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Metaller ermöglichen die Verleihung von Mitarbeitern zwischen Mitgliedsunternehmen

Der neue Tarifvertrag zur Verleihung von Mitarbeitern soll Metallbetrieben in der Krise helfen.
IMAGO/Zoonar/Robert Kneschke)Stuttgart. Die Vereinbarung zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern entlastet Betriebe, die in der Krise nicht ausgelastet sind oder sich mitten in der Transformation zu einem neuen Geschäftsmodell befinden. Gleichzeitig können Unternehmen aus der Nachbarschaft während Produktionsspitzen auf Fachkräfte zugreifen, die sie so auf dem Arbeitsmarkt nicht bekämen.
An den Details haben die Tarifparteien im Südwesten parallel zur vergangenen Lohnrunde gefeilt. „Wir geben den Unternehmen damit ein Instrument an die Hand, mit dem sie flexibel auf unterschiedliche Auslastungssituationen reagieren können“, erklärt Joachim Schulz, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall . Teilnehmen können alle Unternehmen der Branche, die gemeinsam mit dem Betriebsrat den Beitritt zu dieser Regelung erklären. „Damit schaffen wir ein weiteres tarifvertragliches Instrument zur Sicherung von Beschäftigung. Die können sich für eine begrenzte Zeit auf eine neue Aufgabe einlassen und dabei ihre arbeitsrechtlichen Sicherheiten bewahren.“, erklärt Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall Baden-Württemberg .
Arbeitgeber und Beschäftigte müssen einverstanden sein
In der Praxis gilt das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit. Weder Beschäftigte noch Unternehmen können zu einem Personaleinsatz in einem anderen Betrieb gezwungen werden. Laut Vereinbarung gilt auch, dass im anderen Betrieb das gleiche Entgelt wie am ursprünglichen Arbeitsplatz gilt. Die Betriebsräte müssen jedem Einsatz zustimmen und können über Betriebsvereinbarungen sicherstellen, dass die Bedingungen stimmen, erklärt die IG Metall.
Abgebender und aufnehmender Betrieb sind durch den Tarifvertrag von den gesetzlichen Regelungen befreit, die normalerweise bei der Personalleihe gelten. Dazu gehört etwa eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung oder die zeitlich definierte Begrenzung des Einsatzes. Diese Abweichung erlaubt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) dort, wo eine entsprechende Regelung der Branche gilt.
Arbeitsvertrag mit Verleihbetrieb gilt weiter
„Wir schaffen damit einen echten Vorteil für Unternehmen, die diesen Tarifvertrag anwenden“, sagte Schulz. Die Betriebe können in der Krise die Belastung durch Personalkosten senken. Denn bei der Kurzarbeit bleiben durch tarifliche Aufstockung Sozialversicherungsbeiträge oder die betriebliche Altersvorsorge bis zu 40 Prozent der Personalkosten bei den Firmen hängen. Die Arbeitnehmer bekommen über die Ausleihe hingegen das volle Gehalt und die Sicherheit, dass der Arbeitsplatz in der Heimfirma bestehen bleibt. Mit der haben sie auch weiterhin einen Arbeitsvertrag.
Der Tarifvertrag baut auf die jahrelangen Erfahrungen des „Esslinger Modells“ das bereits 2008 in der Finanzkrise eingeführt wurde. Dem haben sich gut drei Dutzend mittelständische Autozulieferer und Maschinenbauer angeschlossen. Als ungeschriebenes Gesetz gilt, dass man sich die so gewonnen Mitarbeiter nicht abwirbt. So hat der Nürtinger Maschinenbauer Nagel über diesen Weg seine Transformation vollzogen: vom Hersteller von Honer-Werkzeugen für Verbrennungsmotoren hin zu Maschinen die Scheibenbremsen ultrahart beschichten. Die so bearbeiteten Produkte reduzieren die Feinstaubbildung und sind aufgrund der Euro-7-Norm sehr gefragt. Inzwischen nutzt Nagel das regionale Ausleihprogramm selbst, um an fehlende Fachkräfte zu kommen.
Vom regionalen Modell zum landesweiten Tarifvertrag
Beim „Esslinger Modell“, das auch im Raum Ludwigsburg und Ulm ähnlich gelebt wird, mussten die Betriebe jeweils Betriebsvereinbarungen aushandeln. Der Vorteil. Die Regelungen waren sehr individuell.
Diese Stärke bleibt durch den neuen Tarifvertrag erhalten“. Die jetzt getroffene Vereinbarung passt auf zwei Seiten“, erklärt ein Sprecher von Südwestmetall. Wie viele Betriebe den neuen Abschluss nutzen werden, sei schwer abzuschätzen. „Doch es gibt ein spürbares Interesse“, bestätigt der Sprecher.
Tarifregelungen sollen einfacher werden
„Dieser Vertrag macht noch mal deutlich wie innovativ Tarifpolitik sein kann. Er leistet einen Beitrag zur konjunkturellen Beschäftigungssicherung“, betont Alessandro Lieb der als Erster Bevollmächtigter der IG Metall Esslingen als einer der Väter dieser Einigung gilt. Dass aus dem regionalen Modell ein veritabler Tarifvertrag geworden ist, mache schon ein wenig stolz, gesteht er.
Tatsächlich setzen die Tarifparteien mit dem Abkommen auch ein Ziel um, das sich die Sozialpartner der Metallbranche schon vor der vergangenen Lohnrunde gesetzt haben: Das Tarifregelwerk wo möglich zu entschlacken. „Oft endet es dann doch so, dann man noch dies und das auch noch festschreibt und so dicke Abkommen entstehen“, hat Resch noch vor ein paar Wochen eingeräumt. Offenbar tun es nun zwei Seiten auch.