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Stephan Saalow weiß, wie man mit Kampfstoffen umgeht

Oberst Stephan Saalow führt das ABC-Abwehrkommando der Bundeswehr in Bruchsal.
Bundeswehr/ Ines Schröder)Stephan Saalow ist in der Bruchsalstraße in Lübeck aufgewachsen. Als Bub habe er im Diercke Weltatlas nachgeschaut, wo Bruchsal ist. Ganz weit links unten, Seite 3. Ein frühes Omen? Schließlich ist der Oberst nun bereits zum vierten Mal in Bruchsal stationiert. Er führt dort seit über drei Jahren das ABC-Abwehrkommando der Bundeswehr mit gut 3000 Soldaten und Zivilisten, verteilt auf mehrere Standorte. Wie er auf die Idee kam, nach dem Abi zur Bundeswehr zu gehen, um sich atomaren, biologischen und chemischen Substanzen auszusetzen? Die Naturwissenschaften haben ihn schon immer gereizt. Seine Leistungskurse: Bio und Chemie. Und sein Vater war Soldat bei der Luftwaffe und zugleich ABC-Gerätemechaniker. Daher war er öfter im bayerischen Sonthofen in Ausbildung. Da wollte Saalow Junior später auch einmal hin. Eingezogen wurde er aber nach Emden, Ostfriesland, in die ABC-Abwehrkompanie.
Danach ging es nach Albersdorf zur ABC-Abwehrkompanie 1. Er wollte bei der Bundeswehr Chemie studieren, doch die Studienplätze waren vergeben, und so studierte er an der Bundeswehruniversität in Hamburg Betriebswirtschaftslehre. Danach ging es zurück nach Albersdorf. Noch als Zeitsoldat wurde er erster „Westchef“ in einer ehemaligen NVA-Kompanie in Bad Düben, später das ABC-Abwehrbataillon 705. „Eine klasse Zeit.“ Das Bataillon wurde geschlossen. Von neun auf zwei Bataillone wurde die ABC-Abwehr reduziert. Heute wächst sie wieder auf. „Aufbauen ist schwieriger als abbauen. Wir schauen, wo Schwerpunkte sind, priorisieren nach Bedrohung.“ Die Empfehlungen gehen an die operativen Führungskommandos, die entscheiden, welche Einheiten ABC-Unterstützung brauchen. Gerade etwa die Brigade 45 in Litauen, die „ganz vorne ist und früh bedroht sein kann“.
Nur durch einen Zufall kam Saalow 1994 doch nach Sonthofen. Ein Kamerad, der versetzt hätte werden sollen, verliebte sich im Norden. Saalow tauschte und ging für ihn nach Bayern. Ob Saalow damals auch schon verliebt war, lässt er offen, jedenfalls heiratete er 1998 eine Berlinerin. Seit 27 Jahren begleitet sie ihn überallhin, etwa nach Calw, wo er beim Kommando Spezialkräfte war, aber auch nach Frankreich, in die USA und zwei Mal nach Belgien.
Was ihn an seinem riskanten Job reizt? „Die ABC-Abwehr ist etwas Besonderes, eben weil die Bedrohung, mit der wir uns beschäftigen, groß ist“. Aber wenn es darauf ankomme, sei es doch gut, wenn man sich damit beschäftigt habe. Wer sich für so einen Job entscheide, sei auf jeden Fall mit Leidenschaft dabei. Die Rahmenbedingungen sind heute andere als im Kalten Krieg, genauso die Kampfstoffe. „Wer in Litauen steht, hat diese Gefährdung anders präsent. Das macht was mit den Kameraden.“
Er gibt auch mal den „Erklärbären“, wobei das nüchterne, militärische Erklären von Rahmenbedingungen oft dazu führe, dass Menschen es falsch verstehen, falsch verstehen wollen oder in Panik geraten. Ein schmaler Grat. „Angst sollten wir nicht haben, aber Sorgen sollten wir uns schon machen, vor allem dann, wenn wir nichts tun.“ Saalow ist ein Freund klarer Worte.
Auch in seiner Freizeit trägt er öfter eine Maske, er taucht. Mit seiner Frau bereist er die Welt. Er habe viel noch nicht gesehen. Obwohl er auch auf vielen Auslandeinsätzen war, auf dem Balkan, in Afghanistan, Dschibuti, Somalia und im Sudan, fast 1000 Einsatztage hat er auf dem Konto.
Drei Fragen…
Was treibt Sie um?
Die steigende Bedrohungslage und die höhere Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen.
Würden Sie wieder zur Bundeswehr?
Sofort. Ich habe einen der schönsten Berufe. Er bringt einen früh in die Verantwortung und man lernt, zu seinen Entscheidungen zu stehen – auch zu denen über Leben und Tod.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Frieden.