gemälde „Vanitas – Jugend und Alter“ von Otto Dix, entstanden 1932, ist ein zentrales Werk seines Schaffens, in dem er immer wieder das Thema Vergänglichkeit aufgriff.

Das Bild ist eines der wenigen Dix-Werke, das das Zeppelin Museum in seiner Kunstausstellung zeigen kann. Mehr als 400 Arbeiten allein dieses Künstlers lagern im Depot, finden nur sporadisch ans Licht der Öffentlichkeit. Denn die Ausstellungsfläche des Museums reicht nicht, um all die Schätze in seiner Kunstsammlung zu zeigen. Dazu gehören auch große Bestände der Künstler Andreas Feininger, Max Ackermann und Willi Baumeister. Insgesamt 4000 Exponate umfasst die Sammlung. Nur 40 sind dauerhaft ausgestellt – ein Prozent!

Ein Viertel der repräsentativen Dix-Sammlung gehört deiner Stiftung

Wenn Museumschefin Claudia Emmert darüber spricht, klingt nicht nur Wehmut, sondern auch Sorge mit. Ein Viertel der repräsentativen Dix-Sammlung in Friedrichshafen, auch die „Vanitas“, gehört der Kulturstiftung der ZF Passau. Neben 4 Ölgemälden sind das 64 Lithografien, 15 Radierungen, 7 Zeichnungen und 1 Holzschnitt. Alles Arbeiten, die der Künstler zwischen 1912 und 1969 schuf. Die hat die Stiftung in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre gekauft und „seit vielen Jahren an das Zeppelin Museum Friedrichshafen ausgeliehen“, sagt deren Vorsitzender Gernot Hein.

Fast alle diese Werke treten demnächst die Reise nach Bayern an. Sie werden vom 25. Juli bis zum 12. Oktober im Museum Moderner Kunst Wörlen in Passau in einer Dix-Ausstellung zu sehen sein – auch die „Vanitas“, die dann im Zeppelin Museum eine Lücke reißt.

Für Claudia Emmert könnte das sogar ein Vorbote dafür sein, dass die Dix-Werke insgesamt aus dem Zeppelin Museum abgezogen werden könnten. „Über den Mangel an Ausstellungsfläche gerät das Museum in Gefahr, wichtige Exponate zu verlieren. Und Leihgaben sind immer ein Risiko“, erklärt die Museumschefin. Denn die Erwartung des Eigentümers ist natürlich hoch, dass die Werke auch ausgestellt und nicht in einem Depot verwahrt werden. Was Dix auf Leinwand und Papier gebracht hat, kann seit fast 30 Jahren aber nur temporär gezeigt werden, so wie 2016 bei der großen Werkschau im Zeppelin Museum oder im Jahr darauf in der Kunstgalerie Tate in Liverpool.

Als der Gemeinderat der Stadt Friedrichshafen im Dezember 2018 einstimmig den Bau eines Kunsthauses beschloss, war Claudia Emmert überglücklich und die Hoffnung groß, der Sammlung endlich eine größere Sichtbarkeit und dem Zeppelin Museum ein museales Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen. „Wir haben tolle Werkkomplexe. Das von Andreas Feininger wird sehr oft ausgeliehen und ist überall zu sehen. Nur nicht bei uns“, sagt Emmert. 2019 begannen die Planungen für den Museumsanbau, unterstützt von professionellen Beratern aus Wien. Doch dann ging nichts weiter. Das einzig Greifbare ist eine erste Machbarkeitsstudie zu den baulichen Möglichkeiten in der Nachbarschaft.

Neues Kunstmuseum als Investition in die Kulturstadt

Für Museumschefin Emmert ist trotzdem Licht am Horizont. Sie spürt neuen Schwung in der Sache. Auch wenn es finanziell für die Zeppelinstadt ebenfalls enger wird, soll nun Pflicht vor Kür gelten: Aus Emmerts Sicht wäre das neue Kunstmuseum eine richtige Investition in die Kulturstadt Friedrichshafen.

Technik, Innovation, Kunst: Am Konzept, wie man das Zeppelin Museum inklusive seiner Kunstsammlung neu aufstellen kann, wird seit Jahren gearbeitet. „Da mussten wir nicht bei null anfangen“, sagt sie. „Es ist eines meiner Ziele, das zusammenzutragen, was wir da bisher erarbeitet haben.“

Denn mit dem Bau eines Kunsthauses neben dem Museum wäre nicht nur Platz, um endlich die größte Kunstsammlung am Bodensee zu zeigen. Im Zeppelin Museum selbst würde dann Ausstellungsfläche frei, um dem Technikmuseum mehr Raum und einen neuen Fokus zu geben. Viel Zeit bleibt allerdings nicht. Die Direktorin wechselt zum 1. Dezember dieses Jahres nach Bonn, wo sie die neue Intendantin im dortigen Kunstmuseum wird.

Emmert ist seit 10 Jahren Direktorin

Die promovierte Kunsthistorikerin Claudia Emmert ist seit 2014 Direktorin und Geschäftsführerin des Zeppelin Museums in Friedrichshafen, das jährlich mehr als 230 000 Besucher zählt. Seit 2022 engagiert sie sich in der Arbeitsgruppe „Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Museen“ des Deutschen Museumsbunds. Im November 2022 wurde sie in den Vorstand von ICOM Deutschland gewählt, der bundesweit rund 7000 Museen repräsentiert. Bis 2025 vertritt Claudia Emmert den Verband im Fachausschuss Bildung des Deutschen Kulturrats.

Bis Ende 2027 gehört Claudia Emmert zudem der Kommission an, die über Ankäufe für die Bundeskunstsammlung entscheidet.

Claudia Emmert, Direktorin des Zeppelin Museums, verlässt Friedrichshafen Ende des Jahres, um Intendantin des Kunstmuseums Bonn zu werden. Foto: Cuko

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