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Qualitätsjournalismus: Es geht um die Freiheit und die Demokratie

Rafael Binkowski, Chefredakteur des Staatsanzeigers, leitet die Diskussion im Stuttgarter Kammertheater.
Achim Zweygarth)Karl-Rudolf Korte muss nur an seine Enkel denken. Dann sind alle Sorgen vergessen. Okay, früher dachten sie, dass man über den Fernseher wischen kann wie über das Display eines Smartphones. Doch dann wuchs ihre Medienkompetenz. Und inzwischen wechseln sie so selbstverständlich zwischen den sozialen und den klassischen Medien, dass sich der 67-jährige Politologe aus Hagen keine Sorgen um die Zukunft des Journalismus macht.
Es ist ein versöhnliches Ende eines Abends, bei dem man viel über das Selbstverständnis gestandener Journalisten erfährt, über die „gute alte Zeit“ des Zeitungsmachens, aber auch über Zukunftsängste, die ja alles andere als irreal sind. Man schaue sich nur die Zeitungslandschaft der schwäbischen Landeshauptstadt an, wo keiner weiß, wie es weitergeht, nachdem die beiden heimischen Blätter von der Ulmer Konkurrenz gekauft wurden.
Dabei herrscht an diesem Montagabend auf der Bühne des Stuttgarter Kammertheaters Konsens, dass die Menschen auch in Zukunft Qualitätsjournalismus brauchen. Eingeladen haben die Baden-Württemberg Stiftung und der Staatsanzeiger. Korte bezeichnet Journalismus als demokratierelevant und ergänzt: „Die Qualität von Öffentlichkeit bestimmt die Qualität unserer Freiheit.“
Soll der Staat Journalismus subventionieren?
Auch darüber, was eigentlich Qualitätsjournalismus ist, sind sich die fünf Experten, die unter der Leitung von Staatsanzeiger-Chefredakteur Rafael Binkowski debattieren, einig. Er ist faktenbasiert, unaufgeregt und lässt sich nicht – oder zumindest nicht nur – von Klickzahlen leiten.
Doch woher soll das Geld dafür kommen? Schließlich gehen den Zeitungen die Abonnenten abhanden. Soll der Staat den Journalismus subventionieren? Rüdiger Soldt, der seit 20 Jahren für die Frankfurter Allgemeine aus Stuttgart berichtet, hält davon nichts. Die Zeitungen müssten sich neue Geschäftsmodelle suchen.
Und nicht nur die Auflagen fallen, der Ruf bröckelt ebenfalls. Ihr Physiotherapeut habe ihr mal gesagt, berichtet Helene Bubrowski von der Berliner Online-Publikation Table Media: „Sie haben Jura studiert, aber jetzt Journalistin, dann wahrscheinlich nicht zu Ende studiert.“ So weit ist es also schon gekommen.
Dazu kommt, dass Journalisten eher links zu sein pflegen, jedenfalls linker als ihre Leser. 40 Prozent Grüne, ein Prozent FDP-Sympathisanten, Anteil der AfD-Anhänger nicht messbar, so eine Umfrage der Uni Dortmund. Auch in der Hinsicht hat Bubrowski eine Idee, allerdings eine, die nicht jedem Verleger gefallen dürfte. Wenn man Journalismus besser bezahlen würde, könnten auch „mehr auf materielles Vorankommen ausgerichtete Menschen“ Gefallen daran finden und nicht nur linke Idealisten.
Wenn man allen gerecht wird, ob Mann oder Frau, alt oder jung, Stadt oder Dorf
Rüdiger Soldt wiederum beobachtet, dass selbst sein Blatt, das immer als Flaggschiff des Konservatismus‘ galt, sich des Vorwurfs erwehren muss, linksgrün versifft zu sein, wenn es mal die Grünen lobt.
Und was ist mit den Öffentlich-Rechtlichen? Eine Insel der Seligen? Von einer Rundfunkgebühr würde so mancher Zeitungsverleger träumen. Doch Franziska Roth, Chefredakteurin des SWR, berichtet auch von Problemen. Die Reichweite. Und der Anspruch, allen, ob Mann oder Frau, alt oder jung, Dorf oder Stadt, gerecht zu werden.