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Transportgewerbe

Welche Hürden für Elektro-Lastwagen es noch gibt

Wie können Lastwagen mit klimafreundlichen Antrieben alltagstauglich werden? Dieser Frage widmet sich der Mittelständler Keller Group in Ditzingen (Kreis Ludwigsburg). 40 Prozent der Flotte fahren mit alternativen Antrieben, doch es gibt noch einiges zu verbessern.
Mann im Anzug vor LKW mit Aufschrift "KELLERGROUP COME WITH".

Alexander Hewel, der Chef der Keller Group in Ditzingen testet die Grenzen verschiedener Antriebsarten seiner Lkw-Flotte aus. Fotos: Achim Zweygarth

Achim Zweygarth)

Ditzingen. Alexander Hewel steht vor einem Elektro-Lastwagen. Einer von zweien aus seiner Flotte, die im Tagesbetrieb in der Region Stuttgart unterwegs sind. Und das ist keine Spielerei. „Ich bin überzeugt davon, dass in fünf bis zehn Jahren ein erheblicher Anteil des gewerblichen Güterkraftverkehrs mit elektrischem Antrieb fährt“, sagt der Geschäftsführer der Keller Group, einem Speditionsunternehmen in Ditzingen bei Stuttgart mit rund 170 Mitarbeitern.

Keller ist ein schwäbischer Mittelständler, wie er typisch ist für Baden-Württemberg. „Mein Großvater Hermann Keller hat die Firma in den 30er-Jahren gegründet“, erzählt Hewel, der inzwischen in vierter Generation zusammen mit seinem Bruder Christopher und seiner Frau Kora die Firma leitet. Das Unternehmen musste immer schon innovativ sein: Das ursprüngliche Geschäft, die Warenverteilung für die Deutsche Bahn, brach in den 80er-Jahren durch eine Postleitzahlenreform weg, als das Verteilzentrum der Bahn verschwand.

„Wir haben uns damals auf neue Logistiklösungen konzentriert“, sagt er. Inzwischen plant das Unternehmen auch Logistikzentren für Behörden und Firmen, neben dem klassischen Transportgeschäft, vor allem für Porsche und Mercedes.

Hewel ist ein Tüftler – und er will es wissen: Funktioniert das Speditionsgeschäft auch mit Elektroantrieben? Noch gibt es Defizite in der öffentlichen Infrastruktur. „Der Denkfehler ist, dass die Elektromobilität nur Aufgabe des Spediteurs ist“, sagt er. Eigentlich müsste es an jeder Entladungsstelle Schnelllader geben, damit die Zeit genutzt wird.

Auch müssten Leitungen in Gewerbegebieten ertüchtigt werden: „Wenn ich hier 100 Lastwagen gleichzeitig nachts laden wollte, bräuchte ich zwei Tage“, schmunzelt Hewel. Dennoch sieht er die Vorteile: Die E-Laster sind effizient, vibrationsarm und geruchsfrei. „Sie sind bei den Fahrern durchaus beliebt“, berichtet der 39-Jährige. Ein Problem ist noch der hohe Wertverlust, weil ständig bessere Elektromodelle entwickelt werden. Dennoch, rein technisch seien die E-Laster geeignet, „gute operative Leistungen“ zu bringen.

Doch darauf setzt man in Ditzingen nicht allein. Gut 15 Lastwagen des schwedischen Herstellers Scania sind gasgetrieben. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Hewel. Gas ist vergleichsweise stabil günstig, die Reichweite der gasbetriebenen Laster stimmt, allerdings gibt es wenige Gastankstellen.

„Jede Antriebsart hat ihren Zweck, ich will alle verstehen und testen“

Noch exklusiver ist ein Brennstoffzellen-Lastwagen. „Jede Antriebsart hat ihren Zweck, ich will alle verstehen und testen“, nennt der Geschäftsführer seine Motivation. Der Hyundai-Lkw hat eine limitierte Reichweite, weil es nur eine Wasserstoff-Tankstelle am Stuttgarter Flughafen gibt, der Treibstoff wird mit einem Pay-Per-Use-Modell teuer gekauft. „Hier müsste man massiv in die Infrastruktur investieren“, sagt Hewel.

Da man aber nicht für alle Technologien gleichzeitig die Lade- oder Tankstellen ausbauen kann, geht man in Ditzingen davon aus, dass sich die Elektro-Lastwagen durchsetzen werde. Zumal die Hersteller bei Reichweite und Batteriestärke in den vergangenen Jahren einige Durchbrüche erzielt haben.

Aus Pflanzenresten gewonnener Dieselersatz für den Übergang

Das sieht auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) so, mit dem Alexander Hewel im Frühjahr nach Japan und Südkorea gereist ist, um sich vor Ort ähnliche Projekte anzuschauen. „Die Innovationsfähigkeit und Macher-Mentalität in Südkorea hat mich schon beeindruckt“, sagt Alexander Hewel.

Dass die Keller Group auf eine Quote von 40 Prozent erneuerbare Antriebe kommt, liegt aber auch am Kraftstoff HVO 100, einem synthetisch aus Pflanzenresten gewonnenen Dieselersatz. Damit werden die Verbrenner-LKW betankt – mit deutlich weniger Emissionen. Wie Gasmotoren eine sinnvolle Übergangstechnologie, solange die Transportflotten noch nicht vollständig elektrisch laufen. Es gibt einige Hausaufgaben für die Politik: „Natürlich geht der Trend zur Elektromobilität, aber letztlich muss der Kunde entscheiden.“ Ohne bezahlbare, wirtschaftliche Energie und Fahrzeuge und die entsprechende Ladeinfrastruktur geht es nicht.

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