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Wirtschaft in Baden-Württemberg zwischen Krise und Hoffnung

In der heimischen Autoindustrie ist die Stimmung derzeit besonders schlecht.
dpa/SZ Photo/Jannis Große)Stuttgart/Gottenheim. Es war die Woche der negativen Nachrichten. Am Sonntag einigten sich US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf einen Zollkompromiss, der niemanden in der baden-württembergischen Wirtschaft richtig zufriedenstellte. Am Montag verkündete Audi einen Gewinneinbruch im ersten Halbjahr um mehr als ein Drittel, am Mittwochmorgen folgten dann Mercedes und Porsche mit noch dramatischeren Meldungen. Der Stuttgarter Premiumhersteller meldete einen Gewinnrückgang um mehr als die Hälfte gegenüber dem Vorjahr, beim Zuffenhausener Sportwagenbauer schrumpfte der Gewinn gar um 71 Prozent.
Alle drei Autohersteller wollen nun sparen, was auch bedeutet, dass Stellen gestrichen werden sollen. Weil es den Konzernen Vereinbarungen gibt, die betriebsbedingte Kündigungen noch auf Jahre ausschließen, soll der Stellenabbau über teure Abfindungsprogramme abgewickelt werden.
Zukunftserwartungen sind im Mittelstand positiver
Kurz nach den Autobauern steuerte das Statistische Bundesamt am Mittwoch eine weitere Negativmeldung bei. Im zweiten Quartal sei die Wirtschaftsleistung bundesweit um 0,1 Prozent gegenüber dem vorherigen Quartal geschrumpft. Im ersten Vierteljahr hatte es noch einen überraschenden Zuwachs von 0,3 Prozent gegeben.
Doch nicht in allen Bereichen sieht die Wirtschaft im Land schwarz. „Wir haben eine zarte Hoffnung auf bessere Geschäfte“, fasste der Hauptgeschäftsführer des WVIB , Christoph Münzer, das Kernergebnis der neuesten Konjunkturumfrage seines Verbandes zusammen. Der WVIB, der auch unter dem Namen Schwarzwald AG öffentlich auftritt, hat mehr als 1000 Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, vor allem Mittelständler, als Mitglieder.
Vor allem die Zukunftserwartungen haben sich in den badischen Industriebetrieben erneut verbessert. Fast 30 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit steigenden Umsätzen, im ersten Quartal waren es noch 27 Prozent. Und der Geschäftsklimaindex des WVIB ist nach Angaben Münzers auf den höchsten Stand seit eineinhalb Jahren geklettert.
Kleinere Unternehmen tun sich schwerer auf US-Zölle zu reagieren
Allerdings gibt es dabei deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Branchen. So ist die Stimmung im Automobilbereich und im Maschinenbau nach wie vor schlecht, in der Medizintechnik dagegen sei das Geschäftsklima positiv.
Dass die Einigung im Zollstreit zwischen den USA und der EU die Umfrageergebnisse verändert hätte, glaubt der hauptamtliche Chef der Schwarzwald AG nicht. Die Unternehmen hätten ja auch schon zuvor gewusst, was zu erwarten sei und dass die EU weniger Argumente gehabt habe, um sich gegen Trumps Forderungen zu behaupten.
Für kleine und mittlere Unternehmen sei es allerdings schwieriger, auf die Zölle zu reagieren, etwa mit eigenen Produktionsstandorten in den USA, erklärte WVIB-Präsident Bert Sutter. „Doppelstrukturen sind für den Mittelstand häufig nicht zu leisten“, sagte der Emmendinger Medizintechnikunternehmer.
Streit um Auslegung des Handelsabkommens
Welche Regelungen in das Zollabkommen Eingang finden, scheint indes noch gar nicht sicher zu sein. Wie das Handelsblatt berichtete, haben die EU und die USA wenige Tage nach dem Treffen von Trump und von der Leyen für zentrale Punkte des Deals völlig unterschiedliche Interpretationen vorgelegt. Das betreffe etwa die Zölle auf Stahl und Aluminium, aber auch die zugesagten Investitionen von Unternehmen aus der EU in den USA und die Energieimporte.
Nach Berechnungen der Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung Deloitte könnten die deutschen Exporte in die USA mittelfristig um 31 Milliarden Euro zurückgehen. Besonders betroffen sei der Maschinenbau, einer der wichtigsten Industriezweige im Südwesten.
Die Schwarzwald AG
Der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden, WVIB Schwarzwald AG, ist ein Zusammenschluss mit derzeit 1045 Mitgliedern, vor allem mittelständische Industriebetriebe. Räumlicher Schwerpunkt sind die Rheinebene, der Schwarzwald und der westliche Bodenseeraum. Die Mitgliedsunternehmen beschäftigen weltweit 319 000 Menschen, 242 000 davon in Deutschland. Die Exportquote liegt nach Verbandsangaben bei rund 70 Prozent.