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Wirtschaftsflaute

Kretschmann hofft beim Aufschwung auf die Rüstung

Wirtschaftlich mischt „The Länd“ vorne mit, steht aber wie ganz Deutschland ökonomisch unter Druck. Was Baden-Württemberg wettbewerbsfähig macht, wollte das Mannheimer Wirtschaftsinstitut ZEW von Ministerpräsident Kretschmann wissen. Dieser skizzierte bei einer Podiumsdiskussion seine Wirtschaftspolitik.

Gute Laune trotz ernster Lage: Ministerpräsident Kretschmann und der ZEW-Präsident Achim Wambach (rechts) haben in Stuttgart über die Wirtschaft diskutiert. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

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Stuttgart. Trump, China und Transformation – es sind die üblichen Verdächtigen, an denen die Wirtschaft in Baden-Württemberg leidet. Doch vermitteln einzelne Faktoren auch Zuversicht, darin waren sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, einig. Bei einer Podiumsdiskussion in Stuttgart wurden aber viele Steine benannt, die aus dem Weg geräumt werden müssten.

Dazu gehört die Bürokratie, die Kretschmann abbauen will. Regelungsbefreiungsparagraf und Entlastungsallianz sollen Projekte beschleunigen. Für den Fall, dass diese trotzdem haken, schrieb Kretschmann den Kommunen ins Stammbuch: „Da kann der Bürgermeister sich nicht mehr hinter uns verstecken.“

Windkraftanlagen nach vier Monaten Genehmigungsdauer

Einzelfallgerechtigkeit oder Sicherheitsstandards, auch darauf werde sich die Vereinfachung auswirken. „Das werden die Bürgerinnen und Bürger merken“, prophezeite der Regierungschef. Andererseits verringerten sich Genehmigungszeiten, auch bei der Windkraft. Nachdem Kretschmann das Thema zur Chefsache gemacht hatte, sei diese von sieben Jahren auf bis zu vier Monate geschrumpft, wohl im Hohenlohekreis, so die Erinnerung des Politikers.

Bei der Digitalisierung sieht der Ministerpräsident Baden-Württemberg in der Offensive, Stichwort Cyber-Valley in Stuttgart und Tübingen oder das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). Das Land solle nach der Streichung überflüssiger Regeln selbst ebenfalls digital sein.

Vereinfachung ist laut Ministerpräsident Unternehmern wichtiger als Steuersenkungen. Deutschland habe sich aufgrund der Senkungen in der Nachbarschaft zu einem Hochsteuerland entwickelt, so Wambach. „Es ist unstrittig, dass wir hier etwas machen müssen“, so Kretschmanns Versprechen im Forum der BW-Bank.

Unstrittig zwischen den beiden ist auch die Gefahr der Trump-Zölle. Für den erratischen Politikstil machte Wambach zwei Faktoren aus, die Zerstrittenheit von Trumps Team sowie die hohe Bewertung der Leitwährung Dollar, die Trumps Ziel vereitle, das Außenhandelsdefizit auszugleichen. Unsicherheit an den Märkten sei die Folge dieser Politik. Doch man sollte nicht nur auf die USA schauen: Verschiedene Rechtslagen könnte man als Ausdruck der Vielfalt der EU-Länder ansehen, für den Ökonom Wambach ist die Situation mit Zöllen vergleichbar: ein Handelshemmnis.

Verteidigung soll Wirtschaft ankurbeln

Sorgenkind in Baden-Württemberg ist die Autoindustrie. Hier nehmen die Zölle und die eingebrochene Nachfrage in China die Branche in die Zange, so Kretschmann. Da sei es umso wichtiger, technologisch vorne zu sein. Um den Auto-Unsicherheiten zu begegnen, skizzierte er mehrere Strategien. Der Grüne sieht für Baden-Württemberg die Gesundheits- und Medizintechnik als zweites Standbein. Bloß nach China zu liefern, reiche nicht. Die Beziehung zu Indien fördere der Grüne seit Regierungsantritt vor 14 Jahren.

Auch von der steigenden Militärproduktion versprechen sich Kretschmann und Wambach Impulse, nicht nur als Ausgleich bei Rückgängen der Autoproduktion. Die Wirkung reiche nach den Vorstellungen des Ministerpräsidenten bis in die Universitäten, wo für wehrrelevante Forschung ein ebenso hoher Exzellenz-Anspruch gelten müsse wie bei der zivilen Forschung. Die Unis könnten von Trump sogar profitieren, Top-Wissenschaftler, die der USA den Rücken kehren, seien willkommen.

Kommt die Geschäftsgrundlage für Schwarz-Rot von den Grünen?

Mittlerweile zeigt der ZEW-Index wieder nach oben, und der Chef der KfW-Bank sieht einen rasanten Stimmungswechsel beim Investoreninteresse an Deutschland. Laut Kretschmann sei das typisch bei einer neuen Regierung, wofür er Ruhm auch für seine Partei nach der Verfassungsänderung zur Schuldenbremse reklamierte: „Wir haben die Geschäftsgrundlage für die neue Regierung ja erst geschaffen.“

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