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Schulmuseum Friedrichshafen

Museumsleiterin will viel mehr als nur entstauben

Das Schulmuseum in Friedrichshafen ist das älteste seiner Art in Baden-Württemberg. 1980 aus einer privaten Initiative heraus entstanden, richtet sich das städtische Museum gerade neu aus. Leiterin Friederike Lutz will weg vom „miefigen Label“ hin zu einem Ort der Demokratiebildung.

Auf zu neuen Ufern: Friederike Lutz leitet seit 2016 das Schulmuseum in Friedrichshafen.

Katy Cuko)

Friedrichshafen . Holzbank, Schiefertafel, Rohrstock: Friederike Lutz weiß um den Eindruck, den Schulzimmer von anno dunnemals gerade bei den Schülern von heute hinterlassen. Wenn die Leiterin des Schulmuseums in Friedrichshafen Klassen oder Gruppen durchs Haus begleitet oder erzählt, wie Schule früher war, ist sie ganz in ihrem Element. Sie führt fort, was seit 45 Jahren Besucher fasziniert.

Mit seiner privaten Sammlung eröffnete der pensionierte Rektor Norbert Steinhauser 1980 im Schulhaus im Ortsteil Schnetzenhausen ein kleines Museum. Im Jahr darauf kamen Bestände von Erich Müller-Gaebele, Professor an der Pädagogischen Hochschule Weingarten, dazu. 1989 stellte die Stadt Friedrichshafen den Gründungsvätern die ehemalige „Villa Riß“ zur Verfügung. Beide Männer fungierten bis 2010 als Direktoren des Schulmuseums, dessen Sammlung auch durch viele Leihgaben auf über 100 000 Stücke anwuchs. Die Dauerausstellung erzählt bis heute Schulgeschichte vom Mittelalter bis in die 1970-Jahre, lässt die Besucher eintauchen in Klassenzimmer von der Kloster- und Dorfschule über das Kaiserreich bis zur NS-Zeit. Das Museum zählt zu den größten und bestbesuchten Schulmuseen in Süddeutschland.

Als Friederike Lutz 2016 die Leitung übernahm, kannte sie das Museum schon lange aus vorherigen Jobs. Erst als Journalistin einer Regionalzeitung, ab 2004 als Pressesprecherin im Rathaus Friedrichshafen und nach der Geburt ihrer Tochter als Referentin des Kulturbürgermeisters: Es gab viele Berührungspunkte mit dem Museum. „Mein Ansatz damals war, das Museum bekannter zu machen und inhaltlich weiter zu entstauben. Ein g’mähtes Wiesle war das sicher nicht“, so die 61-Jährige. Ihre Vorgängerin Sonja Nanko hatte ein paar Jahre vorher begonnen, das eher versteckte „Schatzhäusle“ mit seiner Sammlung wissenschaftlich aufzuarbeiten und zu professionalisieren.

Außer montags sind Besucher täglich willkommen

Heute gehören 17 Mitarbeiter sowie zwölf Museumsführer zum Team Schulmuseum, das schon lange nicht mehr nur am Wochenende geöffnet hat. Außer montags sind Besucher sogar täglich willkommen. Auch inhaltlich wird das Haus Schritt für Schritt erneuert, was keine Selbstverständlichkeit ist. Bundesweit gibt es nur etwa 60 Schulmuseen, die meisten von ihnen ehrenamtlich geführt.

„Wir möchten weg vom etwas miefigen Label Schulmuseum“, erzählt die Leiterin. Schule ist Teil der Kindheit. „Da können wir jeden Besucher auf der emotionalen Ebene abholen. Erst dann kommen wir mit Wissen.“ Doch das ist nicht ihr Anspruch. „Wir verstehen uns als Ort der Demokratiebildung und wollen uns da noch stärker profilieren“, sagt Lutz.

Ausprobiert wird das gerade bei der Neugestaltung der Ausstellung Schule und Kindheit im Nationalsozialismus, die im November eröffnet wird. Hier bietet das Museum schon lange Profilführungen an, die „aus guten Gründen“ zunehmend stärker nachgefragt werden, so Lutz. So thematisiert sie in einer ihrer Direktorinnenführungen „Schule unterm Hakenkreuz“ und zeigt, wie sehr die Propaganda der Nationalsozialisten ab 1933 auch Schule und Freizeit durchdrang. „Wir wollen erklären, wie Indoktrination funktioniert hat und noch immer funktioniert, wie Kinder aus ihrem Familienverband herausgelöst wurden“, sagt Lutz. Material dafür ist zuhauf da, etwa stapelweise Schulbücher von der Fibel bis zu Matheaufgaben in der Abiturprüfung, die durch und durch politisiert waren. Oder ideologisiertes Spielzeug. Sprechende Exponate, die deutlich machen, wie totalitär und umfassend die Ideologie war.

Mehr noch: Welche Konsequenzen der Widerstand gegen die NS-Diktatur hatte, zeigt das Schulmuseum in Kooperation mit der Gedenkstätte Andreasstraße in Erfurt, die erst ein Gestapo-Gefängnis, später eines der Stasi war. „Es ist beglückend, so etwas konzipieren zu können und ein Team hinter mir zu wissen, das da mitzieht.“

Weniger glücklich ist Friederike Lutz darüber, dass die dringend nötige Sanierung der Villa wegen knapper Finanzen im Stadthaushalt nun noch einmal bis 2030 verschoben werden musste. Seit mindestens neun Jahren steht der Plan, zwei Mal stand der Projektstart quasi kurz bevor.

Die Rathausspitze steht hinter dem Schulmuseum

Aber sie will das Beste daraus machen. „Die neue Rathausspitze hat Sinn fürs Schulmuseum, das war nicht immer so“, sagt sie lächelnd. Ein Masterplan, den sie mit ihrem Team entwickelt, soll diese Übergangsphase mitdenken. Damit noch mehr Besucher den Weg zu diesem musealen Kleinod finden.

Auch wenn Lutz im Berufsleben die sanierte Villa vielleicht nicht erleben wird: „Für mich ist das ein tolles Finale. Ich habe noch nie so gern gearbeitet wie hier“, sagt Friederike Lutz.

Schulmuseen im Land

Neben dem Badischen Schulmuseum in Karlsruhe widmet sich auch das Schulmuseum Nordwürttemberg in Kornwestheim der Schulgeschichte. Beide haben nur an den Wochenenden geöffnet. In Schwäbisch Gmünd präsentiert das Schulmuseum lokale Schulgeschichte. In Weiler (Obersulm) verbindet das Schul- und Spielzeugmuseum die Geschichte des Schulwesens mit der Welt des historischen Spielzeugs. Und das Schulmuseum Zell-Weierbach bei Offenburg bietet einen Blick in den Unterricht der badischen Schulen des 19. und früheren 20. Jahrhunderts. Das VS-Schulmuseum in Tauberbischofsheim ist hingegen auf die Entwicklung von Schulmöbeln spezialisiert.

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