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Ein digitaler Assistent berät Kunden im Handwerk

Ralf Walther, Geschäftsführer der Dachdeckerei Walther in Bad-Dürkheim, aufgenommen während Videoaufnahmen für seinen KI-Avatar, welcher durch die Firma DIGITAL A-TEAM erstellt wird.
Uli Deck)Waghäusel . Die Person sieht aus wie Ralf Walther, klingt wie Ralf Walther – aber zuckt manchmal noch etwas. Wer da in dem Film auf dem Smartphone spricht, ist nicht der Dachdeckermeister höchstpersönlich, sondern sein digitaler Klon. Ein Avatar, der zuvor mit allen nötigen Daten gefüttert wurde und der mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) zum Leben erweckt wurde, um nun auf der Firmen-Internetseite mit Kunden zu kommunizieren.
Solche digitalen Assistenten erobern gerade Vertrieb, Marketing und Service. Im besten Fall springt dabei eine Win-Win-Situation raus, sagt Alex Wallner, der Deutschland-Chef von Salesforce. Das US-Software-Unternehmen mit Hauptsitz in San Francisco hilft Firmen, ihre Kundenbeziehungen mit autonomen Agenten zu verbessern. Diese sollen KI-gestützt in vorgegebenem Rahmen eigenständig arbeiten und echten Mitarbeitern jene Arbeit abnehmen, die viel Zeit und Nerven kostet: Standardfragen beantworten etwa, Retouren abwickeln, Rechercheaufgaben übernehmen.
KI-generierte Avatare können flexibel antworten
„All die Dinge, die wir super nervig finden, macht der Agent im Hintergrund“, sagt Wallner. „Und die physischen Mitarbeiter können sich zu 100 Prozent auf die Kunden einlassen. Für die stehen die KI-Agenten wiederum 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche zur Verfügung und können in Sekundenschnelle auf alle Verkaufsdaten und Unterlagen zurückgreifen.
Die neuen Möglichkeiten sind kein Vergleich mehr zu Chatbots vergangener Tage. Mit hinterlegtem Wissen können die KI-generierten Avatare antworten und das nicht nur nach Schema F auf eine begrenzte Auswahl vordefinierter Fragen und Probleme, sondern sehr individuell.
Überdies haben die Bewegtbilder eine täuschend echte menschliche Anmutung. Wie bei Ralf Walther. Der Dachdecker aus Bad Dürkheim bei Mannheim steht in einem Studio im rund 50 Kilometer entfernten Waghäusel vor einer knallgrünen Wand. Scheinwerfern und eine Kamera sind auf ihn gerichtet.
90 Sekunden lang soll er etwas erzählen. Egal was. „Frei Schnauze, ein Schwank aus dem Leben“, sagt Daniel Habich, Gründer der Firma Digital A-Team, die die KI-Klone erstellt. Der Inhalt sei egal. Positive Energie sei wichtig. „Die KI will nur hören, wie du erzählst – nicht was. Am Ende spricht der Avatar genauso euphorisch über Themen wie eine energetische Dachsanierung.“
Die KI macht es möglich, dass Kunden auch außerhalb üblicher Geschäftszeiten dem künstlich erzeugten Chef Fragen stellen können. „Den Handwerker vor Ort kennt man häufig, er kann aber nicht rund um die Uhr Rede und Antwort stehen“, sagt Habich.
Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen seien KI-Lösungen eine „Jahrhundertchance“, sagt Salesforce-Chef Wallner. Personal sei teils schlecht zu bekommen, der Wettbewerb im Jahr 2025 wiederum sei global: „Wenn Sie ein Unternehmen in Kirchheim unter Teck sind, kommt Ihre Konkurrenz heute nicht mehr aus Pfullendorf, sondern von den Philippinen.“
Wallner findet, dass Unternehmen schauen müssten, welche Anwendung sich betriebswirtschaftlich lohnt. „Ist es nur eine fancy Lösung, die ich spannend finde, oder habe ich einen Use-Case, der ökonomisch interessant ist“, sagt er.
Was die Avatare wissen, liegt in den Händen ihrer Schöpfer
Dachdecker Walther erhofft sich von seinem digitalen Alter Ego nicht nur, dass dieser die immer gleichen Einstiegsfragen von potenziellen Kunden beantwortet. „Er soll auch bei Anfragen für Praktika und von Azubis helfen.“ Auf welches Wissen die Avatare zurückgreifen, liegt in den Händen ihrer Schöpfer. „Wir können klar eingrenzen, was freigegeben wird“, sagt Softwareentwickler Habich. Auch datenschutzsicher und ohne große Halluzinationen und falsche Antworten lasse sich mit KI arbeiten.
(Marco Krefting/dpa)
Die Generation Amazon will schnelle Lösungen
Die Digitalisierung hat das Kaufverhalten verändert. Die Generation Amazon ist es gewohnt, sich im Internet zu informieren und gezielt einzukaufen. Eine klassische Website reicht damit nicht mehr aus. Kunden wollen sofort Lösungen und Vorab-Angebote abrufen können und Antworten auf ihre Fragen erhalten. Oft geht es auch darum, Termine buchen zu können. KI-basierte Avatare können rund um die Uhr, auch an Feiertagen Kundenanfragen bearbeiten.