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Grün-Schwarz ringt um Sofortprogramm

Das Umweltministerium hat bereits im Haushalt mit Fördermitteln reagiert. Unter anderem werden die Energieagenturen finanziell und personell gestärkt. Sie beraten etwa Hausbesitzer beim Bau von Photovoltaikanlagen oder einem Heizungswechsel. Foto: imago/Jochen Tack
IMAGO/Jochen Tack)Wie ist der Stand beim Klimaschutz?
Auf den ersten Blick sahen die Zahlen, die Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) im vergangenen Sommer vorgelegt hat, nicht schlecht aus: Im Jahr 2023 waren es 12,9 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als im Jahr zuvor. Damit hatte das Land 2023 die niedrigsten Treibhausgasemissionen seit 1990 erreicht. „Trotz dieses signifikanten Fortschritts droht eine Verfehlung der Klimaziele 2030“, sagt die Vorsitzende des Klima-Sachverständigenrats, Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Stuttgart.
Denn ein Teil der Treibhausgaseinsparungen sind nicht dauerhaft und strukturell angelegt. So etwa sind CO 2 -Einsparungen auf konjunkturelle Produktionsrückgänge, hohe Energiepreise und milde Witterung zurückzuführen. Schmidts Fazit bei der Bewertung der Zahlen: „Nicht alle Sektoren liefern, wir benötigen ein höheres Umsetzungstempo und weitere wirkmächtige Maßnahmen.“ Das machte sie bereits im Oktober deutlich, als der Sachverständigenrat seinen Bericht vorgelegt hat. Die Forderung der Fachleute: ein Sofortprogramm.
Denn bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgasemissionen nach den Landeszielen verglichen mit 1990 um 65 Prozent gesunken sein. Bislang ist davon noch nicht mal die Hälfte davon geschafft. Und es bleiben nur noch wenige Jahre.
Wo läuft es besonders schlecht?
G anz schlecht steht der Verkehrssektor da. Dort sind die Treibhausgasemissionen sogar im Vergleich zu 1990 um 0,3 Prozent gestiegen. Auch wenn der Sachverständigenrat anerkennt, dass intensiv daran gearbeitet wird, die Klimaschutzziele zu erreichen. Das Verkehrsministerium macht derzeit Ziele und Fortschritte auf einer Internetplattform deutlich, die alle drei Monate aktualisiert wird. Ein weiteres Sorgenkind bleibt auch der Gebäudesektor. Hier müssen neue Maßnahmen konzipiert werden, so eine Forderung der Fachleute.
Wie geht es nun weiter?
Der Sachverständigenrat sieht so deutliche Abweichungen von den Zielen für 2030, dass er ein Sofortprogramm gefordert hat. Das Umweltministerium schließt sich dieser wissenschaftlich begründeten Haltung an, sagt ein Ministeriumssprecher. Es sei eine entsprechende Kabinettsvorlage erstellt worden. Diese befindet sich noch in der Abstimmung zwischen den Ministerien. Und dort wird derzeit noch darum gerungen, ob die Zielverfehlung tatsächlich so groß ist, dass ein solches Sofortprogramm notwendig wird.
Wie geht es nun weiter?
„Klimaschutz ist Förderung von Innovation. Genau darin liegt die Chance einer Nachsteuerung wie sie der Klimasachverständigenrat einfordert“, sagt Umweltministerin Thekla Walker (Grüne). Ihr Ministerium hat auch entsprechend reagiert und im Haushalt entsprechende Gelder für Fördermittel eingestellt. Damit wird die Wasserstoff-Infrastruktur gefördert, die Energieagenturen gestärkt, um etwa Kommunen bei Wärmenetzen zu beraten oder Hausbesitzer beim Bau von Solaranlagen und klimaneutralen Heizsystemen. Weitere Mittel stärken Programme für den kommunalen Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel. Unternehmen können Gelder erhalten, wenn sie technisch anspruchsvolle spezifische Maßnahmen für die Dekarbonisierung ihres Betriebs umsetzen wollen.
Walker ist überzeugt: „Hände in den Schoß legen tut uns in keinem Bereich gut.“ Als Landesregierung „sollten wir den Projektionsbericht als Weckruf verstehen, um unseren Standort weiter zu modernisieren“, sagt sie. Wie es nun mit dem geplanten Sofortprogramm weitergeht, hängt davon ab, ob und wann das Kabinett sich darauf verständigt.
Expertenrat fürchtet sinkende Aufmerksamkeit für Klimaschutz | Staatsanzeiger BW
Was im Gesetz steht
Nach dem Klimaschutzgesetz soll bei einer gravierenden Verfehlung der Klimaschutzziele ein Sofortprogramm aufgestellt werden. Ob und in welchen Fällen diese tatsächlich vorliegt ist nicht näher definiert. Darüber entscheidet die Landesregierung. Wenn sie nach einer Abstimmung zwischen den Ministerien im Kabinett eine solche Zielverfehlung feststellt, dann beginnt eine Frist von vier Monaten, in denen entsprechende Sofortmaßnahmen ergriffen werden müssen.