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Schule

Unbesetzte Lehrerstellen: Erste Einblicke in die Gründe für die massive Datenpanne

Durch eine Datenpanne sind 1440 Lehrerstellen jahrelang unbesetzt geblieben, obwohl sie finanziert waren. Diese Stellen werden nun nachbesetzt - und die Fehlerquellen in der Personalverwaltung erforscht und behoben, um künftig solche Vorfälle zu verhindern.
Mehrere Erwachsene und Kinder sitzen in einem Klassenzimmer.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Theresa Schopper (beide Grüne) nehmen an der Sitzung eines Schülerrats in der Pragschule in Stuttgart teil. Beide waren von der Datenpanne überrascht und erschüttert.

dpa/Christoph Schmidt)

Stuttgart. In die Untersuchung der Gründe, warum in Baden-Württemberg 1440 Lehrkräftestellen über Jahre unbesetzt geblieben waren, kommt nun Bewegung. „Weitgehend ausgeschlossen werden kann nach derzeitigem Stand, dass der Fehler innerhalb von kurzer Zeit aufgetreten ist“, erklärt der Amtschef im Kultusministerium, Daniel Hager-Mann. Denn, so fügt er hinzu: „Dies wäre der Kultusverwaltung aufgefallen.“

Die FDP-Landtagsfraktion hatte vor der Sommerpause bereits mit einem Untersuchungsausschuss geliebäugelt. Die SPD-Fraktion stellte erst einmal eine umfangreiche parlamentarische Anfrage, um Näheres über die falsche Zuordnung zu erfahren und Auskunft darüber zu erhalten, „wie der Fehler konkret entdeckt wurde“.

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung macht die Fehleranalyse

Hager-Mann nutzt die Gelegenheit unter anderem, um in Vertretung von Kultusministerin Theresia Schopper (Grüne) zu erläutern, wie Lehrkräfteplanung funktioniert und welche Schritte unternommen werden.

Zur Erarbeitung fachlicher Anforderungen für die Weiterentwicklung des verwendeten Personalverwaltungssystems DIPSY im Bereich der Lehrkräfte gibt es dem Amtschef zufolge eine Arbeitsgruppe, der Vertreterinnen und Vertreter des Instituts für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW), der vier Regierungspräsidien (RP), der Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW) und des Landesamts für Besoldung und Versorgung (LBV) angehören.

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung wiederum fungiere als IT-Dienstleister, der das Personalverwaltungssystem bereitstellt und die fachlichen Anforderungen umsetzt. Diese Arbeitsgruppe sei jetzt an der Fehleranalyse. Bereits aufgeklärt sind unbesetzte Stellen in einzelnen Fällen. Von einem Programmierfehler sei dabei nicht auszugehen.

Solche Fälle seien aufgrund der Größe des Personalkörpers der Kultusverwaltung und komplizierter tarifrechtlicher Regelungen nicht außergewöhnlich. Daraus habe sich keine Notwendigkeit für eine allgemeine Fehleranalyse ergeben. Eingeführt wurde DIPSY im Bereich der Lehrerverwaltung im Jahr 2005, einschließlich einer Übertragung der Daten aus der früheren Software. Nach dem aktuellen Stand der Aufklärung kam es möglicherweise schon dabei zu Fehlern. Mehr noch: Die Ursachen dafür, dass unbesetzte Stellen nicht auffielen, könnten sogar in diesen alten Datensätzen liegen.

Hager-Mann widerspricht der Einschätzung, der Bestand könne Jahr für Jahr um 70 weitere Stellen aufgewachsen sein: „Diese Zahl ist ein reiner Durchschnittswert, der sich daraus ergibt, dass sich die zum Stand 4. Juli 2025 nicht als frei ausgewiesenen 1440 Stellen über einen Zeitraum von 20 Jahren aufsummiert haben könnten.“Nicht nur die Opposition, sondern auch die Bildungsverbände, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), den Landeseltern- sowie den Landesschülerbeirat interessiert, wann und wie exakt das Kultusministerium über den gesamten Sachverhalt informiert wurde.

Laut Hager-Mann haben sich im Jahr 2024 „Hinweise verdichtet“, dass es einen tiefer liegenden Fehler gibt. Im Juni 2025 sei dann das sogenannte Überrechnungsprogramm zur Neuermittlung der Ist-Stellen konzipiert, durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung realisiert und erstmalig eingesetzt worden. Und am 7. und 8. Juli 2025 habe sich der Verdacht eines Fehlers beim Personalverwaltungssystem DIPSY bestätigt.

Amtschef Hager-Mann erläutert den Zeitablauf beim Informationsfluss

Für die Zeitspanne zwischen diesen Tagen und der Information der Öffentlichkeit interessiert sich die Opposition im Besonderen. Außerdem halten sich Gerüchte, die Hausspitze im Kultusministerium und auch das Finanzministerium hätten früher als bisher angegeben von den Unregelmäßigkeiten erfahren.

Hager-Mann sagt, das Finanzministerium sei am 9. Juni informiert worden. Von da an hätten sich beide Ministerien auf Arbeitsebene wie auf Ebene der Amtsspitzen ausgetauscht. Eine nochmalige Überprüfung der Daten sei am 14. Juli abgeschlossen gewesen. Danach wurden nach der Darstellung beide Staatssekretäre im Kultusministerium informiert, und am 16. Juli der Schulausschuss im Landtag, der Rechnungshof sowie die Öffentlichkeit. Die Durchleuchtung aller Vorgänge durch die eingesetzte Arbeitsgruppe soll nach der Ankündigung von Schopper vor der Sommerpause noch in diesem Jahr abgeschlossen sein.

Verteilung der zusätzlichen Stellen ist schon geklärt

Viele ist noch unklar, die Verteilung der zusätzlichen 1440 Stellen jedoch beschlossen: 485 gehen an die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Grundschulen bekommen 350 Stellen, Gemeinschafts- und Realschulen sowie Gymnasien je 50. Es wird eine Vorsorge aus 300 Stellen gebildet; mit Gymnasiallehrkräften, die zunächst an anderen Schularten arbeiten: 100 an beruflichen Schulen, 50 an Gemeinschaftsschulen und 150 an Real- und Werkrealschulen. Die übrigen 155 Stellen sind eine Krankheitsreserve.

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