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Großbaustelle Enztalquerung

Warum die Planer auf der A8 aus dem Takt geraten sind

Seit bald vier Jahren ist die Enztalquerung eine Staufalle auf der A8 bei Pforzheim-Ost. Der sechsstreifige Ausbau des knapp fünf Kilometer langen Abschnitts ist das größte Autobahn-Infrastrukturprojekt in Baden-Württemberg. Doch Zeit- und Kostenrahmen sind nicht zu halten.

Enztalquerung auf der A8 bei Pforzheim-Ost: Die Kosten von 340 Millionen Euro sind nicht zu halten. Das Bauvorhaben dauert zudem ein Jahr länger als gedacht.

Wolfgang Leja)

Stuttgart . Das Nadelöhr bei Pforzheim ist Autofahrern zwischen Karlsruhe und Stuttgart bestens bekannt. Hier verengt sich die Fahrbahn, bevor man das Enztal hinab- und wieder hinauffährt. Seit Oktober 2021 baut die Niederlassung Südwest der Autobahn GmbH an dem bislang mit rund 340 Millionen Euro taxierten Bauvorhaben. Doch die Kosten ebenso wie der für Ende 2026 geplante Fertigstellungstermin sind nicht zu halten .

Fertigstellung ist erst für Ende 2027 vorgesehen

„Nach aktuellem Stand rechnen wir erst Ende 2027 mit der Fertigstellung des Gesamtprojekts“, erklärt Christine Baur-Fewson, die Direktorin der Niederlassung Südwest. Für die rund ein Jahr längere Bauzeit führt sie insbesondere zwei Gründe an. „2023 mussten wir die Vorgehensweise für den Abriss der alten Enzbrücke ändern.“ Außerdem habe der Untergrund am Karlsruher Hang die Planer vor unerwartete Herausforderungen gestellt.

Mit den Erdbauarbeiten und dem Straßen- und Ingenieurbau wurde im Herbst 2021 begonnen. Den Auftrag hatte die Strabag Direktion Baden-Württemberg erhalten. „Zu diesem Zeitpunkt stand der Zeit- und Kostenrahmen noch“, sagt Timo Martin, der bei der Autobahn GmbH Niederlassung Südwest für das Großprojekt verantwortlich ist. Dann traten Schwierigkeiten mit der alten Enzbrücke auf: Sie bestand aus zwei einzelnen Brückenbauwerken pro Richtungsfahrbahn, die aber auf einem gemeinsamen Unterbau standen.

„Materialprüfungen offenbarten erhebliche Schwankungen in der Qualität des Betons der alten Brücke; eine Teilerhaltung − wie ursprünglich geplant war nicht möglich“, erklärt er. Damit mussten alle vier Fahrspuren statt der geplanten zwei auf das Provisorium neben der Bestandsfahrbahn gelegt werden. „Der Aufwand kostete uns wertvolle Bauzeit“, so Martin.

Am Karlsruher Hang traf man im Untergrund auf Wassereinlagerungen, die den Planern zufolge bei Vorabuntersuchungen nicht feststellbar waren. Dies machte umfangreiche zusätzliche Maßnahmen notwendig, um den Untergrund und die Hänge zu stabilisieren. „Wie sich das auf die Kosten auswirkt, wird erst Ende des Jahres klar sein. Die Fortschreibung der Kostenberechnung läuft aktuell noch“, sagt Martin.

Baupreise sind seit der ersten Kostenprognose deutlich gestiegen

Noch beim Vorentwurf aus dem Jahr 2011 lag die Kostenprognose bei rund 147 Millionen Euro. „Bis zur Projektvergabe sind dann rund zehn Jahre vergangen“, erklärt Baur-Fewson. Die Kosten stiegen auf 340 Millionen Euro. Einen Anteil daran hatte auch die Entscheidung, den Verkehr während der Bauarbeiten stets vierstreifig laufen zu lassen. „Die dafür nötigen Verkehrsumlegungen verursachen erhebliche Mehrkosten“, erklärt Baur-Fewson. Hinzu komme, dass die Baupreise seit der Kostenprognose deutlich gestiegen seien.

„Immerhin wird die neue A8 teilweise bis zu 13 Meter tiefer, teils auch fünf Meter höher liegen als die alte Strecke. Die neue Enztalquerung wird damit deutlich flacher und verkehrssicherer sein als bisher“, sagt Baur-Fewson. Neben dem sechsstreifigen Ausbau geht es auch um den Ersatzneubau von acht Brücken, darunter eine Grünbrücke für Wildtiere, sowie um umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen wie die 380 Meter lange Einhausung zwischen Niefern-Vorort und Eutingen. Außerdem entsteht eine neue Rastanlage Enztal-Süd und die Anschlussstelle Pforzheim-Ost wird vollständig umgebaut.

Projektleiter Martin berichtet, dass intensiv diskutiert wurde, wie sich die verlorene Zeit aufholen ließe. Doch den Game-Changer habe man nicht gefunden. „Alle Maßnahmen, um das Vorhaben zu beschleunigen, werden von uns sowieso umgesetzt“, sagt er. Viele Arbeiten laufen parallel. Neben dem Bau der Enzbrücke und der B10-Brücke in Fahrtrichtung Stuttgart werden aktuell Lärmschutzwände montiert und die Arbeiten an der ersten Röhre der Lärmschutzeinhausung beendet. Dazu gehört der Einbau der Tunnel-Betriebstechnik.

Der nächste Meilenstein der „A8-Enztalquerung“ soll Anfang 2026 folgen. Dann soll der Verkehr für beide Fahrtrichtungen auf die neu gebaute Fahrbahn in Richtung Stuttgart umgelegt werden.

Sechs Spuren, acht Brücken und eine neue Anschlussstelle

Der sechsspurige Ausbau der Enztalquerung gehört zu den größten Infrastrukturprojekten in Baden-Württemberg. Auf 4,8 Kilometern entstehen acht neue Brücken, eine vollständige Erneuerung der Anschlussstelle Pforzheim-Ost, ein vierspuriger Ausbau der B10, eine neue Rast- und WC-Anlage „Enztal-Süd“ mit zusätzlichen Lkw-Stellplätzen sowie eine 64 Meter lange Grünbrücke „Hagenschieß“ für den Wildtierwechsel. Geplant ist zudem eine 380 Meter lange Lärmschutzeinhausung, die den Geräuschpegel um bis zu 20 Dezibel senken soll.

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