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Klimaschutz erfordert auch einschneidende Maßnahmen

Redakteurin Stefanie Schlüter meint, wer Klimaschutz will, wird auch einschneidende Maßnahmen treffen müssen.
IMAGO/Manfred Segerer)Seit Monaten streitet die grün-schwarze Landesregierung darüber, ob sie ein Sofortprogramm für den Klimaschutz braucht oder nicht. Der Klima-Sachverständigenrat , den Grün-Schwarz eingesetzt hatte, um den Fortschritt beim Klimaschutz zu bewerten, hatte ein solches Programm bereits im Herbst gefordert. Denn das Land wird seine Klimaziele bis 2030 nach aktuellem Stand wohl um rund 17 Prozent verfehlen. Und dass es nicht noch mehr ist, liegt auch mit daran, dass die Wirtschaft derzeit schwächelt. Es überrascht daher kaum, dass die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nun erneut gegen die Landesregierung vor Gericht zieht.
Fortschritt des Klimaschutzes in Baden-Württemberg 09/2024
Im November 2022 hatte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim das Land aufgrund einer Klage der DUH dazu verurteilt, das im Klimaschutzgesetz vorgesehene Energie- und Klimaschutzkonzept zu beschließen. Damals änderte die Landesregierung die gesetzlichen Vorgaben und ersetzte das Konzept durch das neue Klima-Maßnahmen-Register.
Die DUH hat ihre Klage in dieser Woche eingereicht und versucht damit einmal mehr, das Land beim Klimaschutz vor sich her zu treiben. Ministerpräsident Winfried Kretschmann gibt sich gelassen: Ein Sofortprogramm sei nicht nötig. Die Ministerien steuerten ohnehin ständig nach.
Ein Satz, der inzwischen schon eine Standardantwort ist. Denn bereits bei der Einführung des Klimamaßnahmenregisters gab es deutliche Kritik des Sachverständigenrats. Die bis dahin geplanten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Klimaziele des Landes zu erreichen. Immerhin will das Land bereits 2040 klimaneutral sein – fünf Jahre vor dem Bund und zehn Jahre vor der EU. Wer das will, braucht ehrgeizige Maßnahmen und muss dafür auch entsprechend Geld bereitstellen. Auch damals hieß es, dass dies erst der Anfang sei und weitere Maßnahmen hinzukämen.
Wer allerdings eine Suche in dem Online-Register startet, findet in diesem Jahr keine neu eingetragenen Maßnahmen. Das legt nahe, dass es entweder keine gibt oder diese nicht in das öffentlich einsehbare Online- Klimamaßnahmenregister eingetragen wurden. Klar ist auch, dass in den Haushaltsberatungen für dieses Jahr nur einzelne Ministerien – etwas das Umweltministerium und das Verkehrsministerium – Gelder für weitere Klimaschutzmaßnahmen eingestellt haben. Was auch die Verabschiedung eines Sofortprogramms schwierig machen dürfte.
Gerade im Verkehrssektor ist die Zielabweichung besonders gravierend. Allerdings kann das Land da viele Faktoren nicht direkt beeinflussen – weder ob Menschen weniger Fahrten mit dem Auto machen und häufiger zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, ob sie sich ein E-Auto kaufen oder nicht. Und auch die seit Jahren andauernden Probleme bei der Bahn fördern nicht gerade den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel. Dennoch hat das Land – im Rahmen seiner Möglichkeiten – bereits einiges getan, etwa beim Ausbau des ÖPNV, bei der Finanzierung von Schnellbussen oder auch mit der Möglichkeit für Kommunen, einen Mobilitätspass einzuführen, um mit dem Geld den öffentlichen Nahverkehr weiter auszubauen. Auch den Ausbau von Ladesäulen hat das Land vorangetrieben, um die Elektromobilität zu ermöglichen.
Fakt ist allerdings auch, dass der Verkehrssektor eines der großen Sorgenkinder beim Klimaschutz bleibt. Das weiß man auch im Verkehrsministerium. Hier wird der Stand der Zielerreichung regelmäßig auf einer Online-Plattform öffentlich gemacht, inklusive Erläuterungen, warum es wo hakt. Auch der Bund hätte hier Aufgaben. Etwa wenn es um ein generelles Tempolimit auf den Autobahnen geht, wie es etwa die DUH fordert. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat berechnet, dass ein Tempolimit von 120 auf Autobahnen und 80 Stundenkilometern auf Bundesstraßen den Kohlendioxidausstoß um 33 Millionen Tonnen verringern würde. Auch das Umweltbundesamt sieht darin einen kurzfristigen, wirksamen und kostengünstigen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Doch obgleich es de facto auf vielen Autobahnabschnitten inzwischen Tempolimits gibt und nach einer Umfrage des ADAC nur noch 40 Prozent gegen ein allgemeines Tempolimit sind, traut sich da offensichtlich keine Regierung ran.
Klar ist aber: Wer Klimaschutz will, wird auch einschneidende Maßnahmen treffen müssen. Wobei ein Tempolimit sicher zu den Dingen gehört, die am wenigsten wehtun.
Verkehrsminister will Stand bei Klimawende messbar machen | Staatsanzeiger BW