Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Wo Gefangene medizinisch versorgt werden

Das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg ist in einer ehemaligen Festungsanlage untergebracht.
dpa/euroluftbild.de/Werner Riehm)Asperg. Sie wird seit mehreren Jahrhunderten als Haftanstalt genutzt: Die Rede ist von der Festung Hohenasperg. Das brachte weiland dem Asperg bei Ludwigsburg einen besonderen Ruf als „Württembergs höchster Berg“ ein. So hieß es im Volksmund, es dauere nur fünf Minuten, um hinauf zu kommen, aber Jahre, um wieder herunter zu gelangen.
Das kann man heute freilich nicht so pauschal unterschreiben. Befinden sich doch auf dem Festungsgelände zwei eigenständige Einrichtungen: die Sozialtherapeutische Anstalt Baden-Württemberg sowie das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg (JVKH). Letzteres verfügt über Abteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie, Innere Medizin und Chirurgie. Das Krankenhaus, das weitgehend der Regelversorgungsstufe entspricht, hat derzeit rund 210 Mitarbeitende und eine Doppelspitze. Die Anstalt leiten gemeinsam der Ärztliche Direktor Robert Berov und der Jurist Eric Judeich als Vollzugsleiter.
Im JVKH, das 119 Plätze hat, werden Gefangene aus dem ganzen Land diagnostiziert, behandelt und im Anschluss zurück in ihre zuständige Regelvollzugsanstalt verlegt. „Die Patienten sind – im Unterschied zu einem öffentlichen Krankenhaus – grundsätzlich wie im geschlossenen Regelvollzug untergebracht“, erläutern die Anstaltsleiter. „Dies bedeutet, dass die Zellen – mit Ausnahme des Wohngruppenvollzugs auf der Langzeitsuchtentwöhnungstherapie – grundsätzlich verschlossen sind, zum Hofgang, zur Gefangenenfreizeit und für Behandlungsmaßnahmen geöffnet werden.“
Das Spektrum der Erkrankungen, mit denen die Insassen eingeliefert werden, entspricht dem, worunter die Bevölkerung im Allgemeinen leidet. Der Schwerpunkt an dem JVKH besteht indes in der Behandlung psychiatrischer Erkrankungen – etwa zwei Drittel der Behandelten sind davon betroffen. „Der Anteil der Personen mit psychiatrischen Erkrankungen ist erfahrungsgemäß bei Gefangenen höher als beim Durchschnitt der Bevölkerung“, heißt es. Dort werden demnach keine größeren Operationen vorgenommen, sondern nur kleine ambulante Eingriffe – es gibt keine Intensivstation.
Suchttherapie, Physio-, Bewegungs- und Sporttherapie
Sind größere Operation vonnöten, werden diese in externen Krankenhäusern vorgenommen, in denen das JVKH Belegabteilungen hat. Die Vor- und Nachsorge findet auf dem Hohenasperg statt. „Insbesondere, wenn ein Gefangener intensivpflichtig wird, muss er in einem externen Krankenhaus untergebracht werden. Auch für besondere Untersuchungen wie CT und MRT sowie weitere spezielle diagnostische Untersuchungen werden externe Einrichtungen in Anspruch genommen.“
Im Justizvollzugskrankenhaus werden eine Vielzahl von Maßnahmen genutzt, um Gefangene zu behandeln und zu betreuen. Hierzu zählen neben dem Beschriebenen unter anderem Suchttherapie, Physio-, Bewegungs- und Sporttherapie, außerdem Beschäftigungs- und Arbeitstherapie. Hinzu kommt der Psychologische Liaisondienst, bei dem Psychologen und Psychiater andere Fachabteilungen beratend und behandelnd unterstützen, und schließlich verschiedene Freizeitangebote. Vom Regelvollzug würden insbesondere die Plätze für die Akutpsychiatrie nachgefragt, so eine Mitarbeiterin.
Die Zahl der Behandlungsplätze soll mit einem Neubau erhöht werden
Nicht alle Gefangenen, die behandelt werden müssten, könnten auch aufgenommen werden. „Es besteht daher eine Warteliste, auf der im Durchschnitt über 20 bis 30 Gefangene stehen.“ Hinzu käme, dass auf der Akutstation keine Einzelzellen geplant wurden, also nicht alle Akutpatienten unmittelbar in eine solche gelegt werden könnten. Dies verringere weiter die Aufnahmekapazität des JVKH.
„Es wird derzeit ein Neubau eines Justizvollzugskrankenhauses auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Stuttgart geplant. In diesem Neubau sollen die Behandlungsplätze erhöht und in der Mehrzahl Einzelzellen eingerichtet werden“, heißt es.
Und das Thema Gesundheitsreform? Davon sei das Justizvollzugskrankenhaus nicht betroffen – als Einrichtung des Justizvollzuges sei es nicht an das allgemeine Gesundheitssystem angeschlossen.
Martin Finckh: „Der Justizvollzug ist ein Spiegelbild der Gesellschaft“ | Staatsanzeiger BW
Vor- und Nachsorge nach Operationen
Das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg dient aus Sicherheitsgründen nur der stationären medizinischen Behandlung. Zu dessen sechs Stationen gehört die Akutaufnahme Psychiatrie, die subakute Psychiatrie und eine für chronisch psychisch Kranke. Hinzu kommen Langzeitsuchtentwöhnungstherapie, Innere Medizin inklusive Isolationszellen sowie eine interdisziplinäre Station. Dort werden Frauen psychiatrisch und somatisch behandelt, sowie auf der chirurgischen Männerstation nach OPs in externen Kliniken Vor- und Nachsorge geboten.