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Strategiepapier des Kultusministeriums

Wie digital sollen die Schulen sein?

Das Kultusministerium hat ein Strategiepapier "Bildung für das 21. Jahrhundert" erarbeitet. Im Konzept wird auch der Erwerb digitaler Kompetenzen und der Einsatz von KI im Unterricht erörtert. Es wird nun im Kabinett beraten und der Öffentlichkeit vorgestellt.

Das Kabinett berät ein 30-seitiges Strategiepapier zum Thema „Bildung für das 21. Jahrhundert“.

dpa/ Zoonar | Channel Partners)

Stuttgart. Der Schlagworte sind viele, von KI bis ChatGPT. Jetzt will das Kultusministerium der Bandbreite digitaler Chancen und Risiken auch im Unterricht gebührend Platz einräumen. Das Kabinett berät ein 30-seitiges Strategiepapier zum Thema „Bildung für das 21. Jahrhundert“ und für alle öffentlichen Schulen Baden-Württembergs. Noch offen sind jedoch viele Finanzierungsfragen.

Es ist nicht der erste Versuch, ein Gesamtkonzept zu entwickeln. Schon allein, weil die Bildungsplattform „Ella“ vor knapp fünf Jahren floppte, statt an den Start zugehen, hat sich das Land aus dem Reigen bundesweiter Vorreiter verabschiedet. Neue schulgesetzliche Vorgaben wurden in der vergangenen Woche verabschiedet, unter anderem zum Fernunterricht beim Ausfall von Verkehrsverbindungen.

Schopper: Schulunterricht „wird sich mit KI noch einmal ändern“

Aber auch grundsätzlich versprach Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) neueste Entwicklungen und Innovationen im Schulbereich nachzuvollziehen. „Wir wollen, dass der Lernraum Schule in die digitale Welt ausgeweitet werden kann.“ Unterricht werde sich ändern, „und er wird sich mit KI noch einmal ändern“.

Die neue Strategie schließt an schon in der vergangenen Legislaturperiode von Grün-Schwarz verabschiedete Vorgaben zur Digitalisierung an. Sie umfasst vier Handlungsfelder: Infrastruktur und Ausstattung, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Lernen und Lehren, also die strukturelle und didaktisch-methodische Verankerung der neuen Möglichkeiten, sowie Organisation, Information und Kommunikation.

„Kultur der Digitalität“ soll an den Schulen entstehen

Folgerichtig ist das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) bereits damit beauftragt, alle Bildungspläne für Deutsch und Mathematik für alle Grundschulen, die Sekundarstufe I und alle Gymnasien zu überarbeiten. In Anlehnung an die gemeinsamen Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz sollen „eine auf die Kultur der Digitalität ausgerichtete Kompetenzentwicklung noch stärker in den Blick genommen“ werden.

Zur Stärkung von Basiskompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik werde im Rahmen des Innovationsprogramms Digitale Schule zudem „gezielt der Einsatz von Programmen gefördert, welche eine adaptive Förderung mit KI-Methoden ermöglichen“.

Land und Kommunalverbände streiten, wer Lehrer-Laptops finanzieren muss

Viele Schulen haben allerdings vorerst noch ganz andere Sorgen. Beklagt wird der große Nachholbedarf bei der Grundausstattung sowie fehlende Ressourcen, um Wartung und Weiterentwicklung sicher zu stellen. Ein aktuelles Rundschreiben des Städtetags erwähnt, dass Paragraph 115b der erst jüngst verabschiedeten Novelle des Schulgesetzes digitalen Unterricht davon abhängig mache, inwieweit er an der jeweiligen Schule „personell, sachlich und technisch möglich“ sei.

Ohnehin steht das Land, mehrfach bestätigt durch öffentliche Aussagen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), auf dem Standpunkt, dass die Ausstattung der einzelnen Schulen mit digitalen Lehr- und Lernmitteln dem jeweiligen Schulträger obliege.

Der Städtetag hält dagegen: Weil es sich „bei digitalen Endgeräten um persönliche Ausstattungsgegenstände für Lehrkräfte und damit Landesbedienstete handelt, ist deren Finanzierung keine Aufgabe der kommunalen Schulträger, sondern gegebenenfalls des Landes als Dienstherrn der Lehrkräfte“.

Kosten könnten sich auf eine Viertelmilliarde Euro belaufen

Schon seit Monaten sind dem Kultusministerium neben dieser rechtlichen Einschätzung auch die Zahlen bekannt: Wenn jede der 117 000 Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen in den nächsten vier Jahren ein neues oder überhaupt ein Endgerät bekommt und braucht, wäre fast eine Viertelmilliarde Euro fällig.

Indessen will sich die Landesregierung nicht mit Finanzierungsfragen befassen, sondern mit den „langen Linien“ befassen, wie es heißt. Ohne zeitliche Vorgaben ist auch das Endziel aus heutiger Sicht beschrieben: „Im Unterricht werden digitale Medien so eingesetzt, dass dieser grundsätzlich eine Veränderung erfährt.“ Dies schaffe neue Möglichkeiten orts- und zeitunabhängig Lernangebote und der Zusammenarbeit „über den Lernort Schule und über den klassischen Klassenverband hinaus“.

Die zuständige Staatssekretärin Sandra Boser (Grüne) präsentiert neben der neuen Strategie auch einen Bericht zum Stand der Dinge in Sachen Bildungsplattform. Der wird als inzwischen „äußert positiv“ bewertet, weil dank des modularen Vorgehens im Rahmen der vom Land bereitgestellten Ressourcen für die Schulen rechtssicher nutzbares digitales Werkzeug aufgebaut sein. Mit einer Engstelle jedoch: die Anbindung an das Internet mit ausreichender Bandbreite. Vor Ort müssen Glasfaseranbindungen hergestellt werden, „deren Bau auch absehbar noch länger dauern wird“.

Um ein Konzept für digitalen Fernunterricht wird noch gerungen

„Die Schulnormalität nach Corona wird nicht die gleiche sein wie vor Corona. Wir werden rasch analysieren, welche Konzepte und Instrumente aus der Corona-Zeit sich für das Lernen und Lehren als hilfreich erwiesen haben und auch in den Alltag nach Corona implementiert werden können“, heißt es im Koalitionsvertrag 2021. Letzteres ist für alle Schulen, wie das neue Strategiepapier belegt, allerdings noch in weiter Ferne. Denn gegenwärtig würden zum digitalen Fernunterricht „elementare pädagogische und didaktische Grundsatzfragen erörtert und diskutiert“. Das Kultusministerium befinde sich „in einem internen Diskussionsprozess mit allen Abteilungen, der nach Abschluss in verbindliche Regelungen münden soll“.

Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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