Analyse nach der Bundestagswahl

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Warmlaufen für 2026

Nach der Bundestagswahl deutet alles auf eine schwarz-rote Regierung in Berlin hin. Das ändert die Vorzeichen für die Landtagswahl 2026. Cem Özdemir will aus der Opposition heraus angreifen, CDU-Chef Manuel Hagel hofft auf eine gute Performance seiner Partei in Berlin.

Friedrich Merz, Manuel Hagel und Levin Eisenmann (von links) diskutieren am 5. Februar in der Stadthalle Singen.

IMAGO/Markus Ulmer)

Stuttgart. Zum ersten Mal sind am Montag die beiden Kontrahenten um die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) aufeinandergetroffen. Zumindest fast, denn der Noch-Minister Cem Özdemir lässt sich von Berlin aus in eine Talkrunde „Zur Sache“ des SWR zuschalten. Nicht nur aufgrund der physischen Distanz ist es mehr ein Abtasten. Beide geben sich staatsmännisch, greifen sich nicht persönlich an. „Es herrscht jetzt nicht Dauerwahlkampf, es muss noch was geschafft werden“, sagt Manuel Hagel dort. Und Özdemir bekennt, dass er seine „Zelte in Berlin abbrechen“ wird, wenn er seine beiden Ministerämter abgibt, um sich ganz auf Baden-Württemberg zu konzentrieren.

In den Parteizentralen rüstet man sich schon für die Landtagswahl 2026. In der CDU ist die Stimmung nach dem Wahlsieg gut. Allerdings grämen sich die Christdemokraten sehr über das Bundeswahlrecht, dass sie mit 6 Wahlkreissiegern ohne Mandat besonders hart getroffen hat.

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Die CDU will das Wahlrecht ändern

So schimpft Hagel: „Dieses schräge Wahlrecht der Ampel-Koalition ist gegen jeden gesunden Menschenverstand und ist gegen das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen.“ Seit 1871 seien Wahlkreissieger immer im Parlament gewesen. Für 2026 unterschätzt man die neue Ausgangslage nicht. Die Stärke der CDU im Land speiste sich bislang aus der Unzufriedenheit mit der Ampelkoalition, die grüne Regierungsbeteiligung ist nun perdu.

„Die Wahl ist noch nicht gelaufen, wir nehmen das ernst“, sagt ein führender Christdemokrat. Die Grünen wiederum stehen unter Schock, dass sie in ihrem Stammland nur 13,6 Prozent erhalten haben, fast 19 Prozent weniger als sie bei der Landtagswahl 2021 geholt haben. Kretschmann weist in der Landespressekonferenz darauf hin, dass die Bundestagswahlergebnisse immer deutlich niedriger lagen: „Man kann mal gar nichts schließen auf die nächste Landtagswahl.“ Bis dahin gelte konstruktives Weiterregieren: „Wir zeigen, dass Grüne und CDU gut zusammenarbeiten können.“

Katzenjammer bei der SPD nach der deftigen Wahlschlappe

Bei der SPD herrscht noch mehr Katzenjammer nach 14,2 Prozent im Ländle, auch wenn man es erwartet hatte. „Es ist wie wenn man auf dem Bahngleis steht und weiß: Der Zug kommt“, sagt SPD-Landeschef Andreas Stoch. Die SPD werde nicht zu Kreuze kriechen, aber die Partei könne jetzt zeigen, wie man in der Regierung Probleme löst.

Interessant ist für die Südwest-Genossen auch die Frage, ob sich die aus Calw stammende Saskia Esken als Parteichefin halten kann. Stoch sieht Cem Özdemir als „König ohne Land“ und hält es nicht für sicher, dass Grüne und Schwarze auch nach 2026 weiterregieren wollen. Die einzige Perspektive für die Sozialdemokraten im Land ist eine Ampel- oder Deutschlandkoalition.

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Markus Frohnmaier: Wird er Spitzenkandidat 2026?

Bei der AfD ist der Landeschef Markus Frohnmaier in einer Schlüsselposition. „Die Stimmung bei der Konstituierung der neuen Bundestagsfraktion war gut“, sagt der 34-Jährige, der als Vertrauter von Parteichefin Alice Weidel gilt. Frohnmaier wurde mit 82 Prozent als Vize-Fraktionsvorsitzender bestätigt.

Immer wieder wird er angesprochen, ob er im kommenden Jahr im Land als Spitzenkandidat antritt. „Das ist etwas, über das ich nachdenken muss“, sagt er dazu auf Nachfrage. Allerdings wird die AfD auch 2026 ohne Machtperspektive sein, CDU-Chef Manuel Hagel nennt die Populisten immer wieder offensiv „Landesverräter“.

Die Liberalen versuchen sich abzukoppeln. Parteichef Hans-Ulrich Rülke verweist darauf, dass man im Land über fünf Prozent liege. „Für die Landtagswahl werden wir zeigen, dass es sich lohnt, der FDP die Stimme zu geben“, sagt Rülke. Er setzt auf Wirtschaftsthemen wie Verbrennerverbot-Aus und Bürokratieabbau.

Die Linke hat sich fast verdoppelt auf 7800 Mitglieder

Hochstimmung herrscht bei der Linken, die sechs Mandate im Südwesten holt. 3000 Neueintritte haben die Partei auf 7800 Mitglieder fast verdoppelt. Die Landessprecherin Sarah Mirow kündigt einen „Mietengipfel“ an und will die „soziale Opposition im Bundestag“ sein. Ob wiederum das BSW unter Landeschefin Jessica Tatti nach nur 4,1 Prozent im Land für 2026 und darüber hinaus eine Zukunft hat ist völlig offen.

Andreas Stoch, MdL, SPD, Vorsitzender der Landtagsfraktion. Auftaktsitzung zur Beratung des Doppelhaushalts für die Jahre 2025/2026. Der Landtag von Baden-Württemberg debattiert über den wichtigsten Einzelplan, den Haushalt des Staatsministeriums. 109. Plenarsitzung. Landtag von Baden-Württemberg. // 11.12.2024, Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland *** Andreas Stoch, MdL, SPD, Chairman of the State Parliamentary Group Opening session to discuss the double budget for the years 2025 2026 The State Parliament of Baden Württemberg debates the most important individual budget, the budget of the State Ministry 109 Plenary session State Parliament of Baden Württemberg 11 12 2024, Stuttgart, Baden Württemberg, Germany

Cem Özdemir bekennt, dass er seine „Zelte in Berlin abbrechen“ wird, wenn er seine beiden Ministerämter abgibt, um sich ganz auf Baden-Württemberg zu konzentrieren.

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