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Blenke: „Die Gesamtverteidigung ist auch eine Frage der Haltung“

Innenminister Thomas Strobl (CDU) richtet als Schirmherr eine Videobotschaft an die Teilnehmer und Referenten des BOS-Fachtags.
Achim Zweygarth)Ludwigsburg. Vor dem Landratsamt in Ludwigsburg haben sich ein paar Demonstranten versammelt, auf ihren Bannern machen sie deutlich, dass sie gegen Krieg sind und sich für den Frieden einsetzen. Drinnen begrüßt Landrat Dietmar Allgaier (CDU) die Gäste des BOS-Tags des Staatsanzeigers, den man gemeinsam und unter der Schirmherrschaft des Innenministeriums ausrichtet. Es geht um die Zivil-Militärische Zusammenarbeit und wie man in Baden-Württemberg aufgestellt ist für den Ernstfall. Allgaier hat die Demonstranten auch gesehen. „Hier sitzt niemand, der für Krieg ist.“ Aber man müsse den Schutz der Bevölkerung ernst nehmen, sich entsprechend vorbereiten. Der BOS-Tag sei eine gute Gelegenheit, um über die Schnittstellen zu sprechen. Man müsse schauen, wo die Zusammenarbeit zwischen Militär und zivilen Behörden funktioniere und wo man nachbessern muss.
Blenke: Die Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit mehr

Moderiert wird die Veranstaltung vom Chefredakteur des Staatsanzeigers, Rafael Binkowski. Der Geschäftsführer, Alexander Teutsch, begrüßt die Gäste. Und er hat einen Vorschlag im Gepäck, den er angesichts der aktuellen Debatte um die Wehrpflicht in den Raum stellt: Ein freiwilliges Bereitschaftsregister, damit man wisse, wer in welchem Umfang und wofür zur Verfügung stehe.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) grüßt als Schirmherr die Teilnehmer per Videobotschaft. „Die vertraute Ordnung ist brüchiger geworden“, sagt sein Staatssekretär Thomas Blenke (CDU). Sicherheit sei keine Selbstverständlichkeit mehr. Die äußere und innere Sicherheit könne man nicht länger getrennt voneinander betrachten, man müsse Sicherheit neu denken und neu ausrichten. Dabei sieht er Vertrauen als den Anfang jeglicher Sicherheit.
Es gehe nun darum, die Stärken der Organisationen zusammenzubringen. Dabei könne man das Ehrenamt gar nicht wert genug schätzen, so Blenke. „Die Gesamtverteidigung ist auch eine Frage der Haltung. Und ein Spiegel unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts.“ Freiheit und Sicherheit seien keine Gegensätze, vielmehr bedingten sie sich gegenseitig.
Scheiffele: Stärken Sie die Stärken
Auf die Haltung spielt auch Karin Scheiffele an, die im Innenministerium die Abteilung Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement leitet. Das Motto „Die sind eh da“ funktioniere nicht. Denn mit Blick auf die Zivile Verteidigung habe dann zum Beispiel die Feuerwehr andere Aufgaben. Man müsse auch mitdenken, dass Menschen in verschiedenen Funktionen tätig seien.
Wichtig ist aus Sicht von Scheiffele, dass alle im Land denselben Stand haben. Daran arbeite die Landesregierung, etwa wurde im Staatsministerium eine Lenkungsgruppe zur Zivilen Verteidigung eingerichtet. Sie soll die Aktivitäten der Ressorts bündeln. Scheiffele hat eine Wunschliste mitgebracht. Darauf steht etwa, dass alle Behörden ihre Strukturen prüfen: Sind Zuständigkeiten klar? Ist die Erreichbarkeit auch im Falle eines Stromausfalls sichergestellt? Mitarbeiter müssten „ertüchtigt“, fortgebildet werden. Die Kommunikation spiele eine große Rolle, welche Informationen gebe man wie heraus. Und: „Stärken Sie die Stärken. Wir sind es den Leuten schuldig, auch mal zu schauen, was gut läuft.“ Scheiffele zufolge ist die Dringlichkeit des Themas zwar angekommen, aber dessen Wirkkraft sei noch nicht überall deutlich genug. „Wir können nicht nichts tun in den Ländern“, betont sie.
Klar wird aber auch, dass das Land eingebettet ist in Vorgaben von Bund und NATO. Inwiefern, das veranschaulichten Oberst Mario Karnstedt vom „Allied Joint Support and Enabling Command“ der NATO in Ulm und Desirée Bychara vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
Giss: Einfach nichts tun, ist in allen Bereichen sträflich

Michael Giss, Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württemberg, ist die Kommunikation des Bundes nicht eindringlich genug. Russland sei längst in der Phase 1 seines Angriffsplans. „Das muss allen einfach klar sein“, sagte er. Man müsse die Menschen mitnehmen, in eine anzunehmende schwere Zeit. „Einfach nichts tun, halte ich in allen Bereichen unseres Landes für sträflich.“ Er stellt in Frage, ob man sich als Gesellschaft derzeit mit den richtigen Fragen beschäftige.
Beate Bube, Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz, zeigt die Herausforderungen durch Desinformation auf, die Teil der hybriden Kriegsführung Russlands ist, neben Sabotage und Spionage.
Stefan Weiß, der Leitende Notarzt des Landkreises Ludwigsburg, erläutert das Konzept des Landkreises für einen Massenanfall von Verletzten, kurz MANV, auf Grundlage der Landesvorgaben. Aus seiner Sicht sind die derzeitigen Vorgaben des Landes für die aktuellen und künftigen Anforderungen nicht ausreichend, sie müssten überarbeitet werden. „Nur mit konkreten Vorgaben und Rahmenempfehlungen sind Landkreise in der Lage, auf regionaler Ebene tragfähige Vorbereitungen zu treffen und ein resilientes Hilfeleistungssystem zu betreiben“, sagt er. Mögliche Herausforderungen durch die Landes- und Bündnisverteidigung ließen sich nur mit allen Akteuren auf allen Ebenen umsetzen. Dass die Herausforderungen immens sind, wurde an diesem Tag mehr als deutlich.
BOS-Tag 2024 – Staatsanzeiger Akademie
BOS-Tag des Staatsanzeigers findet zum zweiten Mal statt
Sich kennenlernen, bevor man sich braucht: Der Staatsanzeiger bietet mit seinem BOS-Tag eine Plattform für die Blaulichtorganisationen. Damit haben Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Bundeswehr, Landkreise und Kommunen die Möglichkeit, sich zu vernetzen und auszutauschen, eingebettet in Fachvorträge von Experten, die Impulse geben. Denn im Ernstfall kommt es darauf an, dass man sich kennt, dass Strukturen und Meldewege funktionieren.
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