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Forschungszentrum Ulm

Ulmer Wissenschaftler suchen Alternative für Tierversuche

Ein neues 3R-Forschungszentrum an der Universität Ulm nimmt offiziell die Arbeit auf. Die drei R stehen für Replace, Reduce, Refine - und das Ziel ist es, Tierversuche möglichst zu ersetzen, zu reduzieren oder Tierwohlverträglicher durchzuführen. Ulmer Wissenschaftler plädieren dabei aber auch für Realismus und weniger Bürokratie.
Maus auf Glasrand, Hand in Handschuh hält das Glas.

Fast drei Viertel der Versuchstiere in Deutschland finden an Mäusen statt. Unter anderem, weil sich Herz-Kreislauf-Systeme von Maus und Mensch sehr ähneln.

imago/Westend61)

Ulm. Aller guten Dinge sind drei, sagt das Sprichwort. Als Richtschnur und ethische Leitlinie bei Tierversuchen ist mittlerweile das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine) auch gesetzlich verankert. Es gilt also, solche Versuche möglichst zu ersetzen, ansonsten ihre Zahl zu reduzieren oder zumindest die Bedingungen für die Tiere zu verbessern.

Das neue 3R-Zentrum an der Universität Ulm hat nun offiziell seine Arbeit aufgenommen und will Ersatzmethoden für Tierversuche systematisch vorantreiben. Kern des integrativen Zentrums sind ein Refinement-Labor für Tumor- und Traumaforschung, die Weiterentwicklung von Stammzell- und Organoid-Technologien für die personalisierte Medizin sowie eine Biobank zum Austausch von tierischem Gewebe, um Versuche zu reduzieren.

Forscher warnt vor überzogener Bürokratie bei der Genehmigung

Michael Weber, der Präsident der Universität Ulm, betonte: „Wir stellen sicher, dass exzellente Wissenschaft und verantwortungsbewusste Forschung Hand in Hand gehen.“

Das neue Zentrum ist Teil des landesweiten 3R-Netzwerks Baden-Württemberg, das seit 2020 existiert. Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) nannte Ulm einen „starken biomedizinischen Partner“ und hob die Bedeutung moderner Organoid- und Stammzellansätze hervor. Das Land fördert den Standort mit 150 000 Euro über drei Jahre; die Universität und die Medizinische Fakultät steuern Personal- und Sachmittel bei. Dekan Thomas Wirth sprach sich allerdings für eine realistische Erwartungshaltung aus: „Wir brauchen für komplexe Fragestellungen derzeit noch Tierversuche – aber je mehr wir ersetzen können, desto besser.“

Professor Jan Tuckermann ist einer der drei Sprecher des 3R-Zentrums und Leiter des Instituts für Molekulare Endokrinologie und Physiologie. Auch er wies auf den Balanceakt zwischen Innovation und Realität hin: „Für richtungsweisende Entdeckungen sind wir noch auf Tiermodelle angewiesen.“ Zugleich warnte er vor überzogener Bürokratie: „In der Konsequenz werden Tierversuche im Ausland unter einfacheren Regularien durchgeführt.“

Klar umrissen formulierte Tuckermann die zentrale Aufgabe des Zentrums: „Solange Tiere für die Forschung eingesetzt werden, ist unsere Aufgabe im 3R-Zentrum, die verschiedenen Forschungsansätze besser zu verzahnen, um die Anzahl von verwendeten Tieren zu reduzieren und das Wohlergehen der noch notwendigen Tiere zu optimieren.“

Baden-Württemberg setzt sich schon lange für das 3R-Prinzip ein

Beim Auftaktsymposium diskutierten Forschende unter anderem Organoid-Modelle aus Patientenstammzellen für Blasenkrebs. Außerdem ging es um optimierte Studiendesigns zur Reduktion von Tierversuchen sowie die Rolle der 3R-Prinzipien in der translationalen Traumaforschung.

Seit Anfang des Jahres sind am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und an der Hochschule Furtwangen ebenfalls neue 3R-Zentren im Aufbau. Seit dem Jahr 2020 hat das Wissenschaftsministerium die Etablierung eines landesweiten 3R-Netzwerks mit insgesamt rund 6,8 Millionen Euro gefördert.

Das Land Baden-Württemberg setzt sich schon seit den Zeiten von Ministerin Olschowskis Vorgängerin im Amt, Theresia Bauer (Grüne), stark dafür ein, Tierversuche einzudämmen. So hat Bauer etwa im Jahr 2016 vier Projekte zur Ersetzung von Tierversuchen mit 400 000 Euro unterstützt.

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