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Porträt der Woche

Für LKA-Präsident Andreas Stenger ist Humor oft die beste Schutzweste

Der Präsident des Landeskriminalamts hat es beruflich nicht unbedingt mit unbeschriebenen Blättern zu tun. Und obwohl er ständig von Mord und Totschlag umgeben ist, ist er vor allem eines geblieben: ein Menschenfreund.

Andreas Stenger ist seit 2021 Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg.

LKA BW)

Andreas Stenger hat einen langen Atem. Den braucht er nicht nur für den Sport, den er zum Ausgleich rege treibt, sondern auch, weil er es mit der Organisierten Kriminalität zu tun hat. Ihr hat der Präsident des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg den Kampf angesagt. Erneuert hat er ihn gerade gegenüber der italienischen Mafia. „Pizza Cosa Nostra ist nicht witzig“, sagt er. Ihm geht es darum, den Mythos der italienischen Mafia, wie ihn der Film „Der Pate“ vermittelt, aufzulösen. Denn: „Im echten Leben bleibt die Mafia unter dem Radar, arbeitet mit subtilen Methoden.“

Darüber klärt er in Vorträgen auf. Er hat viele Abendtermine, ist unermüdlich unterwegs. Es liegt ihm am Herzen, die öffentliche Hand zu warnen. Es sei wichtig für die Kommunen, dass sie hinschauen, woher die Bonität von potenziellen Investoren komme. Die Mafia sei nicht plump, und Finanztransaktionen ließen sich gut verschleiern. Ein Grund warum Stenger und sein Team den Ansatz „follow the money“ verfolgen. „Wir schauen, wie sind die Finanztransaktionen, wo kommt das Geld her?“

Das wichtigste in seinem Job ist die Kommunikation. Er schätzt das direkte Gespräch, er geht auf Leute zu, er ist nah an der Basis. Der 62-Jährige trat 1981 in den Polizeidienst ein, 1998 stieg er in den gehobenen, 2003 in den höheren Dienst auf. Und doch erzählt er besonders gerne davon, was er als junger Kriminalbeamter in Mannheim erlebt hat. „Diese Zeit hat mich geprägt“, sagt er.

Schon damals ging es um den Umgang mit Menschen, die auf die falsche Bahn geraten sind. Stenger schaut sich gerne das Schicksal hinter der harten Fassade an. Es hat ihn nie kalt gelassen, wie Menschen ihr Leben kaputtmachen, nicht wieder auf die Spur kommen. Manche von ihnen hat er quasi über Jahre begleitet. Es scheint ihm leicht zu fallen, Verbindungen zu Menschen aufzubauen, die Augenhöhe zu halten. Selbst wenn es dabei um Kriminelle geht. Und so hat der LKA-Chef auch fast immer ein Lächeln im Gesicht. Zumindest wenn er nicht gerade vor laufenden Kameras von einer Gewalttat berichtet.

Zuletzt beschäftigten ihn vor allem die Gruppierungen in der Region Stuttgart, die jungen frustrierten Männer, wie er sagt, die in der Gewalt Anerkennung finden. Auch hier hat Stenger stets einen soziologischen und psychologischen Blick auf die Dinge. Kein Wunder, dass er 2011 schon einmal im LKA gelandet ist, wo viele Professionen daran arbeiten, Verbrechen aufzuklären und zu verhindern. Damals war er Vize des Kriminaltechnischen Instituts der Behörde, das er später auch leitete. 2018 wurde er für kurze Zeit kommissarischer Leiter des LKA. 2019 kehrte er noch einmal nach Mannheim zurück, als Präsident des Polizeipräsidiums. Dort, wo er einst seine Karriere begonnen hat. Bevor er 2021 als Präsident ans LKA wechselt.

Drei Fragen…

Können Sie noch entspannt Eis essen?

Ja, und zwar bewusst. Wer den Blick für die kleinen Freuden verliert, verliert auch den klaren Kopf, den man in meinem Beruf dringend braucht. Außerdem sollte man niemanden unter Generalverdacht stellen. Wer Eis verkauft, der ist mir von vorneherein schon einmal sehr sympathisch.

Wie fühlt es sich an, sich mit der italienischen Mafia anzulegen?

Es fühlt sich an wie ein Marathonlauf gegen einen Gegner, der ständig neues Equipment hat. Aber: Mit Ausdauer, internationaler Zusammenarbeit und kluger Strategie holen wir auf – Schritt für Schritt.

Wie bewahrt man sich die Lebensfreude, wenn man immerzu von Mord und Totschlag umgeben ist?

Indem man sich immer wieder vor Augen führt, wofür man sich engagiert: für ein sicheres, freies Leben der Menschen. Und indem man nie den Humor verliert – der ist manchmal die beste Schutzweste. Alles, was wir tun, dient dem Zweck, die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten.

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