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Standortpolitik

Ein Verbändebündnis will mehr Förderung für Mitarbeiterwohnungen

Wenn es nach einem Bündnis aus Verbänden der Wohnungswirtschaft, Baubranche und dem Mieterbund geht, sollen Mitarbeiterwohnungen einen stärkeren Beitrag zur Entlastung des Wohnungsmarkts leisten und die Gewinnung von Fachkräften erleichtern. Das Bündnis fordert von Bund und Ländern mehr Förderung.

Die neue Mitarbeiter-Wohnanlage des Klinikums Stuttgart gilt als bundesweite Vorzeigeprojekt für nachhaltige Modulbauweise. Die Südfassade der Häuser ist mit Solarmodulen belegt.

Jürgen Schmidt)

Stuttgart/Berlin. Das Klinikum Stuttgart gilt als bundesweites Vorbild, wenn es um Mitarbeiterwohnungen geht. Das kommunale Krankenhaus lässt derzeit an zwei Standorten fast 600 Wohnungen bauen, die ausschließlich an Beschäftigte vermietet werden. Zum großen Teil fertiggestellt ist die Wohnanlage am Standort Bad Cannstatt mit 330 Wohnungen.

Die Siedlung direkt neben dem Krankenhaus gilt auch baulich als Leuchtturmprojekt. Es ist eine der größten Wohnanlagen aus Holzmodulen in Deutschland und erfüllt den Energieeffizienzstandard 40 plus. Das Quartier sei dadurch relativ kostengünstig und vor allem nachhaltig, erklärte der Chef der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) , Samir Sidgi, bei der Vorstellungs des Projekts im Rahmen einer Pressekonferenz des Bündnisses „Wirtschaft macht Wohnen“.

Klinikum Stuttgart bezuschusst Mieten aus Grundstückserlös

Die städtische Wohnungsgesellschaft hat das Grundstück vom Klinikum gekauft und die Wohnungen gebaut. Diese wurden per Generalmietvertrag an das Klinikum abgegeben, das sich um die Auswahl der Mieter kümmert. Und der Arbeitgeber senkt mit einem nach Einkommen gestaffelten Zuschuss die Miete. Dieser wird mit dem Erlös aus dem Grundstücksverkauf finanziert, erhöht durch einen Beitrag der Stadt. Insgesamt stehen dafür 33,5 Millionen Euro auf 25 Jahre zur Verfügung.

Das Stuttgarter Projekt ist das größte, das in der neuen Studie „Bezahlbares Wohnen wird zum Standortfaktor“ vorgestellt wird. Und es steht exemplarisch für den Ansatz, den die Initiatoren von verschiedenen Verbänden damit verfolgen. „Der Wohnungs- und Fachkräftemangel gefährdet den Wirtschaftsstandort Deutschland. Mitarbeiterwohnen wird vor diesem Hintergrund zu einem wichtigen Instrument der Personalpolitik“, erklärt Simon Wieland vom Berliner Beratungs- und Forschungsinstitut Regiokontext, das die Studie im Auftrag der Verbände erarbeitet hat.

Bis zu 10.000 neue Werkswohnungen pro Jahr möglich

Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes würde mit der Intensivierung des Mitarbeiterwohnens eine Fehleinschätzung aus den vergangenen Jahrzehnten korrigiert. Es sei falsch gewesen, die Wohnungsbestände großer Unternehmen, wie etwa der Deutschen Bahn, zu verkaufen, sagte Mieterbundspräsident Lukas Siebenkotten bei der Vorstellung der Studie und forderte: „Wir brauchen eine echte Renaissance des Werkswohnungsbaus.“

Nach Schätzungen von Regiokontext könnten jährlich in ganz Deutschland bis zu 10 000 neue Mitarbeiterwohnungen entstehen. Das ist aus Sicht der Verbände aber nur möglich, wenn die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert werden. „Der Bund sollte einige steuerliche Stellschrauben im Bereich der Lohnsteuer zum Vorteil von mietenden Angestellten nachjustieren und umsatzsteuerliche Nachteile beim Erwerb von Belegungsrechten beseitigen“, forderte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Ingeborg Esser. Zudem sollte es eine Sonderabschreibung für Investitionen in Mitarbeiterwohnungen geben.

Kommunen sollen Mischgebiete in urbane Gebiete umwandeln

Für notwendig hält das Verbändebündnis auch direkte Förderungen durch Bund und Länder für den Bau von Mitarbeiterwohnungen. Solche Programme müssten zusätzlich zur allgemeinen Wohnraumförderung aufgelegt werden. Baden-Württemberg hat die Förderung von Mitarbeiterwohnungen als eines der wenigen Bundesländer schon 2020 in die soziale Mietwohnraumförderung aufgenommen.

Von den Kommunen erwarten die Verbände, dass Mischgebiete proaktiv in urbane Gebiete umgewandelt werden. Das würde eine höhere Dichte bei der Bebauung und einen erhöhten Anteil an Wohnungen in solchen Gebieten erlauben. Zudem sollten Städte und Gemeinden die Schaffung von Mitarbeiterwohnungen im Rahmen von Konzeptvergabeverfahren besonders berücksichtigen.

Um den Bau von Werkswohnungen zu erleichtern, hält das Verbändebündnis auch eine Reihen von Rechtsänderungen für nützlich. Dazu gehört die Änderung der Baunutzungsverordnung, um Wohnen in größeren Umfang auch in Kerngebieten zu ermöglichen. Und in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) sollte eine „Experimentierklausel“ eingeführt werden, um Konflikte wegen Lärmbelastung zwischen Wohnen und Gewerbe lösen zu können.

Bund investiert im Südwesten in Mitarbeiterwohnungen

Der Bund hält trotz der Preissteigerungen im Bausektor an seinen Plänen für den Bau von Mitarbeiterwohnungen fest. Bis zum Ende des Jahres will die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BlmA) den Bau von 4000 Wohnungen in Ballungsräumen beginnen, wie der Leiter des Geschäftsbereichs Wohnen, Matthias Hardinghaus, erklärt. Neben Neubau setzt die BlmA auch auf Aufstockung und Nachverdichtung. Stuttgart, Freiburg und das Dreiländereck Deutschland/Frankreich/Schweiz sind die drei Schwerpunkte der Bundesinvestitionen im Wohnungsbau, die in Baden-Württemberg liegen.

Jürgen Schmidt

Redakteur Wirtschaft und Vergabe

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