FDP-Chef Theurer erntet routinierten Applaus, aber keine Begeisterungsstürme 

Das Schicksal, pardon, die Mitglieder haben der FDP eine Zerreißprobe erspart. Mit knapper Mehrheit votierten sie für einen Verbleib in der Ampel. Euphorisch war die Stimmung an diesem Freitag beim Landesparteitag in Fellbach, der den Auftakt zum traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen bildete, gleichwohl nicht. Vielleicht auch deshalb, weil Landeschef Michael Theurer eine eher uninspirierte Rede hielt.

Michael Theurer beim Landesparteitag in der Schwabenlandhalle Fellbach.

dpa/picture alliance / Eibner-Pressefoto/Sandy Dinkelacker)

Fellbach. In der Landes-FDP sind seit Jahren die Rollen klar verteilt. Vize Hans-Ulrich Rülke, der zugleich die Landtagsfraktion führt, reitet die Angriffe auf die Landesregierung. Landeschef Michael Theurer ist für das Wir-Gefühl zuständig. (Dass es daneben noch eine Generalsekretärin namens Judith Skudelny gibt, die qua Amt eigentlich für das Thema Attacke zuständig ist, fällt kaum auf.)

Dieses Muster war auch an diesem Freitag beim Landesparteitag in Fellbach zu beobachten. Während sich Rülke auf seine Lieblingsfeinde einschoss – Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) -, versuchte Theurer das Gefühl zu verbreiten, dass doch eigentlich alles zum Besten stehe, wenn man nur auf die eigene Bilanz schaue.

Routiniert ratterte er die Erfolge der Ampelregierung herunter, die sich die Liberalen auf ihre Fahnen schreiben: der vollständige Ausgleich der kalten Progression und zahlreiche Steuer- und Abgabensenkungen. „Es gibt allen Grund, dass wir selbstbewusst mit geradem Rücken diese Politik nach außen vertreten.“

Theurer räumte ein, dass es ein Fehler war, die Corona-Gelder für den Klimaschutz umzuwidmen. Doch die Ampel – die Theurer konsequent als „Fortschrittskoalition“ titutulierte – haben vier der fünf Sondervermögen der Vorgängerregierung geschlossen.

Überhaupt die Vorgängerregierung, insbesondere die CDU. Der Oppositionsführer im Bundestag dresche auf die Regierung ein, als gäbe es kein Morgen. Dabei sei die Ampel doch dabei, den Stillstand der Merkel-Ära zu beenden. Friedrich Merz erinnere ihn eher an Herbert Wehner als an Ludwig Erhard. Er betreibe Obstruktionspolitik und steuere auf eine schwarz-blaue Koalition zu, also eine Bundesregierung unter Beteiligung der AfD.

Die FDP sei dagegen die Partei, die die AfD stelle – eine Partei, die die EU verlassen will, das „Korsett“, das Frieden in Europa sichere. Theurer prophezeite für diesem Fall ein Erstärken des Nationalismus, Krisen und Kriege.

Der Landesvorsitzende ging auch auf die Mitgliederbefragung ein, die knapp zugunsten eines Verbleibs in der Ampel ausgegangen ist: 52 Prozent waren dafür, 48 dagegen. „Und ist es noch so knapp, das Ergebnis gilt.“ Er riet der Partei, es so wie die Schweizer Stimmbürger zu halten, die das Ergebnis von Volksentscheiden akzeptierten, egal, wie eng sie ausgehen.

Zur Belohnung erhielt Theurer am Ende seine knapp 50-minütigen Rede eine Minute Applaus. Es fiel allerdings auf, dass zwischendurch niemand geklatscht hatte. Das hat man in Fellbach in anderen Jahren schon anders erlebt. Der Böblinger FDP-Abgeordnete Hans Dieter Scheerer bezeichnete die Rede im Gespräch mit dem Staatsanzeiger als „vernünftig-pragmatisch“. Etwas kritischer äußerte sich sein Kollege aus dem Enzkreis, Erik Schweickert , in der anschließenden Aussprache. Seiner Ansicht sieht die gesamte Partei die Ampel eher skeptisch, egal, ob man nun im Mitgliedervotum für oder gegen einen Verbleib gestimmt habe.

Michael Schwarz

Redakteur Politik und Verwaltung

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