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Straßenverkehrsrecht

Tempo 30: Konsens überraschend gescheitert

Monatelang haben Bund und Länder um eine Stärkung kommunaler Gestaltungsmöglichkeiten im Straßenverkehrsrecht gerungen. Der Konsens ist im Bundesrat nun dennoch gescheitert. Verkehrsminister Winfried Hermann ist "stinksauer". 

Bund und Länder haben monatelang über eine Stärkung der kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten im Straßenverkehrsrecht gerungen.

picture/alliance/dpa/Franziska Kraufmann)

Stuttgart. Der Städtetag Baden-Württemberg stärkt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) den Rücken in seinem Bemühen um mehr kommunalen Gestaltungsspielraum im Straßenverkehrsrecht . „Wir hatten gehofft, dass die Entscheidungsbefugnis über Geschwindigkeitsregelungen dahin übertragen wird, wo sie hingehört, nämlich an die Kommunen“, bekennt Ralf Broß , Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags in Stuttgart. Auf Druck der CDU hatte die Landesregierung entscheidenden Änderungen im Bundesrat nicht zustimmen können. „Wir erwarten nun“, so Broß weiter, „dass der Vermittlungsausschuss eine Lösung finden wird, um den Kommunen diese Entscheidungsfreiheit im Straßenverkehrsgesetz zu übertragen, die ihnen die Möglichkeit gibt, maßgeschneiderte Regeln für ihre lokalen Bedürfnisse zu finden und umzusetzen.“

Über Zebrastreifen könnte unbürokratischer entschieden werden, über Tempo 30 oder 40, über Anwohnerparkplätze, über verkehrsberuhigte Zonen, etwa vor Kindergärten, aber auch über mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz. Monatelang ist zwischen Bund und Länder um eine Stärkung der Entscheidungsgewalt vor Ort gerungen worden. Der Konsens, abgestimmt auch mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) parteiübergreifend unter den Fachpolitiker, ist im Bundesrat dennoch gescheitert. Er sei „stinkesauer“ bekennt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der sich auf Druck des Koalitionspartners bei der entscheidenden Abstimmung in der Länderkammer enthalten musste.

Innenministerium argumentiert mit der Verkehrssicherheit

Das von Thomas Strobl (CDU) geführte Innenministerium argumentiert mit der Verkehrssicherheit und der Notwendigkeiten von Nachverhandlungen im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat. Belange des Gesundheits-, des Umwelt- und die Klimaschutzes sollten jene der Verkehrssicherheit gleichgestellt. Letzterem müsse aber weiterhin ein Vorrang eingeräumt bleiben. Erwartet werde „eine ausgewogene Lösung“ im Vermittlungsausschuss, weil solche zu finden „der Vermittlungsausschuss in jahrzehntelanger Praxis unter Beweis gestellt“.

Christian Jung, der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion pocht dagegen darauf, dass ein Kompromiss durch die Vorarbeit der parteiübergreifenden Verkehrsministerkonferenz bereits vorgelegen habe. Es dränge sich der Verdacht auf, dass CDU-Regierungen die Reform gestoppt hätten. Mit einer Ausnahme: Schwarz-Grün aus Schleswig-Holstein stimmte zu. Im Kieler Koalitionsvertrag ist festgeschrieben, das Verhalten im Bundesrat „an den Interessen des Landes zu orientieren“. Im baden-württembergischen versprechen Grüne und CDU „in der Regel eine Positionierung des Landes herbeiführen“. Enthaltungen solle „es nur noch in Ausnahmefällen geben“.

Mehr als tausend Kommunen haben sich in Initiative zusammengeschlossen

Auf die Verlagerung der Kompetenzen drängt bereits seit längerem auch die ebenfalls parteiübergreifende Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ . Mehr als tausend Kommunen, in denen rund 40 Millionen Bürger leben, haben sich bundesweit zusammengefunden, um für die Verlagerung der Entscheidungskompetenz und für „ein stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau“ zu kämpfen. Verwiesen wird auf das Bundesverfassungsgericht. Das habe, „einen klaren Handlungsauftrag an den Bund formuliert, er müsse so rasch wie möglich alle zur Verfügung stehenden rechtlichen Maßnahmen ergreifen, um auch die Mobilitäts- und Verkehrswende voranzutreiben“. Gerade niedrigere innerörtliche Höchstgeschwindigkeiten seien „zentrales Element einer Stadtverkehrspolitik, die die Nutzung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes stärken und damit auch die klimaschädlichen Auswirkungen des Autoverkehrs verringern will“.

Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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