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Untersuchungsausschuss

Für Polizei-Gewerkschafter Kusterer hat so manche Beförderung ein „G’schmäckle“

Der Untersuchungsausschuss, der Licht in die Beförderungspraxis der Polizei bringen soll, hatte am Montag zwei Gewerkschafter geladen. Sie lieferten bedenkliche Einblicke.

Ralf Kusterer, der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, stand am Montag den Parlamentariern Rede und Antwort.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Interne Einblicke auf kritikwürdige Aspekte der Beförderungspraxis bei Baden-Württembergs Polizei waren erwartet worden von der 25. Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der sich auch damit zu befassen hat, wie Beamte Karriere machen. Interne Einblicke haben den beiden geladenen Polizeigewerkschafter tatsächlich geliefert – und kein gutes Haar an den bisherigen Verfahren gelassen.

Das Gremium kam an diesem Montag zu einem Kern seines Einsetzungsauftrags, und der besteht aus Bewerbungen, Beurteilungen und Beförderungen. „Wer weiß, wie er die Karten spielen muss“, sagte Steffen Mayer, der Landesvorsitzender des Bund Deutscher Kriminalbeamter, „der kann sie spielen und was erreichen.“ Auch Ralf Kusterer, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, wurde deutlich: „Wer weiß, wie es geht und die Kompetenz hat, es zu tun, der kann alles machen.“

Die beiden Polizeibeamten sind als Gewerkschafter Interessenvertreter. Beide sitzen im Hauptpersonalrat und werfen nach dem Urteil der Ausschussvorsitzenden Danila Evers (CDU) „eine andere Perspektive als bisher“ auf viele Vorgänge. Auch SPD-Obmann Sascha Binder betonte, dass diese Zeugen in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Innenministerium stehen.

Kusterer berichtete zum Beispiel darüber, dass es sehr wohl eine Dienstvereinbarung zum Thema Alkohol gebe, die in vielen Dienststellen auch so erst genommen werde, dass es selbst bei kleinen Feiern außerhalb der Arbeitszeit keinen gebe. In Teilen der Führung sei die aber nicht gelebt worden. Und er beschreibt als „systemimmanent“, wie gerade im höheren Dienst Konkurrentenklagen, wenn ein anderer Beamter befördert wurde, die absolute Ausnahme blieben, „weil man vermutet, dass das für den weiteren Karriereweg nicht förderlich ist“.

Binder kritisiert, dass die eigentlich notwendige Note nicht vergeben wird, wenn schon feststeht, welcher Posten vergeben wird. Beförderungen und Besetzungen dürften aber weder „ein Teil von Machtmissbrauch sein noch wie Kartenspielertricks funktionieren“. FDP-Obfrau Julia Goll schloss „wieder einmal“ aus den Aussagen, dass es gar keine Polizei-Affäre gebe, sondern „eine Affäre der Führung und des Ministers“.

Wenig Hoffnung machten die Zeugen allerdings auf ein neues Beurteilungs- und Beförderungsverfahren, das zu mehr Transparenz und zu einer besseren Auswahl führen könnte. Mayer bekannte sogar, überzeugt davon zu sein, „dass es niemals ein objektives Beurteilungssystem geben wird“.

Kusterer berichtete, dass er sich seit zwei Jahrzehnten mit diesen Fragen befasst und „keine einfache Lösung“ kennt. Er bringt eine unabhängige Instanz ins Spiel, die den Verfahren zumindest „das G’schmäckle“ nehmen könnte. Und er lobte unerwartet die Einsetzung von Bürgerbeauftragten. Ursprünglich habe er diese neue Stelle abgelehnt, deren Arbeit habe sich aber als wichtig erwiesen.

Für die Grünen zog Obmann Oliver Hildenbrand daraus den Schluss, dass noch „ein sehr großes Rad zu drehen“ sein werde, wenn um die Handlungsempfehlungen gehe, die der Ausschuss formulieren will. Schon jetzt zeige sich, dass das Beurteilungs- und Beförderungswesen immer wieder angepasst werden müsse, „um es vor Anfälligkeiten zu sichern“. Seine CDU-Kollegin Christiane Staab versprach, „die maximale Suche nach dem besten System genau zu beobachten“. Und Hans-Jürgen Goßner, der AfD-Obmann, nahm dem Begriff „G’schmäckle“ auf, weil verschiedene Vorgänge „stinken“ würden. Im nicht-öffentlichen Teil der Beratungen ging Kusterer dem Vernehmen nach auf eine Handvoll von Beförderungen ein über jene des Inspekteurs der Polizei hinaus, die in den Augen des Gewerkschafters anders hätten laufen können oder müssen.

Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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