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Unternehmensberater: „Beiräte sind zu oft mit Friends und Buddies besetzt“

In Beiräten sollten nach Ansicht von Unternehmensberatern externe Fachleute sitzen, damit sie einen kritischen Blick auf das Unternehmen und seine Strategien entwickeln können.
xYuralaitalbertx via imago-image)STUTTGART. „Mein Ziel ist es, die für das Unternehmen relevanten Themen konstruktiv zu hinterfragen und auf diese Weise als Sparringspartner meine Erfahrungen und Expertise im Rahmen in die Beirats- oder Aufsichtsratsarbeit einzubringen.“ So beschreibt Elena Iwaschkin, wie sie ihre Rolle als Unternehmensbeirätin versteht. Auf dem Portal Beirat-BW, getragen vom gleichnamigen, 2019 gegründeten Verein, bietet die Finanzexpertin wie Dutzende andere Experten ihre Mitarbeit an.
Der Verein wiederum sieht sich als Kompetenznetzwerk für die Entwicklung von Beiräten und Aufsichtsräten in mittelständischen Unternehmen. Der Verein vertritt für die Arbeit seiner Mitglieder eine klare Position: Was einen Unternehmensbeirat wirklich wertvoll macht, sind unabhängiges Fachwissen, ein nüchterner Blick von außen und Erfahrungen aus der Praxis.
Beiräte sind freiwillige Einrichtungen
Rechtlich ist der Beirat im Gegensatz zum Aufsichtsrat bei einer AG nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern eine freiwillige Einrichtung. Er dient als beratendes und kontrollierendes Organ – und wird besonders in Familienunternehmen genutzt, um strategische Fragen, Nachfolge, Wachstum oder Krisenbewältigung professionell zu begleiten. Die Rechte und Pflichten eines Beirats werden im Beiratsvertrag geregelt.
Eine zusätzliche Beiratsordnung regelt die praktische Zusammenarbeit. Sie legt fest, wie Sitzungen ablaufen, wie Entscheidungen vorbereitet werden, welche Informationspflichten bestehen und wie Beschlüsse dokumentiert werden. Auch Themen wie Schweigepflicht, Umgang mit Interessenkonflikten oder externe Beratung lassen sich darin regeln. Ziel ist eine transparente, effiziente Arbeitsweise.
Beratungsgremien in fast 80 Prozent der Familienunternehmen
Grundsätzlich kann ein Beirat rein beratend wirken oder mit echten Kontrollfunktionen ausgestattet werden. Dann muss das Zusammenspiel mit den anderen Organen rechtlich geregelt werden.
Laut einer Erhebung der Unternehmensberatung Kienbaum von 2022 verfügen rund zwei Drittel der größeren mittelständischen Betriebe über einen Beirat oder Aufsichtsrat – bei steigender Tendenz. Gemäß einer Befragung des Beratungsunternehmens PWC speziell unter Familienunternehmen hatten 2024 sogar 54 Prozent der Firmen einen Beirat, 19 Prozent Aufsichtsrat und fünf Prozent einen Verwaltungsrat, in Summe als fast 80 Prozent.
Ein gut besetzter Beirat bringt Know-how ins Haus, das intern teils fehlt: Finanzexpertise, Branchenwissen, Erfahrung in Transformation oder Personalführung. Er dient als Sparringspartner der Geschäftsleitung, stellt kritische Fragen, mahnt Risiken an und kann als neutraler Moderator in Gesellschafterkonflikten wirken. „Vor allem kann er frühzeitig auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen und ein Gegensteuern anmahnen“, sagt der bundesweit tätige Interim-Manager Klaus-Peter Stöppler. Aber das klappe nur, wenn der Beirat mit unabhängigen Experten besetzt sei.
Beiräte sollten als Impulsgeber fungieren
Gerade hier liege das Problem vieler Beiräte im Mittelstand. „Der Mittelstand setzt bei der Besetzung von Beiräten zu häufig auf Friends und Buddies statt auf Fachexperten und unternehmerische Erfahrung“, kritisiert Stöppler. Allzu oft finde man Steuerberater, Freunde aus dem Rotary- oder Lions-Club, alte Geschäftsfreunde oder Familienmitglieder im Beirat. Die Folge: Ein Beirat, der eher Kaffeekränzchen ist als kritisches Kontrollgremium. „
Ein Kaffeekränzchen-Beirat und eine wackelige Unternehmenslage gehen häufig Hand in Hand“, warnt Stöppler. Wird ein Unternehmen in Schieflage von ihm betreut, stellt er regelmäßig auch den Beirat auf den Prüfstand.
Die wichtigste Regel lautet daher: Externe, unabhängige Mitglieder, die nachweislich Fachwissen mitbringen und keine privaten oder wirtschaftlichen Abhängigkeiten zum Unternehmen haben. Plattformen wie Beirat-BW können helfen, geeignete Kandidaten zu finden.
Unternehmen sollten vorab ein Anforderungsprofil erstellen und festlegen, was ein Beiratsmitglied mitbringen sollte. Ein transparenter Auswahlprozess und realistische Erwartungen an die Zusammenarbeit erhöhen die Chance, dass der Beirat den optimalen Nutzen bringt. Als Faustregel sollte man im Hinterkopf haben: Gute Beiräte sind keine Ja-Sager, son dern Impulsgeber.
Beiratsmitglieder haften bei Fehlern
Beiratsmitglieder haben die ihnen übertragenen Aufgaben sorgfältig zu erledigen. Entsteht der Gesellschaft ein Schaden, kann sich das Mitglied schadenersatzpflichtig machen. In eigenem Interesse sollte daher jedes Beiratsmitglied eine Manager-Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) abschließen, welche die Tätigkeit im Beirat abdeckt.