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Medizinstudierende trainieren virtuell

Studierende der Medizin trainieren im virtuellen Schockraum der Universität Ulm, wie sie einen Notfall-Patient am besten fachgerecht versorgen.
Elvira Eberhardt/Universität Ulm)Ulm. An der Universität Ulm können Studierende Notfallsituationen ab sofort orts- und zeitunabhängig im virtuellen Schockraum trainieren. Die Medizinische Fakultät hat mit einer Firma eine 3-D-Kopie des realen Übungs-Schockraums im Trainingshospital TTU entwickelt, wie die Uni mitteilt. Mit jedem Training festigen Studierende ihre Fähigkeiten und gewinnen an Sicherheit im Umgang mit lebensbedrohlichen Notfällen.
Realitätsnahe virtuelle Übungsszenarien
„Team-Timeout!“, ruft Medizinstudent Jonas Mattig seinen Kommilitoninnen zu. Hinter ihren großen VR-Brillen sehen die Studierenden die komplett virtuelle Nachbildung eines Notaufnahme-Schockraums. Alle medizinischen Geräte stehen exakt dort, wo sie im echten Raum zu finden sind. Ein digitaler Patient liegt auf der Untersuchungsliege, die übrigen Teammitglieder treten als Avatare auf. Auf zwei großen Bildschirmen an den Wänden durchlaufen sie dasselbe Szenario; Tutoren geben parallel dazu Tipps und Ratschläge.
Die Simulation mit zwei 90-minütige Virtual-Reality-Sessions gehört zur regulären Ausbildung. „Mit diesem innovativen Lernsetting heben wir die realitätsnahe Ausbildung in der Medizin auf ein neues Niveau“, sagt Claudia Grab-Kroll, Leiterin des Geschäftsbereichs Studium und Lehre an der Medizinischen Fakultät. „Wir ergänzen und erweitern damit das Angebot unseres TTUs“, sagt Studiendekan Tobias Böckers.
Studentin Carmen Maier übernimmt in der Simulation die Rolle der Anästhesistin und versorgt einen verunfallten Motorradfahrer. „Ich bin froh, dass wir solche Notfallsituationen einüben und uns mit dem Stress realistisch vertraut machen können“, sagt sie. Ihre Kommilitonin Jutta Karmann fügt hinzu: „Wir können unser erlerntes Wissen praktisch anwenden, das ist toll.“ Beide betonen, wie sehr der enge Zeitdruck und die komplexen Abläufe der Stressrealität im echten Klinikalltag gleichen.
Die digitale Lehre gehört zur Zukunft der Medizin
Drei Jahre dauerten Entwicklung und Feinabstimmung des virtuellen Schockraums. Das Kompetenzzentrum eEducation in der Medizin initiierte das Projekt an der Fakultät, die Umsetzung übernahm das Softwareunternehmen TriCAT. „Die Universität Ulm setzt mit diesem Projekt neue Maßstäbe in der digitalen Lehre und Medizindidaktik“, betont deren CEO Markus Herkersdorf. Ein so umfassend virtualisierter Schockraum ist bisher einzigartig.
Studierende üben Behandlungsabläufe, Teamwork und Entscheidungen zu Diagnose, Therapie und Pflege. „Fehler sind dabei ausdrücklich erlaubt und sogar erwünscht“, sagt Tutor Felix Groß, der im 10. Semester ist und das Projekt begleitet hat. Er gibt persönliches Feedback, damit jeder sein Können kontinuierlich verbessern kann. Der große Vorteil: Eine deutlich höhere Zahl Studierender kann verschiedene Notfallszenarien durchspielen und Routine gewinnen.
Das Land förderte das Projekt mit bisher rund 70.000 Euro. Universitätspräsident Michael Weber und Medizin-Dekan Thomas Wirth betrachten dies als weiteren Schritt zu mehr Digitalisierung und KI-Einsatz in der medizinischen Ausbildung.
„Ich würde gerne noch öfter und auch früher im Studium an solchen virtuellen Übungsszenarien trainieren. So kann ich mich besser auf Notfälle vorbereiten, die in der Realität selten vorkommen und deshalb kaum geübt werden können. Das gibt mir Sicherheit“, sagt Jutta Karmann nach Abschluss einer VR-Session. Die Zukunft der Notfallmedizin beginnt – im digitalen Spannungsfeld zwischen Simulation und Realität.