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Architektur

Kunstgebäude Stuttgart: Die Karten für die Sanierung werden neu gemischt

Das Kunstgebäude in Stuttgart hat eine bewegte Geschichte – architektonisch wie in seiner Funktion. Lange war es vor allem der Kunst vorbehalten. 2013 zog interimsmäßig der Landtag ein. Dann wurde es saniert, im März 2024 als Kunst- und Veranstaltungsort wiedereröffnet. Nun haben Land und Architekten eine Lücke im Fahrplan der Veranstaltungen genutzt, um die Sanierungsmaßnahmen vorzustellen.

Der Haupteingang des Kunstgebäudes wurde nach rechts verlegt.

JOACHIM GROTHUS/)

Stuttgart. Modernisiert, barrierefrei und mit vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten – das waren die Ziele der Sanierung des Kunstgebäudes in Stuttgart. „Es können problemlos Veranstaltungen durchgeführt werden. Das Gebäude soll wieder im Mittelpunkt des Kulturlebens stehen“, sagt Simon Schreiber, Amtsleiter von Vermögen und Bau Stuttgart, die als Bauherrin fungiert. „Damals wie heute ist es ein Gebäude für alle.“

Der Bau mit dem prominenten Kuppelsaal und goldenem Hirsch auf dem Kuppeldach im Herzen der Stadt fungierte über Jahrhunderte als zentraler Ort der Kunst. Mehr als 40 Jahre war hier die Galerie der Stadt verortet, die 2005 ins Kunstmuseum umzog. Als zweiter großer Player ist dort der Württembergische Kunstverein (WKV) zu Hause, der sich angesichts der zahlreichen Veränderungen, die die vergangenen Jahre mit sich brachten, in den anschließenden, später entstandenen Vierecksaal (siehe Kasten) zurückzog.

Permanente Nutzer sind der WKV und der Stuttgarter Künstlerbund

Die vielen Veranstaltungen des WKV, darunter Performatives, Diskussionen, Vorträge und Partys, sind der Anziehungspunkt für das kunstaffine Publikum. Ein weiterer Nutzer ist der Künstlerbund, der in seinem Café mit regelmäßigen Ausstellungen und Sitzmöglichkeiten auf dem Schlossplatz auch weniger kunstinteressiertes Publikum anlockte.

Nach der Sanierung sind die Karten neu gemischt. Die Gastronomie wurde in andere Hände vergeben. Das Haus soll als zentraler Veranstaltungsort für mehr als nur Kunst fungieren. Letztere liegt ab diesem Jahr konzeptionell und organisatorisch in den Händen der Staatsgalerie.

„Mir waren die Defizite im Haus bekannt“, sagt Projektleiterin Christiane Mussotter. Gerade was auch die Nutzer betreffe, war das „eine verworrene Situation“. Mittelpunkt des Gebäudes sind der Marmor- und der Kuppelsaal, weitere Räumlichkeiten sind drumherum angeordnet, zum Teil auf unterschiedlichen Ebenen. „Es gab viel Ausstellungsfläche und wenig Nebennutzfläche wie Toiletten und Garderobe“, so Mussotter.

Hinzu kam der Anspruch, dass dort in Zukunft mehr Veranstaltungen stattfinden sollten. „Dafür fehlten Entfluchtungsmöglichkeiten und der Brandschutz. Die Akustik und die Beleuchtung waren schlecht.“ Gleichzeitig waren „ruhige Flächen, keine vordergründige Technik“ gefragt. Und auch die Gastronomie, die sich bis dato im ersten Stock befand, sollte eine Rundumerneuerung bekommen. Ein „Facelift“ sollte her, das die Einrichtungen, die im Kunstgebäude beheimatet sind, nach außen hin sichtbar macht, der Außenbereich sollte aufgehübscht werden, zählt die Projektleiterin auf. „Das waren auch sich widersprechende Anforderungen“, so Mussotter. Und Wolfgang Mairinger, Seniorpartner im verantwortlichen Architekturbüro blocher partners, ergänzt: „Für uns war klar: Wir respektieren das Gebäude, machen es aber neu.“ Und das in enger Absprache mit dem Denkmalschutz.

Tatsächlich sind viele Veränderungen auf den ersten Blick kaum ersichtlich: Die Akustik etwa wurde mit Lamellen und Tiefenabsorber verbessert, Licht und Leitsystem dezent installiert und der Marmorsaal unterkellert – indem der unter Denkmalschutz stehende Marmorboden herausgehoben und später wieder eingesetzt wurde. Auffällige Neuerungen sind die Verlegung des Haupteingangs an den rechten Rand, über den ein bronzefarbener Rahmen schwebt. Ebenso gibt es nun einen Aufzug, der barrierefreien Zugang ermöglicht. Auch das Foyer wurde neugestaltet, ebenso Toiletten und Garderobe. Die Gastronomie befindet sich nun im Erdgeschoss, die Decke über dem Gastraum wurde zum Teil entfernt, im darüberliegenden offenen Raum ist der Künstlerbund untergebracht.

In einigen Jahren zieht die Staatsgalerie interimsmäßig ein

Nun könnten, so Mairinger, vier Nutzungen gleichzeitig stattfinden. Ob das in der Praxis funktioniert, wird sich zeigen. Ab April gibt es jedenfalls wieder eine Große Landesausstellung der Staatsgalerie, bevor diese mit einem Teil ihrer Sammlung ins Kunstgebäude Einzug hält. Denn in drei Jahren soll dann die Sanierung des Stirling-Baus beginnen.

Bewegte Geschichte

Früher war am Standort des Kunstgebäudes das Neue Lusthaus der Württembergischen Herzöge. Nach zahlreichen Umbauten brannte dieses 1902 ab. Das Kunstgebäude nach Entwürfen von Theodor Fischer wurde 1913 eröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude bis auf den Kuppelbau zerstört und 1956 bis 1961 nach Plänen von Paul Bonatz und Günter Wilhelm wieder aufgebaut und um einen Neubau, den Vierecksaal, ergänzt.

Projektleiterin Mussotter und Architekt Mairinger zeigen die Pläne. Foto: Schlosser
Der Kuppelsaal im Kunstgebäude Stuttgart soll auch als Veranstaltungsort dienen. Foto: Schlosser

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