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Brückenbauwerke systematisch sanieren und erhalten

Wo besteht Saniuerngsbedarf: Vielen Kommunen fehlt der Überblick über den tatsächlichen Zustand der eigenen Infrastruktur.
BIT Ingenieure)Stuttgart. Kleine Kommunen müssen mit knappen Budgets haushalten, verfügen über wenig Fachpersonal und tragen gleichzeitig hohe Verantwortung für Sicherheit und Verkehrsfluss. Der Bürgermeister ist oft gleichzeitig Hauptamtsleiter und Bauamtsleiter. Diesem fehlt es meist an spezialisiertem Fachwissen für Bauwerksprüfungen und Erhaltungsmanagement.
Milliarden-Infrastrukturpaket erfordert gute Datenlage
Die Folge: Es fehlt der Überblick über den tatsächlichen Zustand der eigenen Infrastruktur. Die Konsequenz: Tätig werden die Kommunen erst bei akuten Schadensfällen oder gar Sperrungen. Wegen mangelnder Datenlage bestehen zudem kaum Chancen, vom 100-Milliarden-Infrastrukturpaket, das der Bund für die Länder vorsieht, zu profitieren. Denn wer nicht weiß, was er gefördert haben will, bekommt kein Geld. Hier klafft eine Lücke zwischen verfügbaren Mitteln und kommunaler Realität.
Als Antwort auf diese Nöte haben die BIT Ingenieure mit Sitz in Karlsruhe und Drees & Sommer in Stuttgart einen „Sanierungsfahrplan Brücken“ entwickelt. Er richtet sich an kleine Kommunen mit 2000 bis 30 000 Einwohnern, die oft nur 10 bis 25 Brückenbauwerke verwalten. Der Fahrplan bietet eine strukturierte und fundierte Entscheidungsgrundlage, Brückenbauwerke zu sanieren und zu erhalten und die Brückeninfrastruktur nachhaltig zu sichern.
Der Prozess beginnt mit der Grundlagenermittlung. Die BIT Ingenieure tragen alle verfügbaren Daten zu Baujahren, Abmessungen, letzten Hauptprüfungen nach DIN 1076 und bekannten Mängeln zusammen und werten diese systematisch aus. „Dieser erste Schritt offenbart bestehende Wissenslücken“, sagt Gregor Labus, Brückenexperte bei der BIT. Um diese zu schließen, folgt eine visuelle Begehung vor Ort. Die Ingenieure, oft unterstützt durch spezialisierte Tragwerksplaner, erfassen visuell identifizierbare Schäden wie Risse, Betonabplatzungen, Korrosion, Schäden an Lagern und Fugen. Sie werden als „Hilfsnote“ strukturiert zusammengefasst. Die Daten sind die Grundlage für die weitere Planung.
Prognose über Maßnahmen zum Erhalt und deren Kosten
Herzstück des Sanierungsfahrplans ist ein von Drees & Sommer selbst entwickeltes Prognosetool. „Auf der Grundlage der erhobenen Daten werden für einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren Erhaltungsmaßnahmen und deren Kosten abgeschätzt sowie ein zeitlicher Fahrplan erstellt“, erklärt Uwe Müller von der Technical Infrastructure-Abteilung bei Drees & Sommer. Gegebene Belastungen werden simuliert sowie kritische Zeitpunkte identifiziert, zu denen Maßnahmen wirtschaftlich am sinnvollsten sind. Die Ergebnisse fließen in den Gesamtbericht der BIT Ingenieure ein.
Dieser beinhaltet einen priorisierten Fahrplan, zugeschnitten auf begrenzte Budgets und Personalkapazitäten. Er ersetzt reaktives „Feuerlöschen“ durch vorausschauendes Handeln. Und er ermöglicht strategische Entscheidungen: Welche Brücke kann aufgegeben werden? Wo lassen sich Verkehrsachsen durch gezielte Sanierung sichern?
Der Sanierungsfahrplan dokumentiert den Umgang mit der Infrastrukturverantwortung und reduziert Haftungsrisiken. Im Gemeinderat dient er als neutrales Fundament für Haushaltsdebatten. Der Fahrplan erfüllt zudem eine zentrale Voraussetzung: Nahezu alle Förderprogramme von Bund und Ländern setzen voraus, dass Einzelmaßnahmen in ein übergeordnetes Erhaltungskonzept eingebettet sind. „Die Konsequenzen maroder Brücken sind vielen Kommunen im ländlichen Raum nicht bewusst, weil es ja bislang funktioniert hat“, sagt Gregor Labus. Eine gesperrte Brücke bedeute aber oft Umwege von 10, 20 Kilometern und mehr. Der Sanierungsfahrplan Brücken mache Kommunen wieder handlungsfähig.
Das Land geht voran
Das Land Baden-Württemberg hat ein Brückenerhaltungsprogramm auf den Weg gebracht und will jährlich bis zu 100 Brücken im Landes- und Bundesstraßennetz sanieren, erneuern oder ersetzen. Ausschlaggebend ist ein Gutachten von Drees & Sommer. Der Stuttgarter Ingenieurdienstleister analysierte rund 7300 Bundes- und Landesstraßenbrücken und identifizierte insbesondere Brücken mit dem Risiko der Spannungsrisskorrosion, die bis 2030 ersetzt werden sollen.