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Steine-Erden-Industrie fordert einen Genehmigungsturbo

Die Zahl der Steinbrüche und anderen Abbaustätten im Südwesten ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken.
Imago/stock&people/Arnulf Hettrich)Ostfildern. „Wenn mein Opa einen Steinbruch erweitern wollte, ist er mit dem Landrat in den Wald gegangen und der hat dann gefragt: Wo willst du denn weitergraben?“, beschreibt Oliver Mohr die Genehmigungsverfahren früherer Jahrzehnte. Dahin will der Geschäftsführer von Meichle + Mohr aus Immenstaad am Bodensee und Präsident des Industrieverbandes Steine und Erden (Iste) Baden-Württemberg mit Sitz in Ostfildern gar nicht zurück. Doch die Dauer der Genehmigungsverfahren für die Erweiterung von Steinbrüchen und anderen Abbaustätten und der wachsende Widerstand dagegen könnten aus seiner Sicht in absehbarer Zeit die Rohstoffversorgung in manchen Regionen gefährden.
Genehmigungsverfahren dauern im Durchschnitt acht Jahre
Ein Genehmigungsverfahren für einen neuen Steinbruch oder eine Sandgrube oder auch eine Erweiterung kann heute einer Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge in Deutschland zehn bis 15 Jahre dauern. In Baden-Württemberg seien es im Durchschnitt acht Jahre, erklärt Mohr. Und nicht nur die lange Dauer ist für die Antragsteller ein Problem. Gutachten zu ökologischen Aspekten wie Natur- und Wasserschutz, die zu Beginn des Verfahrens angefertigt wurden, sind dann nicht mehr gültig und müssen erneut in Auftrag gegeben werden.
Beim Branchenverband fordert man deshalb eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Abbaustätten ähnlich wie sie für Windkraftanlagen eingeführt wurden. „Wir brauchen eine Taskforce für die Rohstoffgewinnung im Land“, fordert Oliver Mohr in Anlehnung an die, die von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für die Windkraft eingeführt worden war.
Der Verbandspräsident macht sich zudem für eine Genehmigungsfiktion, wie sie bald im Baurecht gilt, auch bei der Genehmigung von Abbaustätten für Baustoffe stark. Als Frist schweben ihm fünf bis sechs Jahre vor. Wenn ein Abbauantrag dann nicht beschieden wäre, solle er automatisch als genehmigt gelten. Seine Idealvorstellung geht aber noch weiter: „Mit zwei Jahren Genehmigungsverfahren wären wir happy.“
Baustoffhersteller rechnen mit zehn Prozent mehr Nachfrage
Schlankere und raschere Genehmigungsverfahren müssen aus Sicht des Iste rasch auf dem Weg gebracht werden, um für einen Nachfrageschub durch das Infrastrukturpaket des Bundes gewappnet zu sein. Hauptgeschäftsführer Thomas Beißwenger rechnet mit etwa zehn Prozent mehr Nachfrage nach Sand, Kies und anderen Baustoffen. Die werde aber erst in ein bis zwei Jahren tatsächlich kommen.
Doch auf den erhöhten Bedarf ist man im Land nach Einschätzung der Steine-Erden-Industrie nicht vorbereitet. „In den Regionalplänen sind die zehn Prozent nicht eingepreist“, betont Mohr. Es fehlen also zumindest teilweise die rechtlichen Grundlagen, um neue Abbaustätten zu beantragen und zu erschließen.
Immer mehr Widerstand von nicht direkt betroffenen Bürgern
Die geförderte Rohstoffmenge ist in den vergangenen Jahren nahezu konstant bei knapp unter 100 Millionen Tonnen pro Jahr geblieben. Doch der Abbau konzentriert sich immer mehr. Seit der Jahrtausendwende ist die Zahl der Abbaustätten um rund ein Viertel zurückgegangen.
Es sind aber keineswegs nur die bürokratischen Hürden, die den Baustoffproduzenten zu schaffen machen. Der Widerstand gegen neue Abbauanlagen aus der Bevölkerung ist in den letzten Jahren immer mehr gewachsen.
Und längst seien es nicht nur direkt betroffene Anlieger, die gegen Abbaupläne protestieren, sagt Mohr. Es müsse wieder mehr Verständnis dafür entstehen, dass eine regionale Rohstoffversorgung ökologisch sinnvoll und für die anstehenden Aufgaben im Bausektor unerlässlich sei.