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Vertragsrecht

Wie sich rechtliche Probleme mit dem Kleingedruckten vermeiden lassen

Bei vielen Vereinbarungen mit Kunden und Lieferanten kommen vorformulierte Mustervereinbarungen zum Einsatz. Dabei handelt es sich rechtlich gesehen um allgemeine Geschäftsbedingungen, kurz AGB. Diese sind gesetzlich streng reglementiert. Darauf müssen Unternehmen beim Einsatz dieser Vorlagen streng achten.

Wer bei Verträgen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verhandelt, muss auf juristische Besonderheiten achten.

Imago/Ingimage)

STUTTGART. Vor zwei Jahren sorgte eine Untersuchung der Verbraucherzentralen für Aufsehen. Denn bei einer Überprüfung von 800 Aboverträgen unterschiedlicher Branchen zeigte sich, dass jeder siebte Anbieter rechtswidrige Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet, speziell bei den Kündigungsklauseln. Eine Mitteilung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zu dem Vorgang macht deutlich, wie heikel das Thema AGB ist aus Verbrauchersicht, aber implizit natürlich auch aus Unternehmenssicht. Wer sich auf vorformulierte Vertragsbedingungen verlässt, ohne deren rechtliche Grenzen zu kennen, riskiert unwirksame Klauseln und potenzielle Konflikte mit Kunden oder Geschäftspartnern.

AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen gelten sollen. „Solche Textvorlagen, die zum mehrfachen Einsatz vorformuliert sind, werden rechtlich um ein Vielfaches strenger behandelt, als individuell für einen ganz bestimmten, einzelnen Vorgang erstellte Entwürfe“, erklärt Rechtsanwalt David Bündgens von der Wirtschaftskanzlei Luther.

Einseitige AGB-Festlegungen sind häufig unwirksam

Die AGB sollen den Schutz der Vertragspartner gewährleisten. Jene Partei, die ein Angebot erhält, also der AGB-Empfänger, soll vor der Verhandlungs- und Gestaltungsmacht dessen geschützt werden, die auf Basis einer Mustervorlage ein Vertragsangebot unterbreitet, also des AGB-Verwenders. „Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei den Vorlagen um Allgemeine Liefer-, Einkaufs-, Vertrags- oder Geschäftsbedingungen oder um Textbausteine in unternehmensinternen Vertragstemplates, auf Bestellvordrucken, Auftragsbestätigungsmustern, Lieferscheinen oder Rechnungen handelt“, so der Anwalt. Überzogene Einseitigkeit kann zur Unwirksamkeit von AGB führen.

Analysiere etwa der AGB-Empfänger seine Situation zutreffend, kann er diese Ausgangssituation für sich nutzen: Scheinen ihm die vorgeschlagenen Regelungen zunächst als nachteilig und inakzeptabel, spreche gerade dies oftmals dafür, dass sie gerade wegen ihrer Einseitigkeit unwirksam sind. „Viele Empfänger bewerten diese Situation allerdings instinktiv strategisch falsch“, warnt Bündgens Sie verstiegen sich in lange, verbissen geführte Verhandlungen über eigentlich unwirksame Regelungen, was am Ende entweder zum Scheitern des Geschäfts führt oder, vielleicht noch schlimmer, dazu, dass die nachverhandelte Klausel aufgrund der darüber geführten Verhandlungen gegebenenfalls nun nicht mehr als AGB anzusehen und damit nunmehr überhaupt erst wirksam wird, erklärt der Jurist.

Beim Zahlungsziel sind höchstens 30 Tage möglich

Somit könne es sich für den AGB-Empfänger durchaus auszahlen, nachteilige unwirksame Klauseln zu akzeptieren beziehungsweise diese zu ignorieren. Der Fokus sollte vielmehr auf Verhandlung zu nachteiligen, aber wirksamen Klauseln liegen.

Für AGB-Verwender sieht das Kalkül anders aus. Dieser sollte die eigentlich vorteilhafte Position, den Vertragstext zunächst vorgeben zu können, nicht dadurch verspielen, indem er die Regelungen so einseitig gestaltet, dass sie am Ende unwirksam sind, rät Bündgens. „Der Verwender ist deshalb verhandlungstaktisch oftmals gut beraten, zu versuchen, das Mindestmaß des gerade noch rechtlich Zulässigen vorzuschlagen“, so der Anwalt. Wer sich mit Hilfe der AGB zu viele Vorteile verschaffen will, kann leicht in die beschriebene Unwirksamkeitsfalle laufen.

Geht es beispielsweise ums Zahlungsziel, sollte der Kunde, sofern er als AGB-Verwender agiert, Folgendes bedenken: Wirksam kann der Kunde per AGB eine Zahlungsziel von maximal 30 Tagen ab Leistungserbringung vorschlagen. „Jedes längere Zahlungsziel ist unwirksam und führt stattdessen zur sofortigen Zahlungspflicht bei Lieferung“, so Bündgens.

Gewährungsleistungsfrist: Verkürzung nicht beliebig möglich

Beim Thema Gewährleistungsfrist zeigt sich die Komplexität der AGB-Rechtslage besonders klar. Ist der Kunde AGB-Verwender, strebt er natürlich eine möglichst große Ausdehnung der Gewährleistung an. Eine Verlängerung der gesetzlichen Frist von 24 Monaten bei beweglichen Sachen auf 36 Monate ist gemäß Rechtsprechung in Kunden-AGB regelmäßig wirksam möglich. Bei noch weiter reichenden Verlängerungen sei dies offen, so Bündgens. „Der Kunde ist damit als Verwender im Regelfall mit 36 Monaten auf der sicheren Seite“, so der Experte.

Anders sieht es aus, wenn der Lieferant als AGB-Verwender agiert. Er kann die gesetzliche Gewährleistungsfrist in seinem Vertragsmuster wirksam auf minimal zwölf Monate ab Übergabe begrenzen. „Alles darunter ist kritisch“, so Bündgens. Der Lieferant sei bei rein rechtlicher Betrachtung also gut beraten, zwölf Monate vorzuschlagen.

Für den Kunden als AGB-Empfänger könne es indes sinnvoll sein, eine vom Lieferanten vorgeschlagene kürzere und daher unwirksame Frist nicht zu monieren. Denn im Gewährleistungsfall würde er ohnehin auf die für ihn vorteilhaftere gesetzliche Frist von 24 Monaten zurückfallen.

Rechtliche Prüfung der AGB sinnvoll

Eine juristische Überprüfung von AGB ist ratsam, wenn Unternehmen neue Geschäftsbedingungen einführen oder bestehende AGB überarbeiten wollen. Dies gilt insbesondere bei Änderungen der Rechtslage, internationalen Vertragsbeziehungen oder wenn Kunden Beschwerden äußern. Auch bei individuellen Vertragsverhandlungen kann eine Anpassung sinnvoll sein, um im Zusammenspiel zwischen AGB und individuellen Abreden unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Leitfaden zur AGB-Verwendung

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