Bauberufsrecht

Architekten und Ingenieure sollen Teamplayer werden

Die Landesregierung will das Berufsrecht von Architekten und Ingenieuren modernisieren. „Wir wollen es einer Frischzellenkur unterziehen“, sagt Ministerin Nicole Razavi. Die Novelle soll Architekten und Ingenieuren neue Möglichkeiten eröffnen, sich zusammenzuschließen.

Mit der Novelle des Berufsrechts eröffnet die Landesregierung neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit von Planern.

AdobeStock/AndiAzis)

Stuttgart . „Wir schaffen Erleichterungen und Flexibilität für die Architekten und Ingenieure und verschlanken das Bauberufsrecht, indem wir Schriftform-Erfordernisse abbauen“, erklärt Nicole Razavi (CDU), die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen. So soll der Berufsstand attraktiv bleiben. „Die Novelle wird von den Architekten und Ingenieuren dringend erwartet und vor allem auch begrüßt“, so Razavi.

Büros dürfen künftig auch als Personengesellschaften firmieren

Zu den wichtigsten Neuerungen gehört die Zulassung von Personengesellschaften in der Form der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG). „Architekten und Ingenieuren werden damit neue Möglichkeiten eröffnet, um sich mit anderen am Planungs- und Bauprozess Beteiligten zusammenzuschließen“, teilt das Ministerium mit.

Die OHG kann von mehreren Personen gemeinsam geführt werden. Daran können natürliche oder juristische Personen sowie Personengesellschaften als Gesellschafter beteiligt sein. Die KG eignet sich demgegenüber besonders für Unternehmen, bei denen Kapitalgeber nicht aktiv in die Geschäftsführung eingebunden werden sollen. In beiden Fällen lässt sich der Kreis der zulässigen Beteiligten an Planerbüros erweitern.

Bislang ist das nicht möglich. Denn Architekten- und Ingenieurkammergesetz regeln, dass die Mehrheit des Kapitals und des Stimmanteils bei Gesellschaftern liegen muss, die in die Architektenliste beziehungsweise als Beratende Ingenieure eingetragen sind. Wenn sich künftig auch juristische Personen und Personengesellschaften an einem Büro beteiligen könne, dann lassen sich Abstimmungsprozesse vereinfachen und Kosten vermeiden, erwartet das Ministerium. Zudem könnten bei der Teilnahme an Vergabeverfahren durch interdisziplinäre Verbindungen umfassendere Angebote gemacht werden.

„Wir sind generell der Auffassung, dass bei Bauvorhaben stärker kooperiert werden muss, dass man interdisziplinär arbeiten soll“, sagt Hans Dieterle, der Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer Baden-Württemberg. „Daher begrüßen wir es ausdrücklich, dass es nun mehr und einfachere Möglichkeiten geben soll, dass sich Architekten und Fachplaner in Gesellschaften zusammenzuschließen können.“

Ob solche Zusammenschlüsse auch projektbezogen, also ad hoc, möglich sein werden, sei bislang nicht abschließend geklärt. Bereits im Juli 2021 hatte die Architektenkammer konkrete Vorschläge zur Novellierung des Bauberufsrechts vorgelegt. „Auch wenn wir gegenwärtig die Details noch nicht kennen, sind wir froh, dass die Novelle noch in dieser Legislaturperiode kommt“, sagt Dieterle.

Die Erweiterung der Gesellschaftsformen kommt gerade der stark kleinteilig geprägten Landschaft der baden-württembergischen Planungsbüros entgegen. „Etwa 80 Prozent der Architekturbüros beschäftigen weniger als fünf Mitarbeiter. Andererseits sind rund zwei Drittel der Kammermitglieder in Büros mit über zehn Beschäftigten tätig“, erklärt Dieterle. „Auch für mittelgroßen Einheiten eröffnen sich potenziell zusätzliche Möglichkeiten.“

Mehr berufliche Flexibilität für Planer

Zur Reform gehört auch die Abschaffung der Tätigkeitsarten. Diese ordnen bislang Architekten den „Schubladen“ frei, baugewerblich, angestellt und beamtet zu. „In Baden-Württemberg legt das Berufsgericht der Architekten diese Regelung besonders streng aus“, sagt Dieterle. So sei entschieden worden, dass eine Person ausschließlich einer dieser Tätigkeitsarten zugeordnet sein darf. So dürfe eine halbtags angestellte Architektin nicht zusätzlich freiberuflich tätig sein. „Hier besteht dringender Regelungsbedarf, um mehr berufliche Flexibilität zu ermöglichen. Auch deshalb begrüßen wir die Novelle“, erklärt Kammerchef Dieterle.

Erleichterungen für baugewerbliche Architekturbüros

Ein weiterer Aspekt betrifft die Tätigkeit baugewerblicher Architekturbüros – also jene, die stärker in die Ausführungsphase eingebunden sind und zum Beispiel schlüsselfertige Leistungen anbieten. Im Gegensatz dazu steht der klassische Architekt, der Ausschreibungen vorbereitet und die Vergabe organisiert. „Künftig sollen Architekturbüros projektabhängig auch in Baugemeinschaften oder Bauteams tätig werden können. Diese Entwicklung empfinden wir als modernen und zukunftsweisenden Ansatz im neuen Gesetz“, sagt Kammerchef Dieterle.

„Wir sind der Auffassung, dass bei Bauvorhaben stärker interdisziplinär gearbeitet werden sollte.“

Hans Dieterle, Hauptgeschäftsführer Architektenkammer Baden-Württemberg (Foto: AKBW)

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