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Das Verbrennerverbot steht zunehmend in der Kritik

Der EU-Kommission geht die Klimawende im Verkehrssektor nicht schnell genug. Sie will per Verbot die Verbrenner mittelfristig von den Straßen verbannen.
dpa/Christoph Hardt)Stuttgart . Der Verbrenner-Motor muss erhalten bleiben, fordert Hans-Ulrich Rülke, der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg – und das bereits seit fünf Jahren. Schon im Landtagswahlkampf 2021 setzte die FDP auf das Thema und punktete damit zweistellig bei den Wählern. Sieben Monate vor der nächsten Wahl zieht Rülke erneut die Verbrenner-Karte.
Vielleicht reicht es diesmal für Schwarz-Gelb, liebäugelt er und pocht auf Technologie-Offenheit für die Autobauer. Dafür hat er sich mit einem Gutachten der Berliner Beratung „Consulting4drive“ munitioniert. „Heute sind viel Probleme hausgemacht. Statt Subventionen sollte sich die Strategie wieder an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden orientieren“, sagt Sebastian Kahlbau von den Berliner Beratern.
40.000 Jobs im Südwesten sind „in akuter Gefahr“
Man müsse jetzt dringend umsteuern, fordert Rülke. Fast alle namhaften Hersteller und Zulieferer bauen Arbeitsplätze ab, senken Umsatzprognosen und verzeichnen Gewinneinbrüche. Rülke nennt Bosch, Mahle, Mercedes, ZF und Porsche. Insgesamt 40.000 Jobs sieht er im Südwesten „in akuter Gefahr“. Diese Zahl stammt von Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf. In der gesamten Metall- und Elektroindustrie sind es Wolf zufolge sogar 100.000 Arbeitsplätze.
Die Hauptursache sieht Rülke im „ideologisch motivierten Kampf gegen das Auto“ und im geplanten Verbrenner-Verbot. Dabei sei nicht der Motor das Problem, sondern der Kraftstoff, so Rülke. „Wenn man fossiles Benzin durch moderne E-Fuels ersetzen würde, ist auch der Verbrenner klimaneutral.“
Doch Rülkes Gegenspieler, Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will nicht nur am Verbrenner-Aus festhalten, sondern hegt grundsätzliche Zweifel an synthetischen Kraftstoffen: „Viele, die so lauthals für E-Fuels sind, wissen nicht, dass es in Deutschland keine einzige Anlage gibt, die auch nur geplant ist.“
Ein Blick nach Mergelstetten südlich von Heidenheim bestätigt das. Dort ist das vielversprechende Pilotprojekt von Schwenk Zement bei dem CO₂ aus der Zementproduktion in Kerosin für den Flughafen Stuttgart umgewandelt werden sollte – jüngst an strengen EU-Vorgaben gescheitert.
Hermann baut auf eine „Electric Only“-Strategie. „Wir müssen bei der Batterie eigenständiger werden und das software-definierte Auto agil weiterentwickeln“, sagte er am Mittwoch den Stuttgarter Zeitungen. Zwar hätten sich die Bedingungen in der Industrie verschärft, das treffe aber auch auf die Klimakrise zu. Die Unruhe in der Branche verstehe er, aber es gebe keinen Rechtsanspruch auf zweistellige Renditen. Die Unternehmen müssten jetzt in Zukunftstechnologien investieren, um so wieder profitabler zu werden. So könne man Arbeit, Wohlstand und einen starken Industriestandort sichern.
Doch selbst in der Autoindustrie, die sich bislang hinter die Klimaziele samt Verbrennerverbot gestellt hat, wächst der Unmut. In einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordern Mercedes-Chef Ola Källenius und Schaeffler-Vorstand Matthias Zink eine Kurskorrektur beim Klimaschutz.
Die letzte Chance der EU, ihre Politik anzupassen
„Wir sind frustriert über das Fehlen eines ganzheitlichen und pragmatischen politischen Plans für den Wandel der Automobilindustrie“, schreiben die Konzern-Chefs. Sie sprechen von „der letzten Chance der EU, ihre Politik an die heutigen Markt-, geopolitischen und wirtschaftlichen Realitäten anzupassen“. Das Verbrenner-Verbot müsse man überdenken. Andernfalls gehe die EU das Risiko ein, „eine ihrer erfolgreichsten und global wettbewerbsfähigsten Branchen zu gefährden“.