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Duale Ausbildung

Über 200 Millionen Euro für überbetriebliche Schulung

Für die überbetriebliche Bildung soll in den nächsten Jahren ein dreistelliger Millionenbetrag im Land investiert werden. Die Handwerkskammer Karlsruhe will eine neue Bildungsakademie bauen, die Bauwirtschaft Baden-Württemberg möchte ihr Bildungszentrum in Geradstetten ebenfalls durch einen Neubau ersetzen.

Weil die Bildungsakademie der Handwerkskammer Karlsruhe aus allen Nähten platzt, soll sie durch einen 130 Millionen Euro teuren Neubau ersetzt werden

Jürgen Schmidt)

Karlsruhe/Remshalden. Sie gehört zum Pflichtprogramm der dualen Berufsausbildung wie die Berufsschule: die überbetriebliche Ausbildung. Und weil viele Bildungsakademien und -zentren nach der offiziellen gesetzlichen Verankerung (siehe Kasten) in den 1970er-Jahren entstanden sind, besteht an vielen Stellen im Land Sanierungs- oder Neubaubedarf. Zwei der größten Projekte wurden nun in Karlsruhe und in Geradstetten, einem Ortsteil von Remshalden östlich von Stuttgart, auf den Weg gebracht. Zusammengenommen werden für beide Bauvorhaben nach heutigen Kostenberechnungen rund 215 Millionen Euro investiert.

Größte Investition in der Geschichte der Handwerkskammer

Die neue Bildungsakademie der Handwerkskammer Karlsruhe ist dabei das weitaus teurere Projekt. Dort sind bislang 130 Millionen Euro für den Neubau auf der grünen Wiese in Neureut im Nordwesten von Karlsruhe veranschlagt. Das 28.000 Quadratmeter große Grundstück hatte die Kammer schon vor zwei Jahren von der Stadt gekauft.

Die Bildungseinrichtung des Handwerks hat nicht nur für die Stadt Karlsruhe eine große Bedeutung. Denn das Einzugsgebiet umfasst sieben Stadt- und Landkreise in der Region. Auch für die Kammer. Für sie ist es die größte Einzelinvestition in ihrer Geschichte.

In ersten Überlegungen war die Kammer vor mehr als einem Jahrzehnt noch davon ausgegangen, dass die bestehende Bildungsakademie in der Nordweststadt von Karlsruhe erweitert und modernisiert werden könnte. Der erste Bauabschnitt stammt aus der ersten Hälfte der 1970er-Jahre und war in den folgenden 20 Jahren durch drei weitere Bauabschnitte immer wieder ergänzt worden. Dabei platzte das Bildungszentrum bereits zu Beginn der 2010er-Jahre erneut aus allen Nähten, wie es die Handwerkskammer formuliert.

Doch Bund und Land als Mitfinaziers des Projektes und auch ein Gutachter äußerten Zweifel an den Planungen am bisherigen Standort. Eine neue Machbarkeitsstudie sprach sich schließlich für einen Neubau an anderer Stelle aus. Eine sinnvolle Lösung sei auf dem vorhandenen Grundstück nicht umsetzbar, urteilten die Planer damals.

Als die Grundstücksfragen geklärt und weitere Voruntersuchungen abgeschlossen waren, schrieb die Handwerkskammer dann einen Architektenwettbewerb aus. 23 Büros reichten Entwürfe ein, die Preise wurden im Februar dieses Jahres vergeben. Sieger wurde Harter + Kanzler & Partner aus Freiburg.

Bund und Land übernehmen 70 Prozent der Kosten

Kammerpräsident Karsten Lamprecht hofft, dass die neue überbetriebliche Ausbildungsstätte auch das Werben um Fachkräfte für die Handwerksbetriebe erleichtert. „Die geplante neue Bildungsakademie der Handwerkskammer Karlsruhe wird auch ein Beitrag dafür sein, die Attraktivität des Handwerks zu steigern“, sagte er bei der Vorstellung des Siegerentwurfs.

Bis es soweit ist, werden allerdings noch einige Jahre vergehen. Nach dem derzeitigen Zeitplan soll im Frühjahr 2028 mit dem Bau der neuen Akademie begonnen werden. Mit der Fertigstellung rechnet die Kammer zwei Jahre später.

Die Hauptlast der Kosten trägt dabei die Öffentliche Hand. 45 Prozent soll der Bund und 25 Prozent das Land Baden-Württemberg übernehmen. 30 Prozent muss die Handwerkskammer selbst übernehmen. Die Fördermittelbescheide stehen derzeit aber noch aus.

In diesem Punkt ist die Bauwirtschaft Baden-Württemberg (BBW) schon einen Schritt weiter. Ende Januar hatte Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut einen Bescheid über 21 Millionen Euro an die Führung des Branchenverbands übergeben. „Moderne Ausbildungszentren leisten einen bedeutenden Beitrag zur Leistungskraft unserer Wirtschaft“, erklärte die CDU-Politikerin damals.

Auch in Geradstetten wird neu gebaut allerdings anders als in Karlsruhe am bisherigen Standort des Ausbildungszentrums direkt am Ufer der Rems. Das stellt den Verband als Bauherrn vor große Herausforderungen. „Das Besondere an die­sem Bauvorhaben ist, dass wir den Neubau bei laufendem Betrieb errichten“, erklärte Hauptgeschäftsführer Thomas Möller bei der Übergabe des Fördermittelbescheides.

Bau-Ausbildungszentrum ist Teil des IBA-27-Projektnetzwerkes

Das Ausbildungszentrum in Geradstetten ist das größte des Verbands. Es sei nach BBW-Angaben auch das größte deutsche Bildungszentrum für Baumaschinentechnik und ist im Land das Kompetenzzentrum für Verkehrswegebau und Baumaschinentechnik.

Anders als die Handwerkskammer Karlsruhe hat sich die Bauwirtschaft bislang noch nicht zum Zeitplan der Bauarbeiten geäußert. Details zum Projekt will sie im Juli vorstellen. Der Architektenwettbewerb ist auch hier abgeschlossen, den 1. Preis erhielt das Wiener Büro Schenker Salvi Weber Architekten ZT. Klar ist aber, dass der Abriss bestehender Gebäude und der Neubau Zug um Zug erfolgen müssen, damit der Ausbildungsbetrieb weiterlaufen kann.

Mit dem Neubau hat es die Bauwirtschaft Baden-Württemberg geschafft in das Projekte-Netzwerk der Internationalen Bauausstellung IBA27 aufgenommen zu werden. Ausschlaggebend dafür dürfte unter anderem gewesen sein, dass der Einsatz von Recyclingbeton und Materialien aus der Region den CO 2 -Fußabdruck minimieren sollen.

Ausbildung auch außerhalb des Betriebs ist Pflicht

Die überbetriebliche Ausbildung ist im Berufsbildungsgesetz geregelt, das 1969 in der Bundesrepublik in Kraft trat. Sie wurde damit verpflichtend für alle Ausbildungsbetriebe und Auszubildende neben der Berufsschule eingeführt. Lehrwerkstätten, die zum Teil von Innungen betrieben wurden, hatte es bereits in den Jahren zuvor gegeben. Mit der überbetrieblichen Ausbildung soll sichergestellt werden, dass Auszubildende aus unterschiedlichen Betrieben die gleichen fachpraktischen Inhalte vermittelt bekommen.

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