Landesparteitag der CDU

Strobls Botschaft an die CDU: Niemals mit Nazis!

Nach 18 Jahren an der Spitze der CDU tritt Thomas Strobl ab. Zum Abschied appelliert er an seine Partei, sich klar von der AfD abzugrenzen: "Es kommt auf die Haltung an." Aber auch die FDP bekommt ihr Fett weg. Am Ende gibt es Standing Ovations der Basis.

Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg und scheidender Vorsitzender der CDU Baden-Württemberg, spricht zu Beginn des Landesparteitags der CDU Baden-Württemberg. Nach dem angekündigten Rückzug von Thomas Strobl will Manuel Hagel für den Landesvorsitz kandidieren.

Bernd Weißbrod)

Reutlingen. Da steht er nun, nach 18 Jahren als Generalsekretär und Landesvorsitzender. Jackett und Krawatte in Beigetönen, die Haare wie immer akkurat gescheitelt. Erinnert sich, wie er in den „70er Jahren des vorigen Jahrhunderts“ in die Junge Union eingetreten ist. „Weil uns die linken Lehrer am Robert-Mayer-Gymnasium in Heilbronn auf den Sack gingen“, sagt der 63-jährige Innenminister. Dass er einmal Vize-Ministerpräsident und Landesvorsitzender werden würde, hätte er sich damals nicht erträumt.

Nun schließt sich der Kreis in der Reutlinger Stadthalle, wo die CDU ihren Landesparteitag abhält. Dass ihm der Abschied nicht leicht fällt – und auch nicht immer ganz freiwillig vonstatten ging – lässt sich allenfalls im Ansatz erahnen. Im Gegenteil, als er die Gründe aufführt, warum er auf den Landesvorsitz verzichtet, nennt er neben der „guten Formation“ in der Landespartei und der stabilen grün-schwarzen Regierung – „den Manuel“.

Der Stabwechsel zu Hagel wird eingeleitet

Er meint den Landtags-Fraktionschef Manuel Hagel (35), den er selbst einst als jüngsten Generalsekretär der Landespartei jemals vorgestellt hat. „Ich bin überzeugt, dass er auch als Landesvorsitzender einen exzellenten Job macht“, sagt Strobl unter lautem Beifall, „er hat bewiesen, dass er Landespolitik kann und gute Ideen hat“. Er wünscht ihm „Alles Gute, viel Glück und Gottes Segen“.

Eine Botschaft will Strobl aber „seiner“ Partei mitgeben. Auch weil er weiß. dass es an der Basis durchaus Stimmen gibt, wo die Brandmauer gegen die AfD nicht immer ganz stabil steht. Strobl erinnert an Eugen Bolz, den württembergischen Zentrumspolitiker, der 1933 im Reichstag dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt hat – und später von den Nationalsozialisten ermordet wurde. „Ich weiß nicht, worunter er mehr gelitten hat“, sagt Strobl, „unter der Folter der Nazis, oder unter den furchtbaren Gewissensbissen“.

Strobl sorgt sich um die Demokratie

Für die CDU könne es daraus nur eine Konsequenz geben: „Niemals mit Nazis.“ Damit ist er sich mit seinem Nachfolger einig, der bekanntlich einmal erklärt hat, „nicht mal einen Espresso“ mit AfD-Politikern zu trinken.

Strobl hat eine Botschaft – er erinnert, wie verletzlich die Demokratie ist, mit Blick auf Nahost und die Ukraine. Und Strobl blickt zurück. Wie er 2011 die Partei als Generalsekretär übernahm, nach der Niederlage, nach 58 Jahren der Machtverlust. Wie man dann für Stuttgart 21 kämpfte – und den Volksentscheid dafür gewann. „Wir waren die einzige Partei, die ohne Wenn und Aber zu dem Projekt gestanden ist“, erinnerte Strobl.

Wie er die Partei 2016 zurück in die Regierung führte, und seither stabil mit den Grünen regiert. Und er freute sich über den jüngsten Sieg bei der OB-Wahl in Mannheim – und für Ulm wünscht er dem CDU-Amtsinhaber Gunter Czisch alles Gute. Und Strobl teilt einen Seitenhieb gegen die FDP aus, der er weitgehend in Abneigung verbunden ist. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den zweckentfremdeten Corona-Milliarden sagt er: „Die FDP braucht in Sachen solider Haushaltsführung niemanden mehr zu belehren.“

Eine Reportage zum Machtwechsel lesen Sie hier.

Strobl wird persönlich – und erhält Standing Ovations

Besonders authentisch ist Strobl, wenn er persönlich zurückblickt. Er dankt für die Unterstützung und sagt: „Ihr habt es mir manchmal nicht leicht gemacht. Ich euch auch nicht immer. Manchmal auch lustvoll und absichtlich, ich auch.“ Aber das Positive überwiegt, er bedankt sich. Und dann ist es so weit. Ein unwirklicher Moment, aber nach 18 Jahren zieht er sich aus der Parteispitze zurück. „Ich melde mich ab, trete zurück, reihe mich in die Mannschaft ein.“ Die Regierungsarbeit koordiniert er weiter. „Gott befohlen, Glück auf!“, sagt er am Ende seiner Rede.

Der Saal erhebt sich, minutenlang gibt es Standing Ovations – der Respekt vor der Arbeit ist greifbar. Auch weil Strobl immer da war, wenn die Partei in der Krise war, aber nie Spitzenkandidat werden durfte. Jetzt überwiegt die Dankbarkeit. Einen Handschlag oder eine Umarmung mit Hagel gibt es nicht – nicht an dieser Stelle zumindest.

Nina Warken soll neue Generalsekretärin werden

Am Nachmittag geht es weiter – der Bundesvorsitzende Friedrich Merz wird gegen 14 Uhr erwartet. Und Manuel Hagel will offiziell gewählt werden und eine viel erwartete Antrittsrede halten. Auch der Landesvorstand wird neu gewählt, die Zahl der Stellvertreter soll auf vier erhöht werden, Bauministerin Nicole Razavi rückt nach.

Und es wird wohl eine neue Generalsekretärin geben, Hagel wird, wie zu hören ist, Nina Warken als Nachfolgerin von Isabell Huber vorschlagen.

Aber das ist Zukunft, dieser eine Moment des Abschieds, des Respekts, er gehört Thomas Strobl

Rafael Binkowski

Chefredakteur des Staatsanzeigers

0711 66601 - 293

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