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Das Land geht neue Wege in der Sicherheitsarchitektur

Das Staatsschutz- und Anti-Terrorismus-Zentrum ist beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg angesiedelt.
dpa/imageBROKER/Arnulf Hettrich)Politisch motivierte Straftaten nehmen zu. Extremisten bedrohen unsere Demokratie, unser Zusammenleben von allen Seiten: von links, von rechts und mit ausländischem Hintergrund. Auch die Terror-Gefahr ist im Land unverändert groß. Die Demokratie ist unter Druck, von innen und von außen.
Ein Problem, das sich zunehmend herauskristallisiert und auch aus dem aktuellen Verfassungsschutzbericht hervorgeht, ist, dass sich immer mehr junge Menschen radikalisieren. Dieses Phänomen beobachten Verfassungsschützer besonders bei Rechtsextremen.
Im Jahr 2024 habe der Rechtsextremismus bei jungen Menschen an Attraktivität gewonnen, heißt es. Die Themen, die Rechtsextremisten setzen und ihre Art, zu kommunizieren, greifen dabei ineinander. Sie vermittelten den jungen Menschen ein Gefühl von Zugehörigkeit und Sinn. Auch wecken sie Neugier und Abenteuerlust sowie den Wunsch nach Engagement.
Auch im Bereich des Islamismus werden zunehmend junge Menschen angesprochen. Vor allem Anhänger des Salafismus weiten ihre Ideologie durch Angebote für Kinder, Jugendliche und auch für Frauen aus. Immer öfter haben es Nachrichtendienste und Polizei also mit Minderjährigen zu tun, die sich radikalisieren und teilweise auch schwere Gewalttaten planen.
Die Sozialen Medien wirken als Brandbeschleuniger
Als Brandbeschleuniger der Radikalisierung wirken die Sozialen Medien. Dort werden junge Menschen von Influencern und radikalen Predigern indoktriniert, sie konsumieren Propaganda und absichtlich verbreitete Falschinformationen. Die radikalisierten Jugendlichen sind teils bundesweit vernetzt.
Dem muss etwas entgegengesetzt werden. Ein wichtiger Schritt ist dabei die Einrichtung eines Staatsschutz- und Anti-Terrorismus-Zentrum Baden-Württemberg (SAT BW), das beim Landeskriminalamt (LKA) angesiedelt ist. Dieses hat Anfang des Jahres die Arbeit aufgenommen. Folgerichtig ist auch das neue Staatsschutzzentrum bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart, das an das SAT BW angebunden ist.
Die Vernetzung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz ist essenziell. Die Arbeit Schreibtisch an Schreibtisch ist gewinnbringend. Denn, wie Innenminister Thomas Strobl so passend formulierte: „Wenn wir wüssten, was wir wissen, wüssten wir viel mehr.“ In der Tat. So liegen zu oft an verschiedenen Stellen Informationen vor, die an anderer Stelle nicht bekannt sind. Und da liegt nun die Chance, durch die neuen Zentren Abhilfe zu schaffen, indem man die Informationen rasch zusammenführt, auswertet und analysiert.
Das SAT BW soll als zentrale Austausch- und Kooperationsplattform der Sicherheitsbehörden die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden optimieren und die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität intensivieren. Es setzt auf den bewährten Strukturen und Abläufen des LKA auf und entwickelt diese gezielt weiter, ohne dabei redundante Strukturen zu schaffen.
Internet-Monitoring-Einheit wird aufgebaut
Und weil man weiß, dass sich immer mehr junge Menschen radikalisieren, wird unter anderem eine Internet-Monitoring-Einheit zur Erkennung extremistischer Online-Aktivitäten aufgebaut. Denn laut LKA erfolgen Radikalisierungen, gerade von Einzeltätern, zunehmend im Internet und in sozialen Medien und auch in Chatgruppen.
Um diese Aktivitäten künftig zielgerichteter erkennen und analysieren zu können, wurden acht neue Stellen geschaffen. Die Resonanz der Bewerber ist laut LKA enorm: Alleine für diese Einheit erreichten die Behörde weit mehr als 200 Bewerbungen aus dem gesamten Bundesgebiet. Gesucht wurden etwa Datenanalysten, Informatiker und Medienforensiker.
Auch gibt es eine weitere Ermittlungskommission, um die Ermittlungsansätze, die sich aus dem Internet-Monitoring ergeben, effektiv zu bearbeiten und die Bearbeitung von Gefährdern im Hochrisikobereich zu bündeln. Dafür sind zehn Polizeivollzugsdienststellen vorgesehen.
Mit dem SAT BW stärkt das Land die Zusammenarbeit der Polizei mit der Staatsanwaltschaft, dem Landesamt für Verfassungsschutz und dem Sonderstab für gefährliche Ausländer. Alles in allem ein vielversprechender Ansatz, von dem sicherlich Ermittlungserfolge zu erwarten sind. Eine erste interne Bilanz ist laut Landeskriminalamt schon einmal positiv. Man verspricht sich noch viel von diesem einzigartigen disziplinübergreifenden Ansatz.