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Kleine Investoren verlieren beim Solarstrom den Anschluss

Gestiegene Zinsen und Installationskosten bremsen den Ausbau der Photovoltaik.
IMAGO/imagebroker)Stuttgart . Die Zeiten, als allein die Stromeinspeisung für die Kalkulation von Investitionen in Solarstromanlagen entscheidend war, sind vorbei. Zu diesem Schluss kommen Experten bei einem Branchentreffen in Stuttgart. „Der Solarmarkt professionalisiert sich zunehmend“, zieht Andreas Schlumberger Bilanz. Der Geschäftsführer des Solar-Clusters Baden-Württemberg, das rund 70 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus dem Südwesten vereint, sieht das als Folge neuer gesetzlicher Regelungen. Denn der Wandel ist politisch gewollt.
Wenn zu viel Strom im Netz ist, fällt die Vergütung aus
Im Februar ist das „Solarspitzengesetz“ in Kraft getreten. Darin hatte noch die vorige Ampel-Koalition die Einspeisevergütung neu geregelt. So gibt es für neue PV‑Anlagen, die seit dem 25. Februar 2025 ans Netz gehen, in Stunden, wenn es zu viel Strom gibt, keine Einspeisevergütung mehr. Grund ist, dass an der Strombörse immer öfter Negativpreise aufgerufen werden. Dies passiert vor allem im Sommer, wenn Solar- und Windkraftanlagen mehr produzieren, als gebraucht wird. Während der Strompreis an der Börse im Jahr 2022 an insgesamt 59 Stunden im negativen Bereich lag, waren es allein bis Ende November dieses Jahres bereits 576 Stunden.
Bislang mussten die Energieversorger den Strom der kleinen PV-Anlagen immer abnehmen. Für neue Anlagen entfällt diese Pflicht nun. Das erschwert die Kalkulation von Kleinbetreibern. Zwar wird die Zeit mit entgangener Vergütung an die Förderzeit von 20 Jahren angehängt, so dass kein finanzieller Nachteil entstehen soll. Doch die längere Kapitalbindung und Verzinsung führt dazu, dass Solaranlagen später in die Gewinnzone kommen. Die großen Betreiber versuchen, die Hürde der negativen Preise mit riesigen Batteriespeichern zu umgehen. Dort wird der Strom „zwischengelagert“, bis Nachfrage und damit die Preise – beispielsweise in den Abendstunden – wieder steigen. Allerdings gehen die Investitionen für solche Anlagen in die Hunderttausende. Ein Grund, weshalb das Solargeschäft mehr und mehr von finanzkräftigen Marktteilnehmern übernommen wird. Diese sind in der Lage, ihren Strom ohne einen Versorger direkt zu vermarkten.
Der Zurückhaltung bei kleinen, privaten Investoren geht auch auf gestiegene Zinsen, die schwierige Wirtschaftslage sowie stark gestiegene Installationskosten zurück, so Schlumberger. Die hohe Auslastung der Fachbetriebe habe für einen Preisschub gesorgt. Da helfe es wenig, dass Solarmodule chinesischer Hersteller immer günstiger werden.
Aus Sicht der Solarbranche dürfte der Bau von PV-Anlagen dennoch interessant bleiben. Grund ist der wachsende Strombedarf für Wärmepumpen, E-Autos und Rechenzentren sowie die zunehmende Elektrifizierung in der Industrie. Allerdings sind Energiewirtschaft und Politik über den künftigen Bedarf uneins. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) rechnet bis 2030 mit rund 600 Terawattstunden. Die Experten der baden-württembergischen Solarwirtschaft erwarten dagegen mindestens 700 Terawattstunden. Bis 2050 soll die Nachfrage sogar auf 1100 Terawattstunden ansteigen. Schlumberger fordert eine realistische Grundlage. „Wer den Verbrauch künstlich absenkt, schafft eine Scheinsicherheit – und riskiert eine Versorgungslücke in den 2030er- und 2040er-Jahren. Das ist klimapolitisch unverantwortlich und energiepolitisch fahrlässig.“
Baugenehmigungsverfahren verhindern PV-Ausbau
Die Branche fordert den Abbau von Bürokratie und einfachere Genehmigungsverfahren. So können die Investoren zwar schnell auch große Solarfelder aus dem Boden stampfen. Doch oft fehlt es am geeigneten Umspannwerk, das den Strom bündelt und ins Hochvoltnetz einspeist. Dafür gelten immer noch die bisherigen Baugenehmigungsverfahren. Und die kosten Zeit. An dieser Hürde scheitern derzeit viele Projekte der Solar und Windkraft.