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Kai Burmeister: „Hände weg vom Acht-Stunden-Tag“

Die Gewerkschaften sind für mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit. Dafür gibt es jedoch bereits Lösungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, sagt DGB-Chef Burmeister.
DGB)Stuttgart . Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will das Arbeitszeitgesetz reformieren . Damit soll die tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden fallen, sofern die Wochenarbeitszeit von maximal 48 Stunden eingehalten wird. Damit wären Arbeitstage von bis zu 12 Stunden und 15 Minuten möglich.
Arbeitgeberverbände befürworten mehr Flexibilisierung
Arbeitgeberverbände begrüßen die Pläne und drängen auf zügige Umsetzung. Gewerkschaften hingegen lehnen sie ab. „Hände weg vom Acht-Stunden-Tag“, sagt Kai Burmeister, der Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Baden-Württemberg. Er habe kein Verständnis dafür, die Wochenarbeitszeit zu erhöhen, sagte er dem Staatsanzeiger. Er wolle nicht missverstanden werden: Die Gewerkschaften seien durchaus für mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit. „Dafür gibt es jedoch bereits Lösungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen.“ Für Beschäftigte mit Tarifvertrag und Betriebsrat werde die geplante Regelung weniger Auswirkungen haben.
Anders sei das in Branchen wie der Gastronomie, dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder bei Kurier-, Express- und Paketdiensten. „Hier wird bereits über das Arbeitszeitgesetz hinaus gearbeitet. Wenn man Beschäftigten dieser Branchen den Acht-Stunden-Tag nimmt, ist das nicht das, was man eigentlich erreichen will.“
Umfrage zeigt: Beschäftigte wollen keine übermäßig langen Arbeitstage
Zudem bezweifelt Burmeister, dass die Beschäftigten überhaupt längere Arbeitstage wollen. „Laut einer Umfrage unserer Hans-Böckler-Stiftung sagen 98 Prozent: Nach zehn Stunden ist Schluss.“ Viele Beschäftigte strebten einen Feierabend um 18 Uhr an. Burmeister zufolge müsste man eigentlich ganz andere Probleme auf der Tagesordnung setzen. So werden gerade jungen Müttern und Vätern die Berufstätigkeit erschwert, weil es keine verlässliche Kinderbetreuung gebe, die Schule ausfalle und die Betreuung in Kita und Grundschule nicht gewährleistet sei.
Burmeister führt zudem die große Zahl an Überstunden ins Feld: „1,2 Milliarden Überstunden wurden zuletzt geleistet, rund die Hälfte davon nicht vergütet.“ Das sind die eigentlichen Probleme.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hält die Kritik für unbegründet. Er zitiert eine aktuelle Forsa-Befragung zur Arbeitszeitflexibilisierung. Danach wünschen sich zwei von drei Beschäftigten in Deutschland eine Wochenhöchstarbeitszeit mit mehr Spielraum bei der täglichen Verteilung. „Die hohen Zustimmungswerte decken sich mit den Erfahrungen in unseren Betrieben“, sagt er. Es sei höchste Zeit, das Arbeitszeitgesetz ins 21. Jahrhundert zu führen – und damit ins Zeitalter der Digitalisierung.