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Kommentar zum Streit um Klimaschutz

Die grün-schwarze Entfremdung schreitet voran

Das hat es noch nie gegeben: zwei grüne Minister preschen vor, und der Koalitionspartner CDU weiß nicht, worum es geht. Das Klimaschutzgesetz zeigt, dass in der Koalition inzwischen viele Akteure wild durcheinander agieren. Eine Analyse von Chefredakteur Rafael Binkowski.

Chefredakteur Rafael Binkowski analysiert die Lage der grün-schwarzen Koalition anhand des Streits um das Klimaschutzgesetz.

imago/Arnulf Hettrich)

Stuttgart. Das Nebeneinander in der grün-schwarzen Koalition scheint eine neue Dimension zu erreichen. Zwar dürfen wir nicht vergessen, dass die Landesregierung durchaus noch Gesetze auf den Weg bringt. Wie etwa das Nichtraucherschutzgesetz und das Regelungsbefreiungsgesetz für Kommunen. Aber sonst redet man zunehmend aneinander vorbei statt miteinander. Das lässt sich am aktuellen Streit zum Klimaschutzgesetz öffentlich bestaunen.

Schon seit Wochen sind sich die Koalitionspartner uneins, ob die Abweichungen von den Klimaschutzzielen „erheblich“ sind und ein Sofortprogramm erfordern, oder ob es reicht, das Begonnene fortzusetzen. Vor allem im Verkehrssektor werden die Ziele weit verfehlt, hier ist der Handlungsspielraum des Landes aber auch gering: Über Förderung von Elektroautos entscheidet der Bund.

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Die CDU wird vom Vorstoß der Minister überrascht

Nun preschen die grünen Minister Thekla Walker und Winfried Hermann in einer Pressekonferenz vor und legen einen Aktionsplan vor. In der Sache gibt es wenig Neues, 15 Millionen Euro für Elektro-Ladeinfrastruktur für Lastwagen etwa, sonst wird Altbekanntes wiederholt.

Bemerkenswert ist aber, dass der Koalitionspartner CDU von diesem Vorstoß überrascht und nicht eingebunden wurde. Die übliche Ressortabstimmung oder Vorberatung wichtiger Themen im Koalitionsausschuss entfiel. Entsprechend groß ist die Aufregung bei der CDU-Seite. Ministerpräsident Winfried Kretschmann war wohl wenig begeistert von dem Vorstoß, der vor allem auf die grüne Wählerbasis zielt. Die Botschaft intoniert der grüne Landesvorsitzende Pascal Haggenmüller: Man lasse sich von der CDU nicht ausbremsen. Diese wiederum erklärt, viele der von Hermann und Walker vorgeschlagenen Projekte habe sie selbst für den Etat vorgeschlagen.

Kretschmann will sich nicht unter Druck setzen lassen

Kretschmann laviert, in der Villa Reitzenstein will sich der Hausherr nicht unter Druck setzen lassen. Nicht von der Grünen Jugend und dem linken Flügel, der mitten in der Wirtschaftskrise einschneidende Maßnahmen fordert. Aber auch nicht von der Deutschen Umwelthilfe unter Jürgen Resch, den Kretschmann von seinem früheren Engagement für den Naturschutz gut kennt.

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Auch bei der CDU wächst indes die Lust an Nadelstichen. Das zeigt die Kritik von Parteichef Manuel Hagel an der Cannabispolitik oder der von den Grünen wenig goutierte Vorstoß, die 41. Wochenstunde für Beamte abzuschaffen. Der Streit um das Gleichbehandlungsgesetz wird irgendwo im Gremien-Nirwana verschwinden. Es knirscht an vielen Stellen. Wird deswegen die grün-schwarze Koalition noch vor der Landtagswahl im März 2026 zerbrechen? Sicher nicht, daran hat keiner der Beteiligten ein Interesse. Aber früher als gedacht wird es immer schwieriger, größere Gesetzesvorhaben überhaupt noch umzusetzen.

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