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Energiewende

Energiebranche drängt auf schnelle Ausschreibungen für Gaskraftwerke

Die Bundesregierung will Investoren gewinnen, die neue Gaskraftwerke bauen. Dafür hat sie eine Kraftwerksstrategie beschlossen. Die Energiebranche begrüßt zwar die Pläne. Doch die geplanten Kapazitäten fallen deutlich kleiner aus als erwartet. Jetzt schon ist klar: Um die wachsende Stromlücke zu schließen, dürften sie kaum reichen.

Gaskraftwerk der EnBW: Allein der Karlsruher Konzern realisiert aktuell die Hälfte aller im Bau befindlichen Gaskraftwerke in Deutschland.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart . „Besonders im industriestarken Süden Deutschlands, wo der Strombedarf konstant hoch ist, sind neue Gaskraftwerke unverzichtbar“, sagt Peter Heydecker, Vorstand für Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur der EnBW. „Ohne neue Anlagen wäre eine stabile Stromversorgung nicht möglich.“

Investoren sollen wasserstofffähige Gaskraftwerke bauen

Die EnBW begrüßt die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung, nach der bereits 2026 Ausschreibungen für zehn Gigawatt flexibel zuschaltbarer Leistung starten sollen. Wie ein Papier aus dem Koalitionsausschuss zeigt, das dem Staatsanzeiger vorliegt, sollen acht Gigawatt davon auf wasserstofffähige Gaskraftwerke entfallen. Zwei Gigawatt werden technologieoffen ausgeschrieben, wodurch auch Speicher eine Rolle spielen können. Zusätzlich plant der Bund bis 2027 zwei Gigawatt an Kraftwerken, die bis 2032 auf Wasserstoff umrüstbar sind.

Kritiker bezweifeln, dass der für 2030 angestrebte Kohleausstieg mit der aktuellen Kraftwerksstrategie erreichbar sein wird. Es sei kaum mehr machbar, die Lücke zu füllen, die durch das Abschalten der Kohlekraftwerke entstehe. Zumal Deutschlands Strombedarf in den kommenden Jahren deutlich steigen wird – vor allem durch die Elektrifizierung in der Industrie, für Wärme und Mobilität sowie den wachsenden Energiehunger von Rechenzentren. Die Bundesnetzagentur rechnet in ihrem jüngsten Bericht mit einem zusätzlichen Bedarf zwischen 22 und 35 Gigawatt.

EnBW baut die Hälfte aller derzeit entstehenden Gaskrafwerke

Auch aus Sicht der EnBW ist das geplante Ausschreibungsvolumen von acht Gigawatt nur ein erster Schritt. „Das wird nicht ausreichen, um die notwendige disponible Leistung als Backup für den Ausbau der Erneuerbaren zu garantieren“, warnt Heydecker. Im Konzern hofft man dennoch, dass die Ausschreibungen nun schnell kommen.

Allein die EnBW realisiert aktuell die Hälfte aller im Bau befindlichen Gaskraftwerke in Deutschland. Der Konzern nimmt dafür rund 1,6 Milliarden Euro in die Hand. Bereits im Bau sind drei Projekte in Baden-Württemberg , wo Kohlekraftwerke in wasserstofffähige Gaskraftwerke umgestellt werden: Stuttgart-Münster, Altbach/Deizisau und Heilbronn. Und am Standort Karlsruhe Rheinhafen-Dampfkraftwerk („RDK9“) plant der Konzern den Bau eines weiteren hochmodernen wasserstofffähigen Gasturbinenkraftwerks. Ob weitere Kraftwerke gebaut werden können, ist für den Konzern eine Frage der politischen Rahmenbedingungen. Dafür brauche es Investitionssicherheit. Endgültig bewerten könne man die Situation erst, wenn auch die EU den Entwurf genehmigt habe und alle Details vorliegen würden.

Mögliche Investoren unter den 220 Stadtwerken im Südwesten

Auch der Verband für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg (VfEW) hält die geplanten acht Gigawatt für unzureichend. „Wir werden mehr brauchen“, sagt Torsten Höck, der Geschäftsführer des VfEW, der über 220 Stadtwerke im Südwesten vertritt. „Aber es ist ein Anfang gemacht, und insofern ist es wichtig, dass wir jetzt zügig in die Ausschreibung und den Bau kommen“, sagt er. „Der Prozess von der Genehmigung über den Bau bis zum Netzanschluss dauert mehrere Jahre.“

Höck rechnet damit, dass Investoren auch aus seinem Verband Interesse bekunden könnten. „Unsere Stadtwerke haben sich in der Vergangenheit im Kraftwerksbau engagiert und sich dafür häufig zusammengeschlossen“, sagt er. Der Kreis der Interessenten sei vielleicht größer, als man denkt. Er verweist zudem auf die Regionalisierungskomponente in der Kraftwerksstrategie. Danach sollen neue Kraftwerke dort gebaut werden, wo sie am nötigsten sind. Das treffe mit Sicherheit auf Baden-Württemberg zu, sagt Höck.

Doch die zentrale Frage hat die Bundesregierung noch nicht geklärt: Wie sollen die Kraftwerke finanziert werden? Da sie sich für Dunkelflauten am Markt kaum rechnen, braucht es entweder Investitionszuschüsse oder eine garantierte Vergütung für die bereitgehaltene Kapazität. In den nächsten Tagen dürfte sich klären, was die EU-Kommission hier zulässt.

Das Hin und Her um die Kraftwerksstrategie

Schon im Februar 2024 hatte sich die Ampel-Koalition auf eine Kraftwerksstrategie geeinigt. Im Juli 2024 hatte sie in Abstimmung mit der EU-Kommission verkündet, 12,5 Gigawatt an Gaskraftwerken auszuschreiben. Die Pläne konnten wegen des Regierungsbruchs nicht mehr umgesetzt werden. Die neue Bundesregierung kündigte in ihrem Koalitionsvertrag an, 20 Gigawatt an Kapazitäten ausschreiben zu wollen. Doch nun sollen es lediglich zehn Gigawatt werden.

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