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Steuern zu senken, reicht nicht

Zwei Jahre Rezession haben die Liquiditätsreserven vieler Unternehmen aufgebraucht.
Wolfgang Leja)Bundesweit fast 5900 Unternehmensinsolvenzen melden die Amtsgerichte allein für das erste Quartal 2025. Der höchste Wert seit elf Jahren. Ein lauter Weckruf für unseren Wirtschaftsstandort. Zwei Jahre Rezession graben den Unternehmen die Liquidität ab. Jetzt muss der versprochene Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik kommen. Aber reicht das von der Bundesregierung beschlossene Entlastungspaket dafür aus? Zweifel sind angebracht.
Die Bundesregierung summiert die Entlastungen für Unternehmen bis 2029 auf fast 46 Milliarden Euro. Im ersten Schritt soll ein „Investitions-Booster“ kommen. Damit sind schnellere Abschreibungen von 30 Prozent pro Jahr für Ausrüstungsinvestitionen möglich. Dies soll bereits für Anschaffungen ab dem 1. Juli 2025 gelten – und wird zu Recht allseits begrüßt.
Auch die Körperschaftsteuer soll sinken. Allerdings erst ab 2028. Dann soll sie in fünf Schritten jedes Jahr um ein Prozent gekappt werden, und zwar von 15 auf 10 Prozent. Damit würde die Gesamtsteuerbelastung ab 2032 auf knapp 25 Prozent fallen, aktuell steht sie bei knapp 30 Prozent. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt liegt sie bei nur 21 Prozent. Sinkende Steuern senden ein wichtiges Signal für den Standort Deutschland. Nur: Sie kommen deutlich zu spät. Im dritten Rezessionsjahr in Folge wäre mehr Mut gefragt.
Das Paket bringt vor allem für investierende, wachstumsorientierte Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften und GmbHs steuerliche Vorteile. Sie profitieren von der Senkung der Körperschaftsteuer. Personengesellschaften und Einzelunternehmen, wie sie etwa im Handwerk üblich sind, profitieren davon nicht. Allerdings sind auch für sie Erleichterungen geplant. Mit der schrittweisen Absenkung des Körperschaftsteuersatzes ab dem Jahr 2028 soll korrespondierend dazu auch der Steuersatz für einbehaltene Gewinne für kleine Unternehmen gesenkt werden. Das ist wichtig für den Südwesten als Mittelstandsland.
Allein die Steuersenkungen und beschleunigten Abschreibungen werden die konjunkturelle Wende kaum herbeiführen. Die Maßnahmen bleiben ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn nicht weitere Schritte zügig folgen. Um die Wirtschaft in Deutschland anzukurbeln und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, muss die Politik einen weit größeren Anlauf nehmen: Bürokratie abbauen, Energie- und Lohnnebenkosten senken, Innovationskraft, Digitalisierung und den Kapitalmarkt stärken. Obendrein bedarf es einer Investitionsoffensive für die marode Infrastruktur. Allzu viel ist in den vergangenen Jahren liegen geblieben – umso dringlicher ist es jetzt, entschlossen zu handeln und die wirtschaftspolitischen Weichen neu zu stellen.