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Smartphones an Schulen: Beschränkungen wollen alle, Streit gibt es um die Grenzen

Sollen Kinder und Jugendliche ihr Handy vor dem Unterricht abgeben müssen? Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen bei Lehrern, Schülern und Eltern. FOTO: DPA/MAX SLOVENCIK
MAX SLOVENCIK)Stuttgart. „Der Ruf nach einem Handyverbot ist in aller Munde“, heißt es auf dem Deutschen Schulportal der Robert Bosch Stiftung. Kein Wunder angesichts der Zahlen, die dort aus aktuellen Studien präsentiert werden. 16- bis 18-Jährige verbringen demnach pro Tag mehr als fünf Stunden am Handy. Und jeder vierte 10- bis 17-Jährige nutze Social-Media-Dienste „riskant viel“. Laut dem Freiburger Psychiatrieprofessor Joachim Bauer beeinträchtigt schon ein Smartphone in Reichweite die Konzentration auf den Unterricht.
Solche Zahlen und Fakten erhöhen den Druck, etwas dagegen zu tun. Bei der Bildungsministerkonferenz am vergangenen Freitag konnten sich die Bundesländer, wie erwartet, nicht auf ein gemeinsames Vorgehen und einheitliche Regeln einigen. Hessen wird sein Schulgesetz zum neuen Schuljahr ändern. Baden-Württemberg macht sich auch auf den Weg.
Altersunterschiede und Situation an der Schule sind zu berücksichtigen
Worum geht es Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) dabei? Nicht um ein Handyverbot. „Geplant ist eine schulgesetzliche Regelung, die die Schulen verpflichtet, sich altersangemessene, restriktive Regeln der Handynutzung zu geben“, teilte das Ministerium mit.
So könne man die unterschiedlichen Situationen vor Ort berücksichtigen. Und an Berufsschulen würden ja auch Erwachsene unterrichtet. Ohnehin gebe es für Verbote Grenzen: Die Handy-Mitnahme an Schulen zu untersagen sei nicht möglich.
„Handys aus den Schulen zu verbannen, macht keinen Sinn und ist realitätsfern“, sagt Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Regelungen zum Umgang, wie sie fast alle Schulen bereits haben, sind notwendig.“
Und eine Tabuisierung von Smartphones in der Schule wäre auch deshalb falsch, weil Kinder und Jugendliche ohnehin durch den privaten Smartphonegebrauch mit Cybermobbing, Hate Speech, Fake News und Deepfakes konfrontiert würden. Mehr Medienbildung sei hier nötig.
An den Realschulen seien bereits realitätsnahe Regelungen eingeführt worden, heißt es beim Realschullehrerverband (RLV). „Eher werden Lehrkräfte von Eltern aufgefordert, das Handy noch etwas länger einzubehalten, falls es eingezogen wurde!“, sagt die RLV-Landesvorsitzende Karin Broszat. „Einzelne Kinder schützt die Regelung sogar vor einer beginnenden digitalen Sucht, die immer häufiger vorkommt.“ Der Verband begrüße den Vorstoß der Ministerin, wenn es durch einen „juristisch klaren Überbau“ Rückendeckung für bestehende, gut funktionierende Regeln vor Ort gebe.
Aus Sicht von Gerhard Braun, dem Landesvorsitzenden des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) wäre „ eine klare und einheitliche Regelung seitens der Kultusverwaltung sehr zu begrüßen“. Freilich stünden „auch die Eltern in der Pflicht, mit ihren Kindern eine altersgerechte Mediennutzung einzuüben“.
Wie sehen das die unmittelbar Betroffenen, also Schüler und Eltern? Landeselternbeirat (LEB) wie Landesschülerbeirat (LSBR) sind laut Gesetz eigens dafür da, das Kultusministerium zu beraten – und kritisieren unisono, nicht schon früher in die Überlegungen einbezogen worden zu sein.
Schülerbeirat: Nur „marginale Veränderungen“ per Erlass möglich
Problematisch sei beispielsweise der Zusammenhang zwischen Einsatz digitaler Unterrichtsmethoden und Gerätenutzung. „Es gibt jeden Tag im Land den Fall, dass eine Lehrkraft im Unterricht sagt: „Nutzt schnell euer Smartphone zur Recherche“, berichtet der LEB-Vorsitzende Sebastian Kölsch.
„Hätte das Kultusministerium die Gremien vorab einbezogen, wäre klar gewesen, dass ein Erlass zur Einführung von Handynutzungsregelungen nur marginale Veränderungen bewirken kann“, erklärte der LSBR-Vorsitzende Joshua Meisel. „Der Vorstoß von Kultusministerin Schopper scheint daher noch nicht zu Ende gedacht.“ Aus Sicht des Schülerbeirats gilt: „Pädagogische Handynutzung in der Schule ist dringend geboten.“
