Finanzierung

Digitalpakt 2.0: Rechtliche Grundlage für Auszahlungen fehlt noch

Der Stopp von Digitalisierungsprojekten sollte abgewendet werden durch die kürzlich erzielte Einigung von Bund und Ländern. Inzwischen werden die Eckpunkte zum Digitalpakt 2.0 aber sogar im grüngeführten Kultusministerium zurückhaltend bewertet. „Wir müssen schlicht auf die gesetzliche Regelung warten“, sagt ein Sprecher.

Dass Bund und Länder mehr Geld für die Digitalisierung der Schulen aufwenden müssen, darüber besteht Einigkeit. Worin genau das Geld am besten fließen soll, ist dagegen umstritten.

imago/Thomas Trutschel/photothek.net)

Stuttgart/Berlin. Nicht nur unter Grünen war die Zufriedenheit groß. Auch die Kultusministerkonferenz (KMK) begrüßte die Vereinbarungen. Übergangsbildungsminister Cem Özdemir (Grüne), der das Amt nach Ausscheiden der Liberalen aus der Ampelkoalition von Bettina Stark-Watzinger (FDP) übernommen hatte, konnte mit mehreren Bildungsministerinnen der Länder weitreichende Beschlüsse präsentieren.

Auch seine Kollegin aus Schleswig Holstein, CDU-Parteivize Karin Prien, stimmte zu, sodass die Erwartungen weiter groß sind, dass eine wahrscheinlich unionsgeführte Bundesregierung die Beschlüsse tatsächlich umsetzt.

Der Nachholbedarf bei der digitalen Infrastruktur ist unstrittig

Kultusministerin Theresia Schopper (Grüne) spricht von einem „wichtigen Schritt“, weil überhaupt eine Verständigung erreicht worden sei, die der Bund und die frühere Bundesbildungsministerin verhindert hätten. Eine neue Regierung müsse mit den Ländern durch die geöffnete Tür gehen. Für Baden-Württemberg hatte der grüne Schulexperte Thomas Poreski falls nötig eine Vorfinanzierung in Aussicht gestellt. Bis endgültige Beschlüsse gefasst sind, könne ihm zufolge bereits Geld aus der Risikovorsorge des Landes fließen.

Die Fachleute im Kultusministerium pochen auf die rechtliche Grundlage, die vorliegen müsse, und dafür brauche es eine neue Bundesregierung. Kritik auch in den Verbänden gibt es am Volumen der Vereinbarung. Bund und Länder teilen sich die Finanzierung des zweiten Digitalpakts mit seinen fünf Milliarden Euro. 2,25 Milliarden davon sollen in den ersten Handlungsstrang fließen, der sich auf Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur konzentriert.

Die Länder wollen sich mit 50 Prozent an den Kosten beteiligen; nach den vorgelegten Eckpunkten wären das 2,5 Milliarden Euro. Mit rund zwei Milliarden Euro könne ein Großteil dieser Mittel jedoch durch Anrechnungen von bereits geplanten Ländermaßnahmen erfolgen.

Unstrittig ist der Nachholbedarf beim Thema Infrastruktur. Deshalb werde „angestrebt, leistungsfähige W-Lan-Netze, moderne Endgeräte sowie digitale Lernplattformen an allen Schulen zu etablieren“, heißt es weiter. Der Beitrag der Länder soll bei 500 Millionen Euro liegen. Gefallen ist die von Stark-Watzinger verlangte Fortbildungspflicht, vereinbart dagegen, dass für die digitalisierungsbezogene Schul- und Unterrichtsentwicklung Vorgaben fortentwickelt und die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte forciert werden. Die Länder werden ihre Maßnahmen im Austausch untereinander und mit dem Bund intensivieren, um die Ziele systematisch zu erreichen.

Für die Schul- und Unterrichtsentwicklung, die Curricula sowie Fortbildung und Bildungsmedien sind im Rahmen des Digitalpakts keine Mittel vorgesehen. Ebenfalls nicht Teil der Einigung ist der Gedanke, die Mittel nach einem Sozialindex oder nach Bedarf zu vergeben. Zur Anwendung kommt der Königsteiner Schlüssel (siehe Kasten). Für Baden-Württemberg stehen danach 13 Prozent der Bundesgelder zur Verfügung. Im Kultusministerium kursieren Berechnungen, dass der Betrag zwischen 700 und 900 Millionen Euro Gesamtinvestition pro Jahr etwa um den Faktor zehn hinter dem zurückbleibt, was die Schulen im Land benötigen.

Für Landeselternbeirat und Städtetag sind viele Fragen offen

Der Landeselternbeirat schaut zweifelnd auf das Zahlenwerk, vor allem, weil die Unterschiede im Land weiterhin so groß sind, so der Vorsitzende Sebastian Kölsch. Und weil vor Ort zu viel bei den Schulträgern hängen bleibe. Der Städtetag hatte nach der überraschenden Einigung von Bund und Ländern vor Weihnachten auf „den nächsten Schritt“ gedrängt, wie es in einer Erklärung heißt. Die Kommunen könnten die digitale Ausstattung der Schulen nicht allein stemmen, „weder die Anschaffung, noch Wartung, Ersatz und Administration“. Durch das Auslaufen des ersten Digitalpakts klaffe schon eine Finanzierungslücke, und die, so die Prognose, werde in den kommenden Wochen nicht kleiner.

Der Appell, vor der Bundestagswahl auch noch eine Verwaltungsvereinbarung zu unterzeichnen, laufe ins Leere. Deshalb sei unklar, wann das erste Geld in den Städten tatsächlich ankommt.

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