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Nachgehakt: Urteil zu S-21-Mehrkosten

Bahn muss sieben Milliarden bezahlen

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klagen der Bahn AG gegen das Land, die Landeshauptstadt, die Region Stuttgart sowie den Flughafen auf Beteiligung an den Mehrkosten zum Bahnprojekt Stuttgart 21 abgewiesen. Demnach muss die Bahn rund sieben Milliarden Euro selbst bezahlen.

Die Baustelle des Tiefbahnhofs ist nur ein Teil von Stuttgart 21. Ganz muss nach einem Gerichtsurteil die Bahn die Mehrkosten des Projekts übernehmen.

dpa/Christoph Schmidt)
Worum geht es im Verfahren?

Die Bahn und die Projektpartner Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart, die Region und die Flughafengesellschaft hatten sich 2009 vertraglich über die Kosten von Stuttgart 21 verständigt. Dabei legten sie fest, zu welchen Anteilen sich die Beteiligten an den damals angenommen Kosten einbringen. Allerdings reichte die fixierte Summe von 4,5 Milliarden Euro nicht aus, heute spricht die Bahn von einem 11,5-Milliarden-Betrag für den Bahnknotenpunkt. Die Mehrkosten wollte das Staatsunternehmen nicht alleine tragen und verklagte die Partner.

Welchen Anspruch machte die Bahn geltend?

Ihren Anspruch leitete die Bahn aus einer Sprechklausel in dem öffentlich-rechtlichen Finanzierungsvertrag ab. Demnach müssten Land und Bahn bei einer Kostenüberschreitung ins Gespräch gehen. Die Bahn sah den Zweck der Klausel darin, dass es um die weitere Kostenverteilung ging. Das Land sei zur Verhandlung darüber verpflichtet.

Das sah das Gericht aber anders …

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Kern konnte keinen Anhaltspunkt finden, dass die Sprechklausel für einen Anspruch zur Kostenverteilung taugte, auch nicht im übertragenen Sinn. Der Kostentragungsvertrag sollte nach dem Willen der Parteien eine Vereinbarung über Subventionen sein, die über die dort fixierten Summen nicht hinausging. Im Vertrag selbst fänden sich Stellen, die ausdrücklich zu Verhandlungen verpflichten, nicht aber bei höheren Kosten. Hier gebe es nur die Sprechklausel. Damals, so die Vertragsauslegung des Gerichts, wollten die Parteien sich ausschließlich über die 4,5 Millionen Euro verständigen, nicht über mehr. Dieser Wille verhindere die nachträgliche Vertragsanpassung, welche die Sprechklausel als eine planwidrige Regelungslücke voraussetzt. Anders gesagt: Die Sprechklausel war der Plan.

Im Verfahren ging es auch um die Verjährung der Ansprüche.

Darüber gab es keine Entscheidung, das hat die Kammer gar nicht mehr geprüft, denn wenn schon die Ansprüche nicht begründet sind, braucht es keine Entscheidung, ob sie überhaupt noch geltend gemacht werden können. Die Klage wurde übrigens bereits 2016 eingereicht , die Akte schwoll in dieser Zeit auf 8000 Seiten an, wie ein Gerichtssprecher nach dem Termin erklärte.

Ist damit die Diskussion abgeschlossen, wer die Mehrkosten von Stuttgart 21 tragen wird?

Das hängt davon ab, ob der Prozess weitergeht. Das erstinstanzliche Gericht will keine Berufung zulassen. Die 13. Kammer habe sich in ihren Auslegungen streng an die Regelungen der Obergerichte gehalten, so Kern. Auch eine grundsätzliche Bedeutung über den Einzelfall hinaus – trotz der hohen Summe und der langen Prozessdauer – misst das Gericht dem Fall nicht bei, „Die Bahn wird sicher keinen zweiten derartigen Vertrag abschließen“, sagte der Richter süffisant.

Wie reagiert die Bahn?

Ein Sprecher sagte nach der Verkündung, dass die Bahn das schriftliche Urteil abwarten werde. Sie gehe weiter von der gemeinschaftlichen Finanzierungsverantwortung aus – genau das hatte die Kammer aber ausgeschlossen. Auch wegen der hohen Summe dürfte die Bahn daher eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim einlegen. Der dürfte das komplizierte Verfahren kaum links liegen lassen.

Was zeichnet Stuttgart 21 nochmal aus?

Der Bahnknoten Stuttgart 21 soll nach 15 Jahren Bauzeit im Dezember 2025 in Betrieb gehen. Mittlerweile rechnet die Bahn mit Kosten von mehr als elf Milliarden Euro für das komplizierte Infrastrukturprojekt, das neben dem Tiefbahnhof 56 Kilometer lange unterirdische Zufahrten vorsieht. Die Inbetriebnahme ist unterdessen unsicher. Die digitale Technik, ohne die der Bahnhof seine Kapazität nicht entfalten kann, wird nicht rechtzeitig fertig.

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