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Verhandlungsbeginn

Bauhauptgewerbe steht vor harter Tarifrunde

Für das Bauhauptgewerbe beginnen in der kommenden Woche die Tarifverhandlungen. Und obwohl die Branche in der tiefsten Krise seit rund einem Jahrzehnt steckt, geht die Industriegewerkschaft Bauen – Agrar – Umwelt (BAU) mit Forderungen nach einem Plus von 500 Euro monatlich in die Verhandlungen.

500 Euro mehr für jeden Bauarbeiter, der nach Tarif bezahlt wird, will die IG BAU in der bald beginnenden Verhandlungsrunde erreichen.

IMAGO/Arnulf Hettrich)

Stuttgart. Wie problematisch die aktuelle Lage in der Bauwirtschaft ist, zeigten in dieser Woche die Zahlen des Ifo-Instituts zum Wohnungsbau. Der Geschäftsklimaindex sackte auf den niedrigsten Wert, den die Münchner Konjunkturforscher jemals gemessen haben. Und der Ausblick auf die kommenden Monate sei düster, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo- Umfragen.

Hohe Tarifabschlüsse, die die Personalkosten der Unternehmen in die Höhe treiben würden, kommen da eigentlich zur Unzeit. Doch bei der IG BAU hält man die Forderung „500 Euro für alle“ für gerechtfertigt. „Das alltägliche Leben ist in den vergangenen zwei Jahren immens teurer geworden, Anstieg der Lebensmittelpreise, höhere Mieten, mehr Energiekosten und anderes mehr sind zu verkraften“, erklärt IG-BAU-Vorstandsmitglied Carsten Burckhardt.

Und die Bundestarifkommission habe sich ganz bewusst für einen Festbetrag und gegen eine prozentuale Erhöhung entschieden, um vor allem die unteren Lohngruppen zu stärken. Denn zwei Drittel der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe seien in den unteren Lohngruppe zu finden.

Arbeitgeber schweigen bis zum Beginn der Verhandlungen

Was die Arbeitgeberseite von der Forderung der Gewerkschaft hält und mit welchen eigenen Vorstellungen sie in die Tarifverhandlungen gehen will, die am Donnerstag nächster Woche beginnen, ist derzeit offen. Denn bei den Spitzenverbänden der Bauwirtschaft, dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) schweigt man noch. Man kommentiere Forderungen der Gewerkschaft im Vorfeld der Verhandlungen nicht, erklärt ein ZDB-Sprecher auf Anfrage und ergänzt: „Tarifverhandlungen führen wir generell hinter verschlossenen Türen am Verhandlungstisch und nicht vorab öffentlich.“

So bleibt vorerst offen, ob sich die Bauwirtschaft ein Beispiel an der Metall- und Elektroindustrie nimmt und versucht, mit der Gewerkschaft auszuhandeln, dass notleidende Betriebe eine Zeit lang vom Tarifvertrag abweichen können. Vor genau 20 Jahren hatten die IG Metall und der Arbeitgeberverband Südwestmetall das Pforzheimer Abkommen abgeschlossen. Kern des Abkommens war, dass mithilfe von Tarifregelungen auf betrieblicher Ebene von allen Elementen der Flächentarifverträge abgewichen werden kann. Südwestmetall nennt den damaligen Abschluss einen „Meilenstein“. Und die IG-Metall-Bezirksleiterin für den Südwesten, Barbara Resch erklärt: Das Abkommen ist „immer noch ein sehr tragfähiges Instrument, um Arbeitsplätze abzusichern.“

Die Bauwirtschaft müsste bei diesem Thema gar nicht bei Null beginnen. Denn eine moderate Abweichung von den Tariflöhnen erlaubt eine Beschäftigungssicherungsklausel bereits heute, aber nur für ostdeutsche Betriebe. Diese können durch Betriebsvereinbarung oder, wenn es keinen Betriebsrat gibt, durch einzelvertragliche Regelung die Löhne und Gehälter um bis zu vier Prozent absenken, wenn dadurch betriebsbedingte Kündigungen oder Kurzarbeit vermieden wird.

Öffnungsklausel könnte Unruhe in die Branche bringen

Ob eine solche Beschäftigungssicherungsklausel Gegenstand der kommenden Tarifverhandlungen werden wird, darüber schweigt auch Thomas Möller. Der Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg hat aber Zweifel, dass dies ein Instrument ist, das wirklich dazu beitragen kann, die aktuellen Probleme der Branche zu lösen. „Das ist ein zweischneidiges Schwert“, fasst Thomas Möller seine Einschätzung zusammen.

Es sei zwar grundsätzlich sinnvoll, flexibel reagieren zu können. Doch wenn Bauunternehmen, die in wirtschaftlich angespannter Lage sind, ihrer Belegschaft weniger bezahlen, könnte dies zu Abwerbungen durch andere Unternehmen kommen. „Ich sehe die Gefahr, dass dadurch Unruhe in die Branche kommt“, warnt der Verbandschef.

„Betriebe wollen bauen und nicht sparen“

Denn die Situation der Baubetriebe variiert stark, nicht allen geht es schlecht. So ist die Lage im Straßen- und Tiefbau nicht so angespannt wie im Wohnungsbau, und im Wirtschaftsbau sind die Erwartungen für das laufende Jahr immer noch optimistisch.

Und das Grundproblem im Wohnungsbau, der Auftragsmangel, werde mit der Lohnkostenreduzierung nicht gelöst, so Möller. „Die Betriebe wollen bauen und nicht sparen.“

Nur ein bundesweiter Streik am Bau in der Nachkriegszeit

Der aktuell noch gültige Tarifvertrag wurde im Bauhauptgewerbe 2021 abgeschlossen und läuft noch bis zum 31. März. Die IG BAU hat den Vertrag Ende November vergangenen Jahres gekündigt. Für den neuen Vertrag will die Gewerkschaft lediglich eine Laufzeit von zwölf Monaten erreichen. In den vergangenen Tarifrunden hatten sich die Tarifparteien ohne Arbeitskämpfe, aber häufig unter Einschaltung eines Schlichters, geeinigt. Der letzte bundesweite Streik am Bau war im Jahr 2002. Es war der einzige nach dem Zweiten Weltkrieg.

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