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Kommunalpolitik

Warum Städte und Gemeinden unter Stress stehen

Flüchtlinge, Digitalisierung, Personalmangel - die Kommunen sind in einer Dauerkrise. Sie müssen vieles ausbaden, was anderswo entschieden wird. Manche Probleme sind aber auch hausgemacht.

Steffen Jäger, der Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg, mahnt schon länger die Notlage der Kommunen an.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Für die Landkreis- und Rathauschefs kommt es in diesem Herbst knüppeldick. Die hohe Zahl an Flüchtlingen setzt die Verwaltungen unter Stress. Sobald Turnhallen belegt werden müssen, spüren es die Bürger persönlich. Gutes kommunales Krisenmanagement ist gefragt.

Doch die Herausforderungen sind vielfältiger, wenn jetzt im Herbst die Haushalte verabschiedet werden. Zum Glück schlägt sich die Krise aufgrund der Umlagefinanzierung erst mit Zeitverzögerung nieder. Noch sind Handlungsspielräume vorhanden. Dennoch ist das – eigentlich zur politischen Tradition im Land gehörende – Klagen der kommunalen Spitzenverbände diesmal noch mehr berechtigt als sonst.

Die Gelder müssen fair verteilt werden

Es muss einen fairen finanziellen Ausgleich für die Sonderbelastungen geben. Vor Ort, in den Rathäusern und Landratsämtern, wird Politik konkret. Die Flüchtlinge tauchen nicht vor Ministerien oder Parlamenten auf, sondern kommen am Bahnhof an und benötigen Unterkünfte.

Aber auch andere politische Probleme schlagen vor Ort auf. Beim umstrittenen Gebäude-Energiegesetz der Bundesregierung ist der Schwarze Peter an die Kommunen weitergereicht worden, die jetzt bitteschön eine kommunale Wärmeplanung vorlegen müssen. Und wenn sie wie in Baden-Württemberg dies schon vorbeugend getan haben, fragen jetzt besorgte Bürger an, ob und wann denn Fernwärme kommt. Und ob sie ihre Heizung austauschen müssen.

Die Bürger erwarten Service digital und offline

Und dann soll noch alles möglichst unbürokratisch und digital ablaufen, die Glasfaserinfrastruktur für schnelles Internet soll ausgebaut werden – die Anforderungen häufen sich. Während man sich immer schwerer damit tut, überhaupt noch Personal zu finden. In den Kindergärten fehlen Erzieherinnen, aber auch der Bauhof hat keine Fahrer, und die klassische Verwaltung leidet ebenfalls unter Mangel.

Nicht alles indes ist von oben bestimmt. Manche Krisen sind auch hausgemacht. Digitale Verwaltungsleistungen sind immer noch für viele Themen ein Fremdwort. Das Chaos an der Stuttgarter Ausländerbehörde ist schlicht Missmanagement. Wie durch ein Wunder sind die Schlangen verschwunden, die es sogar bis ins ZDF-Heute-Journal geschafft haben, weil man sich jetzt digital anmelden kann. Dagegen hatte man sich mit Händen und Füßen gewehrt. Das sollte bitte auch auf die Bürgerämter ausgedehnt werden, vor denen selbst in Stadtteilen Security stehen muss – solche Zustände sind untragbar und nicht nur mit dem Mangel an Personal begründbar.

Dennoch bleiben die Herausforderungen groß. Bleiben die Kreisumlagen stabil? Diese Frage wird die Kreistage nun intensiv beschäftigen. Bleibt zu hoffen, dass 2024 die Krise abflaut – und nach Corona und Ukraine-Krieg auch hier endlich mal wieder Normalzustand herrscht.

Rafael Binkowski

Chefredakteur des Staatsanzeigers

0711 66601 - 293

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