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Ist Antisemitismus an Universitäten und Hochschulen seltener?

"Antisemit:innen raus aus den Unis" steht bei einem stillen Protest einer Initiative für die Sicherheit jüdischer Studierender an der Freien Universität Berlin auf einem Plakat. Ein jüdischer Student war mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus gekommen, nachdem ein propalästinensischer Kommilitone ihn in Berlin-Mitte geschlagen und getreten haben soll.
dpa/Christoph Soeder)Konstanz. Teilweise brutale Übergriffe auf jüdische Studierende machen Schlagzeilen. Jüngst ist in Berlin ein Fall vor Gericht verhandelt worden. Doch wie steht es allgemein um Antisemitismus unter Studierenden, wie blicken diese anderthalb Jahre nach dem Terrorangriff der Hamas auf den Nahostkonflikt?
Dem sind Forscher der Universität Konstanz nachgegangen. Eine vom Bundesbildungsministerium geförderte aktuelle Befragung unter mehr als 2000 Personen ergab: Eine breite Mehrheit verurteilt den Terror der Hamas, lehnt militärische Gewalt ab und setzt auf friedlichen Protest.
Verschwörungsdenken ist unter Studierenden weniger verbreitet
Antisemitische Haltungen sind unter Studierenden weiterhin auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Rund sechs Prozent zeigen demnach ein ausgeprägtes antisemitisches Weltbild. In der Gesamtbevölkerung ist dieser Wert mit 20 Prozent mehr als dreimal so hoch.
Antisemitische Haltungen stehen oft in Zusammenhang mit Verschwörungsdenken. Und dieses ist in der Bevölkerung insgesamt bei 15 Prozent der Menschen und damit dreimal so oft anzutreffen wie unter Studierenden (fünf Prozent).
20 Prozent der Studierenden halten Israel für einen Apartheidstaat
Und dabei zeigt sich, so heißt es in der Zusammenfassung der Studie, „dass antisemitische Haltungen mit muslimischer Religionszugehörigkeit und mit religiösem Fundamentalismus einhergehen“.
Fast jeder fünfte Studierende hält Israel für einen Apartheidstaat. Das Existenzrecht Israels stellen fünf Prozent der Studierenden in Deutschland infrage – sechs Prozent sind es in der Gesamtbevölkerung –, in den USA bei einer ähnlichen Befragung unter College-Studierenden waren es 2024 mehr als dreimal so viele.
Neben den Studierenden wurden für die aktuelle Studie diesmal auch die Hochschulleitungen befragt. Etwa 40 Prozent der Befragten berichten von pro-palästinensischen Protesten beziehungsweise antisemitischen Vorfällen. An Universitäten sind diese demnach deutlich häufiger als an Hochschulen für angewandte Wissenschaften.
Anlaufstellen zur Bekämpfung von Antisemitismus gibt es bei der großen Mehrheit, nämlich 85 Prozent, der befragten Hochschulen- und an allen, an denen es zu antisemitischen Vorfällen gekommen ist.
Studienleiter Thomas Hinz zieht das Fazit: „Es ist weiterhin hohe Wachsamkeit angezeigt – insbesondere gegenüber israelbezogenem Antisemitismus.“