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Kolumne

Es droht ein Winter der Entlassungen

Die deutsche Metall- und Elektroindustrie, einst das Rückgrat der Wirtschaft, gerät zunehmend ins Wanken. Was früher als temporäre Delle galt, entpuppt sich heute als tiefer struktureller Riss. Arbeitsplatzverluste in fünfstelliger Höhe, Produktionsstopps bei Traditionsunternehmen und düstere Prognosen für die kommenden Monate zeichnen ein Bild, das alarmiert, sagt unser Redakteur Wolfgang Leja.
Zwei Personen arbeiten an einer Waschmaschine in einer Fabrikhalle.

Produktion von Waschmaschinen. Bei BSH Bosch verlieren rund 1400 Beschäftigte ihren Job.

dpa/Bernd Settnik)

Der massive Abbau von Arbeitsplätzen in der Metall- und Elektroindustrie ist längst kein saisonaler Ausrutscher mehr – er ist ein strukturelles Alarmsignal. Seit 2019 sind in der Branche bundesweit 250.000 Stellen verloren gegangen, und der Job-Abbau setzt sich fort. Allein für August meldet das Statistische Bundesamt einen weiteren Rückgang um 8000 Jobs – ein schleichender, aber kontinuierlicher Aderlass, der die industrielle Basis Deutschlands gefährdet.

Der Bosch-Standort Bretten verliert rund 100 Beschäftigte

Aktuell zeigt sich das am Beispiel Bosch : Die Konzern-Tochter BSH stellt die Produktion von Herden und Dunstabzugshauben am Standort Bretten (Landkreis Karlsruhe) ein. Fast 1000 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz. Neben Bretten soll auch das Werk im brandenburgischen Nauen in den kommenden Jahren schließen.

Konzernweit summiert sich der Abbau bei Bosch damit nun auf rund 28.000 Stellen. Damit schwinden nicht nur die Perspektiven der betroffenen Mitarbeiter, sondern auch die Haushaltsspielräume vieler Kommunen, durch wegbrechende Steuern. Und die Personalpläne der M+E-Branche sind weiter abwärtsgerichtet, so der Arbeitgeberverband. Der warnt: Es drohe ein Winter der Entlassungen.

Zahl der Arbeitslosen wächst

Damit haben wir bald alle Jahreszeiten durch. Zu Beginn seiner Kanzlerschaft machte Friedrich Merz noch Hoffnung auf eine Stimmungsaufhellung im Sommer, kurz darauf wurde der „Herbst der Reformen“ angekündigt. Stattdessen drückt der wirtschaftliche Abwärtssog auf die psychologische Stimmung. Mehr als jedes zweite Unternehmen erwartet für die nächsten zwölf Monate stagnierende oder gar rückläufige Geschäfte, wie eine neue Allensbach-Umfrage zeigt. Von Wirtschaftswachstum fehlt jede Spur. Was lediglich wächst, ist die Zahl der Arbeitslosen. In Baden-Württemberg liegt sie inzwischen bei über 300.000.

So klingen manche Kommentare zur wirtschaftlichen Situation fast schon wie ein Misstrauensvotum an die Politik: „Ich erkenne unser Land manchmal nicht mehr“, sagt Claus Paal, Vizepräsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) und Präsident der IHK Region Stuttgart. „Wir wissen genau, wo wir stehen und was kommt, wenn wir nicht handeln – und trotzdem drehen wir uns im Kreis. Es ist höchste Zeit, vom Reden ins Handeln zu kommen.“

Bleibt zu hoffen, dass nach der ausgebliebenen Stimmungsaufhellung im Sommer und dem Herbst der Reförmchen nicht ein Winter der Entlassungen folgt und der nächste Frühling endlich wieder den Aufbruch bringt.

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