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Studie

Lehrernachwuchs sieht sich schlecht für die Praxis gerüstet

Der Verband Bildung und Erziehung hat eine Umfrage zum Studium an Pädagogischen Hochschulen vorgestellt. Die künftigen Lehrer beklagen zu wenig und zu späte Praxisphasen und fühlen sich daher schlecht auf den Berufsalltag vorbereitet.
Kinder werfen Papierbälle in einem Klassenzimmer, Lehrerin wehrt sich ab.

Die Disziplin im Klassenzimmer aufrechtzuerhalten ist laut dem Verband BIldung und Erziehung oft schwieriger als früher.

imago/imagebroker)

Stuttgart. Nur vier von zehn Befragten sind mit ihrem Lehramtsstudium zufrieden.  Vier von fünf halten das Studium an den Pädagogischen Hochschulen im Südwesten für zu praxisfern. Das sind Ergebnisse einer umfangreichen und laut Landeschef Gerhard Brand repräsentativen Befragung seines Verbands Bildung und Erziehung (VBE) .

Erstmals hat auf Initiative der Jungen VBE und ihrer Leiterin Eva Maria Strittmatter im Frühjahr das Sinus-Institut eine solche Studie unter Studierenden durchgeführt. Aus Sicht von Brand und Strittmatter sind die Zahlen ernüchternd.

Die Praxisferne des Studiums und der Dozenten wird kritisiert

Zwei Drittel der Studierenden meinen, dass Praxisphasen früher beginnen sollten. „Das ist kein Plädoyer dafür, die Theorie zu reduzieren. Es ist ein Plädoyer dafür, Theorie und Praxis besser zu verzahnen“, sagt Brand.

Laut Strittmatter gibt es viele Möglichkeiten für den besseren Theorie-Praxis-Transfer: So etwa Plan- und Rollenspiele, Beratung durch Kollegen, Tagesfachpraktika, Blockpraktika und begleitete Praxissemester.

„Die Begleitung sollte stets durch praxiserfahrene Dozierende erfolgen, die eine Mindestanzahl an Jahren in der Schule gearbeitet haben“, so Strittmatter. Tatsächlich gebe es aber sogar Dozierende, sie selbst nie unterrichtet hätten. Mit der Betreuung durch die Lehrkräfte an den Schulen selbst zeigen sich dagegen rund zwei Drittel der angehenden Lehrerinnen und Lehrer zufrieden. Allerdings seien Tagespraktika abgeschafft und das Semesterpraktikum im Studium nach hinten verschoben worden.

„Auf viele weitere Herausforderungen des Schulalltags wie Elternarbeit, Umgang mit herausforderndem Verhalten, Stressmanagement und der Zusammenarbeit mit außerschulischen Akteuren wie dem Jugendamt sieht sich nur eine kleine Minderheit von vier bis 14 Prozent ausreichend vorbereitet“, sagt Strittmatter (siehe Grafik). Dabei sei all dies durch veränderte Rahmenbedingungen und zunehmende Heterogenität in den Schulklassen wichtiger denn je, sagt Brand.

Kurzum: Praxisphasen stärken, das Studium mehr auf die schulische ausrichten und die Schlüsselkompetenzen dafür besser ins Curriculum integrieren, so der Forderungskatalog des VBE-Vorsitzenden.

In einer ersten Reaktion versicherte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne), sich die Studie genau anschauen zu wollen. „Ich verstehe den Wunsch der Studierenden nach mehr Praxisbezug.“ Daher werde derzeit gerade ein dualer Lehramt-Master erprobt, bei auch Elemente aus dem Referendariat schon ins Studium integriert würden.

Beim VBE empfiehlt man einen Blick ins Nachbarland. Bayern habe erkannt, dass Studium und Lehrberuf für junge Menschen nur attraktiv sei, „ wenn sie sich umfassend auf die Anforderungen im Klassenzimmer vorbereitet sehen und die Sicherheit haben, im Berufsalltag stets professionell agieren zu können“, so Brand.

Daher werde dort mit dem „Masterplan Lehrkräftebildung“ vom Mai die Ausbildung praxisnäher gestaltet und nun auch das Schulstudium auf zehn Semester verlängert.

Laut VBE lässt sich von Bayern und anderen Ländern einiges lernen

Durch das zusätzliche Jahr könne man Praxisphasen besser ins Studium einbinden und im Grundschullehramt auf drei Fächer gehen, was die kleinen Fächer stütze. „Da sind uns die Bayern etwas voraus“. Das gelte in diesem Bereich sogar für 13 Länder. Außerdem würden in Bayern Inhalte stärker an die Schulen gekoppelt. So finde viel Seminararbeit an den Schulen selbst statt, Theorie und Praxis würden also stärker miteinander verzahnt.

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