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Nachgehakt: Fachkräftemangel

Landesagentur beschleunigt Verfahren zur Fachkräftezuwanderung

Trotz schwächelnder Konjunktur: Der Fachkräftebedarf bleibt hoch. Seit 2,5 Monaten bündelt und beschleunigt die Landesagentur für Fachkräftezuwanderung die Verfahren für Fachkräfte aus Drittstaaten außerhalb der EU. Auch der Bund hat hier noch Hausaufgaben.

Dieser Bäcker hat einen Flüchtling eingestellt. Andere suchen ihre Mitarbeiter inzwischen auch im Ausland, weil sie im Land keine passenden Fachkräfte finden.

IMAGO/ChristofxKöpsel)

Wie sind die ersten Erfahrungen mit der Landesagentur?

Positiv. Zwischen dem 1. April und dem 15. Juni wurden bei der Landesagentur 539 Anträge zur Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens gestellt, davon 213 zu Gesundheits- und Pflegeberufen und 326 zu den übrigen Berufen. Es wurden nach Angaben des Ministeriums für Justiz und Migration bereits 171 Vereinbarungen mit Arbeitgebern geschlossen und 108 Vorabzustimmungen zur Visumerteilung gegeben.

Zudem zeigt sich, dass die Zahl der Anträge steigt, ein Zeichen dafür, dass das Angebot bei den Arbeitgebern auf großes Interesse stößt. „Es ist gut, dass es diese zentrale Stelle jetzt gibt“, sagt auch der Präsident der IHK Region Stuttgart, Claus Paal. Denn Unternehmen können jetzt ihr Verfahren direkt bei der zentralen Agentur in Stuttgart – für Pflegeberufe – oder in Karlsruhe – für alle anderen Berufe durchführen. Zuvor mussten die Unternehmen über die jeweils zuständige Ausländerbehörde gehen. Paal lobt, dass die Landesagentur für Zuwanderung auch beratend tätig sei. Das sei der richtige Ansatz. „Die Fallzahlen sind trotz der schlechten konjunkturellen Situation höher als gedacht und erste Verfahren konnten beschieden werden“, zeigt sich Paal zufrieden.

Auch die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit funktioniert gut. Diese muss in vielen Fällen, wenn Menschen aus Drittstaaten als Arbeitskräfte angeworben werden, zustimmen. Auch die Digitalisierung beschleunigt die Prozesse. „Die konsequente Digitalisierung der neuen Agentur ist für mich auch ein Best-Practice-Beispiel für andere Behörden“, sagt Paal.

Gibt es noch weitere Hürden bei der Fachkräftezuwanderung?

Ja, die werden jetzt deutlicher, nachdem das Land die Prozesse beschleunigt hat. Ein Problem ist die Visaerteilung für die neuen Fachkräfte. Diese dauert oftmals sehr lang. „Hier muss der Bund handeln“, sagt Paal. Außerdem kommt es bei der Berufsanerkennung häufig zu Verzögerungen. „Bisher sind für die Berufsanerkennung 17 verschiedene Stellen zuständig. Das ist kein erstrebenswerter Zustand“, sagt die zuständige Justizministerin Marion Gentges (CDU).

Sie betont, dass Verbesserungspotenziale auf Grundlage der Erfahrungen mit der Landesagentur „an den Bund adressiert“ werden. Doch: „Das Land wartet nicht auf die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch den Bund, sondern beschleunigt und digitalisiert das beschleunigte Fachkräfteverfahren im Rahmen des jetzt Möglichen.“

Welche Unternehmen stellen Anträge für die Fachkräftezuwanderung?

Die Palette ist breit, was auch zeigt, wie groß der Fachkräftebedarf in vielen Bereichen ist. Vorabzustimmungen für die Erteilung entsprechender Visa hat die Landesagentur am Standort Karlsruhe beispielsweise für die Bereiche Berufskraftfahrer, Mechatronik, Elektro, Gastronomie und Verkaufsberufe erteilt. Am Standort Stuttgart wurden die Vorabgenehmigungen für Pflegeberufe gegeben.

Wo sehen die Unternehmen noch Verbesserungsmöglichkeiten bei der Fachkräftezuwanderung?

Die Fachkräftelücke ist eine große Herausforderung für die Unternehmen. So erteilte beispielsweise die Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr die Zustimmung zu knapp 450.000 Beschäftigungsaufnahmen von Menschen aus Drittstaaten. Gut 80.000 der Anträge kamen von Firmen aus Baden-Württemberg.

Für Paal ist klar: „Jedes Verfahren, jede Maßnahme muss immer weiterentwickelt und optimiert werden.“ So müssten sich die unterschiedlichen Behörden dringend auf eine einheitliche Vorlage von Dokumenten einigen. Zudem sollten diese nur einmal vorgelegt werden müssen. „Als nächsten Step könnte die Regierung prüfen, ob nicht die Zuständigkeit für weitere ausländerrechtliche Verfahren gebündelt werden könnten und so eine Entlastung auch für die Ausländerbehörden erreicht werden kann“, sagt Paal. Denn in der Vergangenheit gab es auch immer wieder Meldungen über Menschen, die legal als Fachkräfte bereits im Land arbeiten, aber dann Probleme bekamen, weil sie ihre Aufenthaltserlaubnis nicht verlängern konnten, da die Behörden aufgrund von Fachkräftemangel es nicht schafften, die Anträge abzuarbeiten.

Lesen Sie auch den Kommentar: Fachkräftemangel: Hausaufgaben für den Bund bleiben 

Fachkräfte aus der Türkei, Indien, Vietnam und den Westbalkanländern

Grundlage für eine qualifierte Zuwanderung mit Blick auf Engpassberufe ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2020. Besonders viele Menschen, die 2024 eine Erlaubnis für die Arbeit in Baden-Württemberg erhielten, kamen aus der Türkei. Weit vorne liegen auch Indien, Vietnam und die Westbalkan-Staaten. Die Menschen arbeiten in Gesundheits- und Pflegeberufen, im Lebensmittel- und Gastgewerbe, in Verkehrs- und Logistikberufen, auf dem Bau und als Erzieher.

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